Rezension

Wieder ein großer Wurf

Mörderische Wahrheiten - Theresa Prammer

Mörderische Wahrheiten
von Theresa Prammer

Bewertet mit 5 Sternen

~~Teresa Prammers zweiter Krimi „Mörderische Wahrheiten“ knüpft nahtlos an ihren ersten Erfolgsband „Wiener Totenlieder“ an. Aber keine Angst, man muss das erste Buch nicht kennen, um sofort von der Geschichte gefangen genommen zu sein und allen Handlungsstängen zu folgen zu können.
Konrad Fürst ist aus dem Koma erwacht und gleich danach fordert sein ehemaliger Polizeichef seine Hilfe ein. Vor 30 Jahren, noch als aktiver Polizist, überführte Fürst den Serienkindermörder Riedl und nun, kurz nach dem Tod des Mörders im Gefängnis, gibt es erneut eine Serie von Kindermorden, die nicht nur alle Merkmale der damaligen Taten aufweist, sondern auch die DNA Spuren Riedls. Carlotta Fiore, die schon mit Fürst im letzten Band zusammenarbeitete und vielleicht sogar noch engere Bande an ihn hat, ist nun gefordert, denn Fürst hat nach der langen Zeit im Koma noch erhebliche Gedächtnislücken. So führt sie Gespräche mit Riedls Kindern und der Ehefrau, die nur ungern an die Stigmata erinnert werden, die sie als Familie eines Mörders zu erleiden hatten. Besonders zu Moritz Riedl, den jüngsten Sohn, in den sie sich sehr gut einfühlen kann, entwickelt sie eine besondere Verbundenheit, da sie die Gemeinsamkeit einer traumatischen Kindheit teilen.
Der Ermittlungsdruck ist hoch, weil es bereits mehrere getötete Kinder gibt und als nun Fanny, eine taffe 13jährige verschwindet, die Carlotta seit einiger Zeit gut kennt und auch als Babysitterin im Haushalt Fiore/Fischer fast ein zweites Zuhause hat, nimmt dieser Fall auch eine persönliche Wendung für Lotta.
Das Buch ist stark geprägt von der vielschichtigen Persönlichkeit der Carlotta Fiore, die zwar etwas zur Ruhe gekommen ist, aber noch lange nicht alle seelischen Verletzungen überwunden hat. Immer noch muss sie mit ihren inneren Dämonen kämpfen und hat auch immer noch Schwierigkeiten, Nähe zuzulassen. Spontan, kein Risiko scheuend, trotzt Carlotta dem Kripochef ihre Teilnahme an den Ermittlungen ab. Manche ihre Aktionen scheinen überzogen, passen aber zur beschriebenen Persönlichkeit. Darunter leidet auch ihre Beziehung zu Hannes Fischer, dem Vater ihres Kindes, der ihre Alleingänge  wenig schätzt. So wird diese noch junge Beziehung bis zur Zerreißprobe belastet.  Genau wie Carlottas Temperament ist die Spannung des Buches immer kurz vor dem Siedepunkt. Bis zur Auflösung um das Rätsel des Wiederholungstäters erleben die Protagonisten ein Auf und Ab der Gefühle, die den Leser kaum zu Atem kommen lassen. Dieses Tempo und die Spannung machen auch kleine Logiklücken wieder wett (kann ein hoher Beamter eine Zivilperson mit Amnesie vor eine Pressekonferenz zerren?)
 Bis hin zu den Nebendarstellern, hat die Autorin kraftvolle Persönlichkeiten beschrieben, die mit ihren Ecken und Kanten sehr lebendig werden. Sie sind psychologisch stimmig, Henriette zum Beispiel, ist eine solche Person, die zwar in diesem Band eine Nebenrolle spielt, die dem Leser trotzdem ans Herz wächst.
Mit Carlotta hat die Autorin eine Figur geschaffen, die aus der Masse der Privatermittler herausragt. Unangepaßt, menschlich und verletzlich, aber letztendlich auch daraus ihre Stärke schöpfend. Schon nach dem ersten Band „Wiener Totenlieder“ war ich begeistert, die Autorin hat in diesem Buch ihr Können nochmal unter Beweis gestellt.