Rezension

Wer darf leben und wer muss sterben?

Scythe 01 - Die Hüter des Todes - Neal Shusterman

Scythe 01 - Die Hüter des Todes
von Neal Shusterman

Bewertet mit 5 Sternen

Die Welt ist ein fast perfekter Ort. Der Thunderhead, früher als Cloud bekannt, verfügt über jegliches Wissen und hat darüber hinaus auch ein Bewusstsein. Es gibt keine Armut mehr und sämtliche Bedürfnisse aller Erdenbewohner können befriedigt werden. Und dank ihm werden die Menschen nicht mehr krank und müssen auch nicht mehr sterben. Und sterben sie doch, werden sie im nächsten Revival-Zentrum wiederbelebt. Doch die Menschen vermehren sich auch weiterhin. Daher wurde das Scythetum geschaffen. Die Scythe sind die Einzigen, die ein Leben für immer beenden können.

Der ehrenwerte Job eines Scythe

Die beiden Jugendlichen Citra und Rowan werden von einem Scythe auserwählt, seine Lehrlinge zu werden. Sie werden in Waffenkunde unterrichtet, erhalten körperlichen Unterricht und begleiten Scythe Faraday zu dessen Nachlesen (wie der Tötungsvorgang zwischenzeitlich genannt werden). Zwar ist beiden von Anfang an klar, dass nur einer von ihnen schließlich tatsächlich zum Scythe wird, doch erst das erste Konklave, an dem beide teilnehmen, macht sie dann auch zu Konkurrenten auf Leben und Tod.

Manchmal muss man einfach von seinem Beuteschema abweichen. Und dieses Buch beweist es einmal mehr. Elli von Buchhaim hatte vor einigen Wochen die englische Ausgabe auf ihrem Blog besprochen und irgendwie bin ich hängen geblieben. Das Thema des Buches und Ellis Begeisterung dafür haben mich so neugierig gemacht, dass das Buch auf meiner Wunschliste gelandet ist. Und belohnt wurde ich mit eine spannenden Dystopie, die mit einer ganz neuen Idee daher kommt.

Der Aufbau einer ganz neuen Welt

Allein schon das „Grundthema“, das der Geschichte zugrunde liegt, hat mich total gefangen genommen. Eine Welt, in der die Menschen nicht mehr von alleine sterben müssen und trotzdem werden einige von ihnen zum Sterben ausgesucht. Ich hätte das Buch allein schon deswegen ausgesucht. Wie entscheidet man in einer solchen Welt, wer sein Leben lassen muss? Und wie ist eine Organisation wie das Scythetum aufgebaut? Und Neal Shusterman hat diese Fragen, die beim Leser unweigerlich aufkommen, wirklich schön beantwortet, ohne daraus ein Frage-Antwort-Spiel zu machen.

Er webte diese Informationen geschickt in seine eigentliche Story ein und führt seinen Leser damit gekonnt in eine ganz eigene Welt. Die eigentliche Storyline, in der Citra und Rowan die Hauptrollen spielen, hatte dann etwas typisch Dystopisches. Natürlich gibt es eine Macht in dieser neuen Welt, die droht missbraucht zu werden. Und da dürfen zwei scheinbar unbekannte und ganz normale Jugendliche nicht fehlen, die gegen diese Macht vorzugehen bereit sind.

Eine klassische Dystopie?

Soweit nichts Neues… Das hätte mich vielleicht in einem anderen Buch gestört. Wenn man während des Lesens vielleicht mal den Gedanken bekommt: „also das kommt mir doch bekannt vor“. Aber dieser Gedanke kam einem gar nicht. Neal Shusterman hatte mich bereits auf der ersten Seite so abgeholt, dass ich das Buch kaum noch aus der Hand legen konnte. Natürlich nutzt er diesen „klassischen“ Dystopie-Aufbau, aber er machte das so schlau, dass man als Leser trotzdem das Gefühl bekam, eine komplett neue Geschichte zu lesen.

Ebenfalls vollkommen begeistert war ich von den Charakteren. Auch hier bedient sich Shusterman an einigen Stellen bekannte Elemente und doch ist alles ganz anders. Gerade die Entwicklung, die bereits im ersten Teil erkennbar ist, hat richtig Spaß gemacht. Ein großer Teil dieser Begeisterung war auch dem Umstand zu verdanken, dass die Entwicklung der beiden Protagonisten und auch deren Beziehung zueinander gar nicht vorhersehbar war.

Grandioser Schreibstil, tolle Idee, überzeugende Umsetzung

Gekrönt wird dieses Buch dann schließlich durch Neal Shustermans grandiosen Schreibstil. Irgendwie strahlte der eine gewisse Ruhe aus, selbst in den Szenen, die etwas turbulenter wurden (macht das irgendeinen Sinn). Es war in sich einfach durchweg stimmig. Dieser Mann kann auf jeden Fall schreiben und in mir hat er nun seinen neusten Fan gefunden.

Manchmal muss man sich auch einmal in unbekanntes Terrain stürzen und sich auf Neues einlassen. Dann wird man vielleicht überrascht. Neal Shusterman hat mit Die Hüter des Todes einen fulminanten Auftakt zu einer Trilogie geschrieben, bei der ich jetzt schon kaum erwarten kann, dass Band 2 erscheinen wird. Wer auf Dystopien steht, der darf an dieser Geschichte nicht vorbei gehen. Definitiv eines meiner Lieblingsbücher in 2017!!

 

Vielen Dank an vorablesen.de und den Sauerländer Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars
© Nellys Leseecke - Lesen bedeutet durch fremde Hand träumen