Rezension

Wenn Träume nicht wahr werden

Fliegende Hunde - Wlada Kolosowa

Fliegende Hunde
von Wlada Kolosowa

Bewertet mit 4 Sternen

Wenn Träume nicht wahr werden

Inhalt:
Oksana und Lena sind 16 Jahre alt und beste Freundinnen - sogar mehr als das. Sie leben in Krylatowa, einem tristen (fiktiven) Vorort von St. Petersburg, der ihnen wenig Perspektive bietet. Doch beide träumen von einem besseren Leben, von Liebe und Anerkennung. Als Lena zum Modeln nach Shanghai geht, nimmt Oksana den Kampf gegen ihre überflüssigen Pfunde auf und kniet sich mit Leib und Seele in die sogenannte Leningrad-Diät, die sich an den Gegebenheiten während der Blockade der Stadt im 2. Weltkrieg orientiert. 

Meine Meinung:

"Seit der ersten Klasse gingen Oksana und Lena Ranzen an Ranzen in die Schule, teilten eine Schulbank, Schokolade, Sorgen und Grippeviren. (S. 11)2

Oksana und Lena sind zwei ganz normale Mädchen mit ganz normalen Teenagerproblemen. Die eine findet sich zu dick, die andere träumt davon, reich und berühmt zu werden. Und beide sehnen sich nach Liebe und nach Zärtlichkeit. Ihre Freundschaft ist für sie verwirrend, und so ist es vor allem für Lena eine Flucht nicht nur aus Krylatowa, sondern auch aus der engen Beziehung zu Oksana, als sie für einige Monate nach China geht. War es nur „eine Phase“, was sie mit Oksana verband? In Shanghai will Lena dies herausfinden, den Mann fürs Leben kennenlernen und Karriere machen. Die Realität sieht leider anders aus - die jugendlichen Models werden wie Ware behandelt und finden sich am Rand der Prostitution wieder. 

In der Zwischenzeit lenkt Oksana sich mit einer abstrusen Diät ab, meldet sich im entsprechenden Online-Forum an und gerät immer tiefer in diesen Sumpf, bis es fast zu spät ist.

Geschickt springt Wlada Kolosowa zwischen Oksana und Lena, zwischen Krylatowa und Shanghai hin und her, zeigt Parallelen und Unterschiede auf und gibt den Lesenden so ein gutes Bild von den zwei Protagonistinnen. Sie sind beide nicht unbedingt sympathisch, aber auch nicht unsympathisch. Sie haben auch ihre Fehler und Marotten. Insofern ist die Erzählperspektive mit der 3. Person gut gewählt, denn man möchte sich weder mit der einen noch mit der anderen identifizieren, sondern bleibt lieber ein bisschen auf Distanz. Mitleiden und mitbangen kann man aber mit beiden, denn man kann sie leicht ins Herz schließen. 

Der Schreibstil der Autorin passt sehr gut zur Handlung. Er ist relativ klar und eindringlich und vermittelt die beschriebene Atmosphäre sehr gut. So wirken die Charaktere und auch die ganze Handlung sehr authentisch. 

Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen. Es hat mich gefesselt, berührt, beeindruckt und wird mir sicher noch einige Zeit im Kopf bleiben. Nur blieb mir vieles zu offen - hier hätte ich mir mehr Klarheit gewünscht. Ein paar Seiten mehr wären schön gewesen.