Rezension

Wieder spannend, atmosphärisch, stimmig: Toller Norwegenkrimi mit sympathischem Ermittler-Duo!

Das Mädchen, das schwieg - Trude Teige

Das Mädchen, das schwieg
von Trude Teige

Bewertet mit 4.5 Sternen

Nach "Totensommer" ist dies der 2. norwegische Kriminalroman vonTrude Teige, der ins Deutsche von Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann aus dem Norwegischen übersetzt wurde. Erschienen ist"Das Mädchen, das schwieg" im Aufbau-Verlag (TB, 2017).

Kajsa und ihr Mann Karsten leben mit Kajsa Kindern aus der Ehe mit Aksel und dem kleinen Jonas, dem gemeinsamen Sohn mit Karsten, in Losvika, einem kleinen Ort auf einer norwegischen Insel, das Kajsa von ihrer Tante erbte.
Sissel, die seit vielen Jahren kein Wort mehr gesprochen hat, wird ermordet - im gleichen Haus, in dem auch ihr Vater Peder Vage ein knappes Jahr zuvor einem gewaltsamen Ende zum Opfer fiel: Haben die beiden Morde miteinander zu tun?
Sissel, die sich nur mit Zetteln und Notizblöcken mit anderen Menschen verständigte, saß meist in ihrem Sessel am Fenster und beobachtete ihre Umwelt, ihre Mitmenschen im Dorf: Was hatte sie gesehen, dass sie sterben musste?

Diesen Fragen geht das Ermittlerteam nach, das Eggesbo um sich schart, wobei er Karsten bewusst miteinbeziehen möchte, ohne ihn zu überfordern: Nach einer schweren Verletzung, die er sich bei der Aufklärung des letzten Falles zuzog, hat er sich noch nicht wieder erholt und ist auf Krücken angewiesen. Allerdings ist er zu Kajsas Freude mehr und mehr  fest entschlossen, sich ins Leben zurückzukämpfen: Seine Stärke liegt in Analysefähigkeiten und methodischem Vorgehen; so nimmt er sich z.B. die Aufzeichnungen Sissels zur Brust, die er zu entschlüsseln versucht....

Kajsa, eigentlich Journalistin, kannte die Ermordete vom Sehen und macht sich auf die Suche nach Informanten, um Spuren aufzunehmen, die zur Klärung des Falls führen könnten. So sucht sie z.B. Tone auf, ein Mädchen, das direkte Nachbarin Sessels war, sehr viel musikalisches Talent hat und auch gerne mal den kleinen Jonas spazierenfährt, in der Schule allerdings aufgrund ihrer Hautfarbe ausgegrenzt und gemobbt wird; Olga, die pensionierte Lehrerin; und Bente und Dag, die gutsituierten Adoptiveltern von Tone, die direkt neben Sissel wohnen.
Da das Mädchen als vermisst gemeldet wird, wird Verstärkung angefordert, die Suchmannschaft vergrößert und Karsten, der sich nicht direkt an der Suche beteiligen kann, nimmt sich nochmals die Notizbücher Sissels vor - bei ihrem letzten Eintrag hat er endlich das Gefühl, auf einer wichtigen Spur zu sein... 

Der erste Wintersturm, der über Norwegen hinwegfegt, erschwert die Suche, erhöht aber die Spannung ungeheuer und erste Ideen, wer der Täter sein könnte, entstehen beim Lesen; es gibt immer wieder Rückblicke in eine gequälte Kindheit zweier Kinder, die mit ihrer Mutter gemeinsam in Angst und Schrecken vor der häuslichen und unberechenbaren Gewalt des Vaters leben...

Kajsa arbeitet sich unerbittlich und mit viel Intuition in die Vergangenheit Sissels, die Schreckliches (und für den Leser Erschütterndes) zutage fördert. Gegen Ende des sehr spannend geschriebenen und flüssig zu lesenden Kriminalromans spitzt sich die Situation zu; der vom Meer kommende Wintersturm macht das Geschehen umso dramatischer. Das fulminante Ende, das vom Sturm begleitet wird, ist sehr spannungsgeladen, der Plot stimmig. Der Bericht im "Sunnmorsposten", einer Lokalzeitung, für die Kajsa temporär arbeitet, setzt dieser Dramatik gewissermaßen noch "eins drauf".
Einziger 'Wermutstropfen' dieses ansonsten brillanten Krimis bestand für mich darin, dass sich mein Verdacht bestätigte (nach Motivlage), den ich zur Krimihälfte erwogen hatte. Dennoch habe ich den 2. Kriminalroman dieser norwegischen Autorin sehr gerne gelesen und würde mich über Fortsetzungen sehr freuen!

Fazit:

In den spannend zu lesenden und stimmigen beiden bisherigen Kriminalromanen von Trude Teige findet sich eine gewaltige Menge "sozialen Sprengstoffes"; hier in Form von Gewalt in der Familie, Übergriffe auch in religiösen Kreisen und in der Passivität der Mitmenschen, die oft wegschauen, um selbst nicht ins Fadenkreuz des Ärgers bzw. von Konflikten zu geraten! Für den atmosphärisch-spannenden Krimi, den ich gerne weiterempfehlen möchte, vergebe ich 4,5 * am skandinavischen Krimi-Firmament und hoffe auf weitere Fälle!

Kommentare

AnneMF kommentierte am 20. September 2017 um 10:33

Hört sich gut an, deine Rezensionen lese ich gerne. Das du schon zur Hälfte das Ende in diesem Buch ahntest schließt auf eine gute Krimischnüfflerin.