Rezension

Wie Macht, Geld und Intrigen auch die besten Freunde zu Feinden werden lassen

Das Eis - Laline Paull

Das Eis
von Laline Paull

Bewertet mit 4 Sternen

Im Zweifel für den Angeklagten. Darauf hofft auch Sean Cawson, auch wenn es kein Strafprozess ist, sondern eine gerichtliche Untersuchung, der er sich gegenüber sieht. Und das alles nur, weil das Eis schmilzt. 

Was sich zu Beginn - eine Leiche wird in der Arktis gefunden, weil ein Gletscher kalbt - wie ein Thriller liest, entwickelt sich zu einem tiefgehenden Roman, der ganz nebenbei noch den Umgang mit Rohstoffen und unserer Natur anspricht und teilweise anprangert. Sean Cawson kannte den Toten, er war mit ihm gemeinsam unterwegs, als dieser nicht zurückkehrte. Drei Jahre ist das nun her und aktuell sieht sich der reiche und mächtige Brite mit einer Untersuchung konfrontiert, die klären soll, ob er Mitschuld am Tod im Eis seines Gefährten hatte. 

Immer, wenn die Erzählung etwas abflacht, gerät man als Leser in einen neuen Strudel der Ereignisse, der einen selbst und auch Cawson immer wieder mitreißt. Man ist überall hautnah dabei, spürt den eisigen Wind der Arktis im Gesicht, sitzt im Gerichtssaal hinter dem Protagonisten, steht bei den Aussagen neben den Zeugen und blickt hinter die Pokerfaces derjenigen, die die Geschicke unserer Welt bestimmen: Mächtige. Alles dreht sich letztendlich um Macht und diese beruht entweder auf politischen Ämtern oder viel Geld. Oder beidem. 

Ein sehr zentrales Beispiel dafür ist in diesem Roman Sean Cawson, der in zahlreichen Situationen die verschiedensten Facetten zeigen darf. Je nach Blickwinkel ist er nur ein kleiner Fisch oder jemand, der die Fäden in der Hand hält. Aber er ist neben allem auch ein Mensch mit Probleme wie du und ich sie kennen und haben. 

Die Beziehung, die der Leser zu Sean hat, ist nicht immer einfach und sie trifft während der 458 Seiten auf viele Hindernisse, die sie auf die Probe stellen. Man mag von den Protagonisten halten was man möchte, ob nun Idealist oder Intrigant, am Ende des Tages steckt wohl von allem etwas in jedem von uns.