Rezension

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Wenn man sich selbst vergisst

Wenn du vergisst - Heidrun Wagner

Wenn du vergisst
von Heidrun Wagner

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt
Als sie erwacht, weiß sie weder wo sie ist, noch wer sie ist. Alles tut weh und doch ist da eine gewisse Angst, die sie verfolgt. Verwirrt stolpert sie durch die Straßen, bis ein junger Mann, Elias, sie findet und ins Krankenhaus bringt. Niemand kann sagen, weshalb sie sich nicht erinnert oder was mit ihr nicht stimmt. Ihr Pfleger Niklas versucht ihr zu helfen, doch nichts bringt den Durchbruch. Schließlich stellen die Ärzte ihr zwei Menschen vor, die angeblich ihre Eltern sein sollen. Ihr Name ist Zoe Mendel und sie soll nun bei ihnen wohnen. Doch wie kann sie ihnen vertrauen, wenn sie scheinbar Geheimnisse vor ihr haben?

Meine Meinung
Was tust du, wenn du ohne irgendwelche Erinnerungen erwachst? Du spürst Angst, ohne zu wissen wovor, und versuchst verzweifelt zu ergründen, wer du bist. Wem kannst du vertrauen, wenn scheinbar alle Geheimnisse vor dir haben? Wie kannst du die Wahrheit herausfinden?

Zoe Mendel findet sich ohne Erinnerungen in einem schmerzhaften Körper wieder. Im Krankenhaus kann man ihr nicht wirklich weiter helfen. Die Fragen bringen sie nicht weiter, die Polizisten befragen sie, doch ohne sich selbst zu helfen, kann sie deren Fragen nicht beantworten.

Zwei Männer, die sie nach dem Gedächtnisverlust kennen gelernt hat, scheinen mehr zu wissen als sie ihr gegenüber zugeben. Doch weder Elias noch Niklas sagen was Sache ist. Manchmal erscheinen sie nett und hilfsbereit, dann wieder kalt und abweisend. Sie mag beide, kann aber nicht sagen was sie ihr tatsächlich bedeuten.

Auch ihre Eltern verbergen etwas. Sie sind ihr gegenüber kalt und hart, begegnen ihr wie einer Fremden und behandeln sie zuerst auch wie eine Gefangene. Sie hat keinen Zugang zum Internet, keine Kontakte auf ihrem Handy und selbst das Zeichnen wird ihr verboten. Bei ihnen fühlt sie sich eingeengt. Wegen jeder Kleinigkeit wird sie angefahren. Ihre Fragen werden nicht beantwortet und eigentlich gehen sie jeder ernsten Konversation mit ihr aus dem Weg.

Gelegentliche Flashbacks bringen ihr einige Fetzen ihrer Vergangenheit zurück, doch daraus schlau zu werden kann sie noch nicht. Sie versucht alles in Zeichnungen festzuhalten, allerdings kann sie nicht alle Bilder aufs Papier bringen.

Wem kann du vertrauen, wenn dein eigener Kopf dich im Stich lässt? Dieser Frage widmet sich Heidrun Wagner in diesem Buch. Zoe weiß nicht was passiert ist oder wie ihr Leben aussah, doch von vielen Menschen um sie herum wird sie behandelt, als trüge sie an etwas Schuld. Niemand versucht sie aufzuklären, niemand will ihr helfen, alle warten auf etwas, was sie allerdings nicht versteht.

Ihre innere Zerrissenheit und Unsicherheit wird wirklich gut durch die Worte der Autorin aufgefangen. Die Zeichnungen, die scheinbar jene von Zoe darstellen soll, zeigen ihre Verwirrtheit und ihre Suche nach sich selbst. Ihr Drang mehr zu erfahren, der Wille zu wissen, wer man ist, wird durch alle Handlungen deutlich gemacht. Diese Gefühle des Unvollkommen Seins sind absolut greifbar und berührend. Sie stellen die innere Spannung dar, die das ganze Buch lang anhält. Diese Fesselung an die Handlung bringt den Leser dazu immer weiter lesen zu wollen.

Da dies erst der erste Band der Trilogie um Zoe ist, bleiben bis zum Ende unglaublich viele Geheimnisse bestehen. Der fiese Cliffhanger, der hier präsentiert wird, lässt praktisch keine andere Wahl als weiter lesen zu müssen, denn eine Offenbarung bringt etwas ungeahntes ans Licht.

Fazit
Durch Text und Zeichnungen wird Zoes Geschichte aufs Papier gebracht. Ein Mädchen ohne Gedächtnis, das versucht sich selbst und die Wahrheit zu finden, doch wie in einer Verschwörung, ist sie dabei von allen verlassen. Toll geschrieben, bleiben als einziges Manko die Zeichnungen, die auf manchen Seiten zu dominant gestaltet wurden, weshalb sie vom Text ablenken.