Rezension

Wenn deine Träume nicht deine eigenen sind

Im Schlaf komm ich zu dir - Jennifer R. Johansson

Im Schlaf komm ich zu dir
von Jennifer R. Johansson

Seit vier Jahren erlebt Parker im Schlaf die Träume anderer Menschen. Genauer gesagt derer, denen er zuletzt in die Augen gesehen hat. Das Problem dabei ist, dass sein Körper zwar schläft, sein Gehirn aber nicht, und das bringt ihn langsam aber sicher um. Glaubt er den Informationen seines Arztes, wird er kein weiteres Jahr durchstehen. Er ist ständig müde, hat Kopfschmerzen, seine Hände zittern. Er sieht so krank aus, dass seine Mutter glaubt, er nähme Drogen. Doch statt ihr die verrückte Wahrheit zu sagen - die sich theoretisch beweisen ließe, wie Parker es im Laufe des Buches mehrfach tut - lässt er sie im Ungewissen und reagiert wütend auf ihre Sorgen. Parker hat damit abgeschlossen, dass sein "Fluch", wie er es nennt, das "Traumsehen", ihn umbringen wird. Bis er Mia trifft. 

Mia ist eine Figur, die eine sehr krasse Entwicklung durchmacht. Als er sie das erste Mal trifft, ist sie ein frechen Mädchen, das mitten im Regen aus ihrem Auto aussteigt, um ihn zur Sau zu machen, weil er fast in sie hineingefahren wäre. Diese taffe Haltung ändert sich sehr schnell und sie wird ein ängstliches Nervenbündel, das nicht fähig ist, mit Parker zu reden. Selbst dann nicht, wenn ihre Freunde mit im Raum sind. Mia glaubt, Parker würde sie stalken und ihr Drohmails schreiben. Er hat keine Chance, sich zu erklären und anfangs will er das auch gar nicht. Anfangs ist Mia ihm egal, hauptsache, er kann sie abends sehen, um endlich wieder schlafen zu können. Nur in ihren ruhigen Träumen findet er Schlaf und wacht erholt auf. Nur mit ihren Träumen hat er eine Chance zu überleben und um das zu erreichen, ist ihm alles recht - bis er vor seinem eigenen dunklen Ich zurückschreckt. Wer ist es, der Mia stalkt. Er selbst? Schlafwandelt er und schreibt ihr diese furchtbaren Mails? Übernimmt der Dunkle Nacht für Nacht seinen Körper oder ist es doch jemand anderes, der Mia bedroht? 

Im Schlaf komm ich zu dir ist ein Jugendbuch über Schlafentzug, über Halluzinationen, über Stalking und die Angst, den Bezug zur Realität zu verlieren. Es geht darum, was man bereit ist zu tun, um sein eigenes Überlebn zu sichern. Darum, was passiert, wenn man seinem dunklen Selbst die Kontrolle überlässt. All das ist in eine teilweise verworrene, fantastische Geschichte verpackt. Erfrischend fand ich, dass Parker nicht in Mia verliebt ist und nur aus diesem Grund plötzlich erkennt, was er ihr antut. Stattdessen liebt er seine beste Freundin, mit der er nicht zusammen sein darf, weil sie die Schwester seines besten Freundes ist. Der ganze Handlungsstrang um den Dunklen ist recht verworren, man weiß eigentlich nie, ob diese Dialloge mit Parkers bösem Ich "real" sind, sprich ein Fantasy-Element. Oder ob er sich das alles einbildet und der Dunkle das Produkt einer Psychose ist, die wiederum ein Sympotom des Schlafentzuges ist. Leider weniger undurchsichtig ist die Frage, wer Mia stalkt. Ich hatte von Anfang an eine Ahnung und genau so war es dann auch. Da hätte ich mir eine weniger offensichtliche Lösung gewünscht, eine unerwartete Wendung am Ende, statt alles geradlinig auf ein vorhersehbares Ende hinauslaufen zu lassen. Ein weiterer Handlungsstrang, der erst kurz vor Ende interessant wird, lässt vermuten, dass Im Schlaf komm ich zu dir der Auftakt eines Mehrbänder ist.

Umgehauen hat es mich nicht, ich hatte mir ein bisschen mehr davon versprochen, aber es war auch nicht schlecht oder langweilig. Ich denke aber, es ist eines dieser Bücher, bei denen ich mich, sollte erst nach einem Jahr die Fortsetzung kommen, an nichts mehr aus Band 1 werde erinnern können.

(c) Books and Biscuit