Rezension

Wenn auf einer langen Reise die Fassade bröckelt...

Last Stop Kasachstan - Sophie Simón

Last Stop Kasachstan
von Sophie Simón

Bewertet mit 3.5 Sternen

Lilli ist eine verwöhnte "Tussi", wie sie im Bilderbuch steht. Alles soll sich um sie drehen, sie ist sehr von sich eingenommen und Partys sind wichtiger als ein Studium, was sie glaubt, sich als "Beruf Tochter" erlauben zu können.
Trotzdem finde ich sie sympathisch, was vermutlich daran liegt, dass das Buch aus ihrer Sicht geschrieben ist. Sie hat einen trockenen Humor und kann auch über sich selbst lachen. Und beim Blick hinter die gestylte Fassade zeigt sich, dass mehr in ihr steckt und sie außerdem noch sehr unter dem Verlust ihrer Mutter leidet.

Bei einem Partyspiel entscheidet ein Dartpfeil auf der Landkarte, dass sie eine Reise nach Kasachstan antreten soll. Spielbedingung ist, es darf nicht geflogen werden. Was man der oberflächlichen Lilli gar nicht zugetraut hätte: sie nimmt ihren "Wetteinsatz" sehr ernst und macht sich tatsächlich auf die Reise. Hierbei war es eine weise Entscheidung von ihr, sich einen sprachkundigen Reisebegleiter zu suchen. Dieser ist allerdings so ganz anders als sie. Lilli lernt Vladim als langweiligen, schlecht gekleideten Streber kennen. Aber auf solch einer langen Reise mit scheinbar unendlichen Stunden im Zug bröckelt bald die Fassade sowohl bei der Tussi als auch beim Streber...

Das Buch hat mir gute Unterhaltung und eine vergnügliche Lesezeit geboten. Ich habe Lilli gerne auf ihrer Reise und bei ihrer persönlichen Entwicklung begleitet. Und Vladim ist einfach ein Schatz! Durch ihn ist diese Reise erst so richtig schön geworden.
Noch etwas mehr Tiefgang hätte mir natürlich gefallen, aber da ist das Buchcover sehr ehrlich, so dass meine Erwartungen absolut erfüllt wurden.

(Vereinzelte Fehlerchen im eBook haben mich nicht groß im Lesefluss gestört, aber sie sind mir aufgefallen.)