Rezension

Wie ich mich in diese Geschichte verliebte

Im freien Fall oder wie ich mich in eine Pappfigur verliebte - Jessica Park

Im freien Fall oder wie ich mich in eine Pappfigur verliebte
von Jessica Park

Bewertet mit 5 Sternen

Zum Inhalt verrate ich nur so viel, als dass es um ein sehr verstricktes Familienkonstrukt geht, das Julie, eine Literatur-Studentin, zu entschlüsseln versucht. Denn Celeste, das Teenager-Küken der Familie, trägt durchgehend eine lebensgroße Pappfigur ihres verreisten Bruders Finn mit sich herum. Was für Außenstehende als außerordentlich merkwürdig erscheinen mag, ist für die Familie eine völlig normale Reaktion auf die Abwesenheit des Bruders.

Celeste wird nicht bloß in ihrem Handeln bestätigt, mehr noch wird sie darin gefördert und vor allem ihr besorgter Bruder Matt nimmt ihr jede Möglichkeit sich weiterzuentwickeln.

Überbesorgt aber sehr liebevoll kümmert er sich um seine kleine Schwester und vernachlässigt sein eigenes Leben um ihretwillen.

Als Julie per Facebook Kontakt zu dem verreisten Weltenbummler-Bruder aufnimmt, beginnt sie sich in ihn zu verlieben und langsam kommt Licht in die Familiengeschichte.

 

Die Hauptprotagonistin Julie ist ein sehr tougher Charakter und nie um einen frechen Spruch verlegen. Manchmal zickig und provokant, liegt ihr jedoch ihr neu gewonnenes Familienglück sehr am Herzen und sie versucht es nicht bloß zu verstehen, sondern gar zu verbessern. Nicht umsonst bezeichnet ihr Dozent sie als „Kümmerer“. Was ich noch dazu erwähnen sollte, ist, dass Julie aufgrund von mangelnden Wohnmöglichkeiten in ihrer Wahlheimat bei der Familie rund um Celeste untergekommen ist.  Im Laufe der Geschichte entwickelt sich ein sehr inniges und vertrautes Verhältnis zwischen Julie und Celeste und das Teenager-Mädchen verbessert ihre sozialen Kompetenzen und gar nimmt ihre Fixierung auf das brüderliche Objekt stückweise ab.

Julie und Matt liefern sich gerne verbale Duelle, doch auch diese Beziehung basiert auf Vertrauen und Zuneigung.

Matt verkörpert den klischeehaften Nerd; Brille, Sprüche T-Shirts und keine sozialen Kontakte außerhalb des Internets. Er ist anfangs sehr verschlossen was die Familiengeschichte anbelangt, aber stets hilfsbereit und teilweise offen für Neues. Er hat eine besondere Art der Kommunikation, so legt er Gesagtes gerne auf die Goldwaage und schützt sich durch Sarkasmus und Zynismus. Auch versteckt er sich gerne hinter komplizierten mathematischen Formeln und nutzt sein übermäßig großes Wissen, um sein Gegenüber verbal schachmatt zu setzen.

Matt war mir auf Anhieb sympathisch und wer seine Art von Humor mag, dem wird es kaum anders ergehen. Er ist nicht nur der Nerd, viel mehr ist er der aufopferungsvolle junge Mann, der im Schatten seines Bruders steht und trotzdem alles für seine ihm Anvertrauten tun würde.

Celeste ist trotz oder gerade wegen ihrer Eigentümlichkeit nicht weniger sympathisch. Man kann sie keinem Stereotypen zuordnen, sie ist einfach das hochbegabte junge Mädchen, das bei sozialen Interaktionen völlig versagt und auch kein Interesse an solchen Dingen zu haben scheint. Aber auch sie ist sehr bemüht und springt über ihren Schatten, als Julie ihre Hilfe anbietet.

 

Ich habe dieses Buch geradezu verschlungen, es ließ mich nicht mehr aus seinem Bann.

Obwohl die Handlung eine Wendung nimmt, hat mich diese keineswegs überrascht und ich war einfach gespannt, wie es weiterverlaufen würde.

Die Geschichte hat mich alles in Allem sehr berührt und – ohne zu viel verraten zu wollen, hab ich diese aufgestaute Verzweiflung und die Entwicklung der Charaktere gut nachvollziehen können.
Was mich besonders gefreut hat, war, dass die Liebesgeschichte nicht im Vordergrund stand, sondern die Autorin sehr authentisch das Leben einer Familie geschildert hat, die nach dem Motto „zusammen ist man weniger allein“ mit all seinen Konsequenzen unter einem Dach lebt.

Ich vergebe 5 wohlverdiente Sterne und hoffe bald mehr von der Autorin lesen zu können.