Rezension

Wenn Religion und Glaube aus dem Ruder läuft

Fanatisch - Patricia Schröder

Fanatisch
von Patricia Schröder

Bewertet mit 5 Sternen

★★★★★

Nara ist, wie fünf andere Mädchen, spurlos verschwunden. Nach sechs Tagen kehren alle sechs Mädchen wieder nach Hause zurück: stumm, in einheitlicher Kleidung, mit einer versorgten Wunde an der Hand. Sechs Tage soll sie schweigen, sonst stirbt ihr Bruder. Nara kämpft gegen Ängste, gegen den Druck der Eltern und Polizei und gegen die Zeit – denn sie findet heraus, dass das Verbrechen noch nicht zu Ende ist und sie hat eine große Rolle in diesem kranken Plan …

 

Mit „Blind Walk“ hatte mich die Autorin Patricia Schröder schon gewonnen. Der Stil ist frisch, intensiv, ehrlich und dennoch mit Gefühl. Nicht die große Romantik ist hier mit Gefühl gemeint, sondern eben das, was ihre Charaktere und der Leser empfinden. Das kommt auch bei „Fanatisch“ extrem gut rüber.

 

Das Thema ist aktuell, aber dennoch kommt die Autorin ohne den erhobenen Zeigefinger aus. Sie bleibt sachlich in Bezug auf Flüchtlinge und Religion und lässt den Leser sein Urteil selbst bilden. Was falsch und schlecht ist, weiß jeder selbst, das muss man nicht noch in Großbuchstaben vorgehalten bekommen. Gerechtigkeitsempfinden aus eigenem Herzen heraus ist wichtig, nicht „erlerntes“.

 

Die Figuren sind sehr authentisch. Hier gibt es ganz normale Teenager, keine Superhelden, keine extrem prolligen Charaktere – einfach Teenager. Mit all ihren Sorgen und Nöten, mit völlig normalen Teenager- und Pubertätsproblemen. Und es gibt eine Bedrohung, die gar nicht so weit weg ist, wie man das gerne hätte. Doch der Leser muss mit Nara durch die komplette Geschichte, um die Lösung zu erfahren. Hier ist keine eigentliche Wendung eingebaut, sondern ein kleiner Trick, der mit super gut gefällt.  Die Story kommt ganz ohne Nebenstränge aus, was meinem Geschmack sehr entgegen kommt. Ein paar Kapitel sind zwar eingestreut, die von einer anderen Position als der von Nara (vom Täter und einem weiteren Opfer) ausgehen, aber sie sind im Prinzip keine Nebenstränge. Den Großteil erzählt Nara und nimmt den Leser damit tief ins Geschehen mit hinein.

 

Der Spannungsbogen ist extrem gut gelungen. Er zieht sich straff, aber nicht zu straff, quer durchs ganze Buch. Man bleibt gern dran, man liest es flott weg, aber man kann auch ab und an etwas durchatmen. Nicht vergessen sollte man, dass dies ein Jugendbuch ist. Dass in diesem Genre gewisse Elemente fehlen, ist also nicht verwunderlich (und mir gerade sehr recht). Dennoch ist die Story lebendig und realitätsnah. Fast alle Charaktere hatte ich geradezu bildlich vor Augen. Sympathie und Antipathie kommt sehr einfach auf. Patricia Schröder ließ mich die Figuren fast spielerisch genau so sehen, wie sie das wollte. Das nenne ich gelungen!

 

Ich hatte mit „Fanatisch“ eine tolle Lesezeit. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Buch an Schulen Lesestoff wird, um mit den Kids das Thema religiöser Fanatismus zu behandeln. Von mir bekommt es auf alle Fälle die vollen fünf Sterne.

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