Rezension

Weiß zu berühren

Summ, wenn du das Lied nicht kennst - Bianca Marais

Summ, wenn du das Lied nicht kennst
von Bianca Marais

Bewertet mit 4.5 Sternen

Südafrika im Jahre 1976, die neunjährige Robin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Johannesburg. Hier bekommt sie nur wenig mit von den Rebellionen und Aufständen gegen die Rassentrennung. Bis es eines Nachts zu einem schrecklichen Vorfall kommt. Ihre Eltern wollten zu einer Party, doch von dieser kommen sie nie mehr zurück. Plötzlich ist das Mädchen allein und hat nur noch ihre Tante Edith, bei der sie nun leben soll. Doch Edith liebt ihr freies Leben und ihren Beruf als Stewardess und kann sich kaum vorstellen, sich nun um ein kleines Mädchen kümmern zu müssen. Nicht weit von Robin entfernt lebt Beauty Mbali, eine verwitwete Lehrerin, die sich nun alleine um ihre Kinder kümmert. Beautys älteste Tochter Nomsa war bei den Studentenaufständen von Sowetho dabei und ist nun spurlos verschwunden. Beauty macht sich auf die Suche nach ihrer Tochter.

Meine Meinung

Wie auch die anderen Bücher aus dem Wunderraum Verlag ist auch dieses wieder ein optisches Highlight. Aber auch der Inhalt des Buches konnte mich sehr schnell fesseln, denn der Einstieg gelang mir hier sehr gut. Bianca Marais erzählt ihre Geschichte mit sehr berührenden Worten, der Schreibstil ist fesselnd und bildhaft, so dass ich hier die Begebenheiten der Zeiten der Apartheid sehr klar vor Augen hatte. Gerade mit solchen Momenten, als beschrieben wird, wie Beauty ihre Tochter zwischen all den verletzten Schülern suchte, brachte mich zum Schlucken und bereitete mir Gänsehaut. Denn auch wenn es sich bei Robin und Beauty um fiktive Charaktere handelte, waren die beschriebenen Ereignisse leider real.
Ich muss hier zugeben, dass ich zwar weiß, was damals in Südafrika passierte und das es auch lange Jahre dort schwere Kämpfe um die Gleichberechtigung gab, doch wirklich etwas über die Zeit habe ich bisher noch nicht gelesen. Dementsprechend stark konnte mich die Autorin auch mit ihrer Geschichte berühren.
Die Autorin nimmt sich zu Beginn sehr viel Zeit, ihre beiden Protagonistinnen und ihr Leben vorzustellen und das diese Beiden aufeinander treffen, dauert wesentlch länger, als der Klappentext es erscheinen lässt. Auch sonst ist die Geschichte eher ruhig erzählt, auch wenn die Ausschreitungen immer wieder zur Sprache kommen. Trotzdem kann der Leser sich sehr gut vorstellen, was passiert ist und wie die äußeren Umstände waren, denn das Erlebte wird hier schon geschildert, zwar geht es nicht in kleine, blutige Details, aber es genügte vollkommen, es nur zu erwähnen, um die schrecklichen Geschehnisse zu verdeutlichen. Aber auch sonst schafft es Bianca Marais zu erklären, wie es so weit überhaupt kommen konnte, gerade wenn sie die kleine Robin erzählen lässt.
Die beiden Protagonistinnen erzählen hier abwechselnd in der Ich-Perspektive vom Geschehen. Schnell kann man sich ein gutes Bild über die Beiden bilden. Robin ist lebhaft und wild und wäre so manches Mal gerne ein Junge, während ihre Zwillingsschwester Cat das genaue Gegenteil bildet. Sie ist empfindlich, bricht schneller in Tränen aus und ist auch sonst eher ängstlich. Doch es gibt auch ein Geheimnis um die Zwillinge, welches mich im ersten Moment völlig verblüfft hat, denn dieses Geheimnis habe ich absolut nicht vorausahnen können. Beauty ist eine beeindruckende Persönlichkeit, die ich von Beginn an mochte. Sie ist stark, gebildet und hartnäckig. Sie gibt nicht leicht auf und setzt alles daran, ihre Tochter wiederzufinden. Die Einheit, die Beauty und Robin dann bilden hat mir sehr gut gefallen. Ich mochte die Darstellung sehr, wie Beauty beginnt, auf das Denken der kleinen Robin mit einzuwirken, wie sie es schafft, darzustellen, dass halt doch nicht alle Menschen gleich sind. Das ein schwarzer Arbeiter in einer Miene kein Boy ist, sondern so genannt wird, auch wenn er schon lange kein “Junge” mehr ist.
Neben diesen Beiden gibt es noch eine kleine Hand voll weiterer Charaktere, die noch wichtig für die Entwicklung der Geschichte sind. Da wäre zum Einen Edith, Robins Tante, die völlig überfordert ist, mit der Situation, doch ich konnte sie durchaus verstehen. Zum Anderen gibt es Wilhelmina, die Sozialarbeiterin, die mich auch überrascht hat.

Mein Fazit

Mit Summ, wenn du das Lied nicht kennst, hat Bianca Marais einen sehr gefühlvollen Roman geschrieben, der mich fesseln und auch überzeugen konnte. Trotz des sehr ernsten, sehr schweren Themas der Diskriminierung, schaffte es die Autorin doch auch immer wieder, mich Lächeln zu lassen, vor allem bei bestimmten Handlungen der Protagonistin Robin. Ein Buch, das zum Nachdenken anregt und das ich gerne weiterempfehle.