Rezension

Wenn Götter besiegen zum Kinderspiel wird...

Göttlich verliebt - Josephine Angelini

Göttlich verliebt
von Josephine Angelini

Bewertet mit 2.5 Sternen

‟Hier könnte ich zur Welt kommen“ ist der Debütroman von Marjorie Celona und ein gelungenes Werk über die Suche nach der eigenen Identität.

Inhalt: Kurz nach ihrer Geburt wird Shannon in ein graues Sweatshirt gewickelt in den frühen Morgenstunden ausgesetzt. Nach Stationen in verschiedenen Pflegefamilien, mit guten und mit schlechten Erinnerungen, findet sie bei Miranda und ihrer Tochter Lydia-Rose ein Zuhause. Obwohl sich alle größte Mühe geben, fühlt Shannon sich oft ausgeschlossen und sehnt sich nach Antworten. Von wem hat sie ihr Aussehen? Wo kommt sie her? Warum wurde sie ausgesetzt? Als Teenager macht Shannon sich endgültig auf die Suche nach ihrer Identität...

‟Mein Leben beginnt am Y.“, mit diesem Satz leitet Shannon ihre Geschichte ein, die dieser bewegende Debütroman sehr eindringlich erzählt. Im Deutschen unter dem fast poetischen Titel ‟Hier könnte ich zur Welt kommen“ erschienen, heißt er im kanadischen Original schlicht ‟Y“. Es ist das erste, von dem Shannon zu berichten hat, das ‟Y“ des YMCAs vor dessen Türen sie in den frühen Morgenstunden von ihrer Mutter Yula ausgesetzt wird, und zieht sich außerdem als Frage, ‟warum?“ (‟why?“), durch den gesamten Roman. Auf der Suche nach der Erklärungen beschäftigt sich dieser Roman mit den essentiellen Fragen nach der eigenen Herkunft und Identität. Welche Bedeutung haben sie?

Obwohl Shannon sich nach einigen anderen Pflegestationen letztendlich bei Miranda und ihrer Tochter in guten Händen befindet, die ihr ein fürsorgliches Heim bieten, treiben das Mädchen immer die Fragen nach ihrer Abstammung um, und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie sich auf die Suche macht.
Der Roman lebt dabei zum Einen von den starken Charakteren und ihren oft nur subtil vermittelten Schicksalen. Hinter der Fassade schlummert bei fast jedem eine Geschichte, die nach und nach erzählt werden möchte – manchmal zeigen sich Abgründe, auch in Shannons Leben, die man so nicht vermutet hätte und die trotz, oder gerade wegen, der sprachlichen Distanziertheit des Romans sehr nahe gehen.

Erzählt wird die Geschichte zwar durchgehend von Shannon in der Ich-Perspektive, aber es scheint oft, als wäre sie gar nicht direkt involviert, sondern würde über der gesamten Handlung schweben. So berichtet die Erzählerin Shannon beispielsweise auch recht ruhig, fast abgeklärt, von ihrer eigenen Kindheit, beginnend mit dem Moment ihrer Aussetzung, den ersten Pflegefamilien, an die sich die Protagonistin Shannon gar nicht erinnert, und sogar die Vorgeschichte ihres Lebens, die Geschichte ihrer Mutter Yula und ihres Vaters Harrison, erzählt Shannon aus der Ich-Perspektive, als wäre sie dabei gewesen. So erfährt der Leser bereits parallel zu Shannons Aufwachsen, was zu ihrer Aussetzung geführt hat. Die Geschichte ihrer jungen Mutter geht besonders am Ende unter die Haut.

Diese ungewöhnliche Perspektive wird abgerundet durch einen sehr auf kleine, liebevolle Details fokussierten Stil. ‟Hier könnte ich zur Welt kommen“ ist kein Roman der großen Gesten, stattdessen entsteht die eindringliche Atmosphäre durch diese kleinen Beobachtungen am Rande. Der Geruch der Pflegemutter oder der Eiswürfel, den sie in die Suppe tut, um sie für ihre Kinder abzukühlen. Das Buch wirkt dadurch oft ruhig, ist aber umso berührender und besticht mit seinem einfühlsamen Schreibstil.

Fazit: Ein wunderschöner Roman über die Suche nach der eigenen Identität, der durch eine ungewöhnliche Perspektive, einen schönen Schreibstil und eine eindringliche Atmosphäre tief berührt. 5 Sterne.