Rezension

Werte im Wandel der Zeit

Die Herzen der Männer
von Nickolas Butler

Bewertet mit 3 Sternen

Gebundene Ausgabe: 477 Seiten
Verlag: Klett-Cotta (11. Februar 2018)
ISBN-13: 978-3608983135
Originaltitel: The Hearts of Men
Preis: 22,00€
auch als E-Book erhältlich

Werte im Wandel der Zeit

Nickolas Butlers neuer Roman erstreckt sich über drei Teile, die 1962, 1996 und 2019 jeweils im Pfadfinderlager Camp Chippewa in Wisconsin, USA, angesiedelt sind. Hier verbringen heranwachsende Jungen eine Woche im Sommer.

1962 treffen wir im Lager den dreizehnjährigen Nelson. Er ist mit Feuereifer dabei, jagt ein Abzeichen nach dem anderen und hält sich hundertprozentig an den Ehrenkodex der Pfadfinder. Er gibt mit seinem schmächtigen Körper, seiner Brille und seinem Ehrgeiz ein perfektes Mobbingopfer ab. Freunde hat er nicht, für seinen Vater ist er eine Enttäuschung. Nur der etwas ältere Jonathan steht Nelson hin und wieder zur Seite.

In Teil 2 und 3 stehen andere Protagonisten im Vordergrund. Trotzdem tauchen die bereits bekannten immer wieder am Rande auf. Durch den Perspektivwechsel ist die Handlung trotz einiger Wiederholungen, die sich eben in jeder Generation abspielen, einigermaßen abwechslungsreich und interessant. Allerdings erlangen die einzelnen Personen dadurch auch nicht so viel Tiefe wie bei nur einer Hauptperson. Kaum einer der Protagonisten ist sympathisch. Nickolas Butler macht es einem nicht leicht, die Figuren zu mögen, denn er stellt sie nicht gerade von der besten Seite dar. Ich fand das ziemlich deprimierend.

Dadurch, dass man hier drei verschiedene Generationen erlebt, kann man den Wertewandel in der US-amerikanischen Gesellschaft direkt nachvollziehen. Denn darum geht es. Welche Werte sind den Männern wichtig? Freundschaft, Familie, Moral, Ehre? Wie werden sie erlernt? Was geben Väter an ihre Söhne weiter? Oder haben die Söhne ganz andere Idole außerhalb der Familie? Wann ist ein Mann ein Held?

Die Helden haben sich immer von ihren Herzen leiten lassen, und die Feiglinge von ihrem Verstand. [ … ] Helden kalkulieren nicht und kalibrieren nicht. Sie tun einfach nur, was richtig ist. (S. 253)

„Die Herzen der Männer“ ist ein anspruchsvoller Roman, der den Lesenden einiges abverlangt. Man wird dazu angehalten, sich in die unterschiedlichsten Charaktere hineinzudenken, denn hier gleicht keine Figur der anderen. Stellenweise lässt der Autor einen dabei ziemlich allein und führt nicht aus, warum und wieso etwas geschieht und wie einzelne Szenen zu interpretieren sind. Oft konnte ich die Handlungsweisen der Protagonisten nicht nachvollziehen, sie passten einfach nicht zum vorherigen Verhalten der jeweiligen Person.

Sprachlich fand ich den Roman recht gut. Er lässt sich locker lesen trotz einer gehobenen, bildhaften und wortstarken Sprache, die manchmal aber auch ins Kitschige abtriftet.

Fazit:
Insgesamt ist „Die Herzen der Männer“ ganz unterhaltsam. Der Roman weist jedoch vor allem im Mittelteil auch Längen auf und wirkt nicht immer rund.

★★★☆☆

Vielen Dank an den Verlag Klett-Cotta, der mir für die Leserunde auf LovelyBooks.de ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte.