Rezension

Wenn dein Kind verschwindet ...

Anders - Anita Terpstra

Anders
von Anita Terpstra

"Anders" von Anita Terpstra ist 2016 bei Blanvalet erschienen.

Zum Inhalt: Eine ganz normale, glückliche Familie – bestehend aus Alma, ihrem Mann Linc und den Kindern Iris und Sander. Doch eines Tages verschwindet der elfjährige Sander aus einem Ferienlager und sein Freund wird tot aufgefunden. Sechs Jahre später taucht ein junger Mann auf, der behauptet, er sei der verschwundene Sander. Zunächst scheinen alle überglücklich, doch dann tauchen Zweifel und Fragen auf …..

„Alma kam es vor, als befänden sie und Iris sich im Auge eines Orkans, und alles um sie herum würde sich drehen. Ohne Richtung, ohne Ziel. …  Aber auch sie waren der zerstörerischen Kraft ausgeliefert, die Leben ohne Vorwarnung von einer Minute zur anderen zugrunde richtete.“

Das ist der Albtraum einer jeden Familie – dein Kind verschwindet. Die Autorin schafft es meisterhaft zu verdeutlichen, wie sich die einzelnen Familienmitglieder damit fühlen und zurecht finden. Dabei kommt dieser Thriller recht leise daher. Er ist weder blutrünstig noch actionreich. Tatsächlich nimmt er in meinen Augen erst kurz vor Schluß Tempo auf und endet sehr abrupt.

Was mir gut gefallen hat, ist die Zeichnung der einzelnen Charaktere mit all ihren Facetten und Abgründen und wie unterschiedlich jeder der Familie mit dem Verschwinden von Sander umgeht. Dabei ist mir Alma, die Mutter, tatsächlich unsympathisch. Bei ihr dreht sich alles um Sander: Als er noch da ist, als er weg ist und auch als er wieder auftaucht. Ihre erstgeborene Tochter läuft eher am Rande mit und wird mit ihren Ängsten überhaupt nicht ernst genommen. Das dritte Kind wird erst nach Sanders Verschwinden gezeugt und geboren – hier drängt sich mir der Verdacht des „Ersatzkindes“ auf.

Auch die Beziehungen der Familie untereinander wird sehr deutlich und fast schon psychologisch gezeichnet. Und auch die Situationen, als Sander zurück ist und bei allen Familienmitgliedern Zweifel an ihm wach werden, werden durch Rückblenden hervorragend geschildert. Die Fragen, die sich alle stellen oder wenn sie anfangen, den Sander von früher und den von jetzt gegenüberzustellen, Bilder nebeneinander legen und Charakterzüge vergleichen. Da erst wird deutlich, wie tief die Abgründe bei Sander selbst sind.

Gerade dieses psychologische und genau gezeichnete macht für mich dieses Buch aus. Ansonsten war es mir in einigen Dingen zu sehr vorhersehbar und auch die Stimmung des Buches konnte mich nicht vollkommen überzeugen. Vielleicht habe ich auch schon zu viele Thriller mit ähnlicher Thematik gelesen, die einfach besser und packender waren.

Wer allerdings einen ruhigen Thriller sucht, der das Hauptaugenmerk auf die psychologische Darstellung der einzelnen Figuren legt, der ist bei diesem Buch genau richtig und wird bestimmt gefesselt sein.