Rezension

Wer Furcht sät

Wer Furcht sät - Tony Parsons

Wer Furcht sät
von Tony Parsons

Bewertet mit 4.5 Sternen

Wenn das Gesetzt die Falschen schützt und Unschuldige letztlich die Opfer sind; wenn die Polizei nur da ist, um Täter zu schützen und keine Gerechtigkeit mehr erwartet wird; dann braucht es eine Bürgerwehr. Aufrechte Londoner nehmen in die Hand, was die Justiz nicht vermag: sie führen Kinderschänder und Mörder ihrer gerechten Strafe zu. Die Internetöffentlichkeit kann teilhaben, wenn sie die Straftäter ganz wie in alten Zeiten hängen. Mit Albert Pierrepoint Masken verschleiern sie ihre Identität, vom Volk werden sie schnell als Helden gefeiert und Detective Max Wolfe muss nicht nur gegen eine Gruppe von selbsternannten Rettern ermitteln, sondern gegen eine ganze Nation, die die moralische Überlegenheit auf ihrer Seite sieht. Der Club der Henker scheint nicht zu stoppen.

 

Ein rasanter Fall für den Londoner Ermittler. Das Thema ist gut gewählt, denn hier geht es nicht nur um einen Mordfall, sondern der Leser muss sich selbst fragen, wie er eigentlich dazu steht, wenn Gerichtsurteile keine wirklich gefühlte Gerechtigkeit mit sich bringen, wenn Strafen eher gering ausfallen oder es gar zu Freisprüchen oder Bewährungsstrafen kommt. Man kann sich dieser moralischen Zwickmühle nicht entziehen in diesem Roman und muss sich positionieren – gegebenenfalls gegen den sympathischen Protagonisten. Ein Krimi, der einem nicht nur weiterlesen lässt, weil es spannend ist und man wissen möchte, wer der Täter ist, sondern der einem mit der Grundfrage an den Text kettet, sofern man sich nur ein klein wenig darauf einlässt.

 

Der Fall an sich bietet viele Spuren, unzählige Motive und doch lange Zeit keine klaren Schuldigen und er wird spannend aufgebaut und überzeugend gelöst. Interessant fand ich insbesondere die Polizeiarbeit, die mit ungewöhnlicher Unterstützung in Form eines Historikers und einer erblindeten Stimmanalystin arbeitet, das sind sicher keine ganz alltäglichen Ermittlungen, die den Roman aus der Masse hervorheben. Der Schreibstil gefällt mir, das Buch lässt sich auch in der Übersetzung einfach gut lesen.