Rezension

Willkommen in Absurdistan

Ein dickes Fell - Heinrich Steinfest

Ein dickes Fell
von Heinrich Steinfest

Bewertet mit 2 Sternen

Zum ersten Mal in dem ein oder anderen Jahr, das ich jetzt Bücher lese, hat sich ein Klappentext rentiert. Jetzt weiß ich wenigstens, worum es ging in dem Buch. Die Intention hinter der Geschichte kann nämlich nach 600 verschwafelten Seiten schon mal verlorengehen. Das fängt gar nicht erst damit an, dass der eigentliche Held zum ersten Mal auf Seite 134 auftaucht, sondern - ich habe jetzt lange darüber nachgedacht - an vielen Gründen. Einer davon ist folgender:

Steinfest hat irgendwann mal ein Buch geschrieben, und alle riefen: Ohhhhh, wie toll du schreiben kannst. (Was übrigens der Wahrheit entspricht.)
Leider riefen sie auch: Du bist der tolllllllllste Schreiber der Welt, bittebittebitte schreib noch gaaaaaaaanz viel. (Sie meinten viele Bücher, doch Steinfest muss das falsch verstanden haben, er dachte, das solle alles in ein Buch.)
Also tat er das. Lest jetzt bitte den Klappentext. Habt ihr? Gut. Denn ich hätte leider keine Zusammenfassung bringen können, weil ich völlig andere Dinge wahrgenommen habe, auch wenn 4711 öfter mal erwähnt wurde. Ein Beispiel für die Art von Steinfests Schreibe? Brace yourself - wir nehmen einen fiktiven Ausgangspunkt: Eine Frau überquert eine Straße, ganz banal.

"Als sie sich anschickte, ihren Fuß auf die Straße zu setzen, die von der Sonne schon aufgewärmt war wie eine alte Hühnersuppe, die seit drei Tagen einem Kranken vor die Nase geschoben wird (ganz wichtig, völlig absurde Vergleiche zu bringen), bemerkte sie, dass diese Straße dunkler war als die hinter ihrem Haus. Obgleich sie kein großes Beobachtungsvermögen besaß, was sicherlich ihrer Mutter zuzuschreiben war, die einen Mann geheiratet hatte, der aus Absurdistan stammte, und von daher immer der Meinung war, eine Frau bräuchte keine unterschiedlichen Farben auf Straßen zu bemerken und dies auch überzeugend darlegte, so ließ sie diese Tatsache einen Moment stutzen und darüber nachdenken. Sollte sie trotzdem die Straße überqueren oder nicht? Nicht, dass ihr irgendjemand einen Vorwurf gemacht hätte, täte sie das nicht, aber es war doch des Nachdenkens wert. Nein, entschied sie sich, sie konnte nicht an dieser Stelle über die Straße gehen, denn solange sie das Rätsel der unterschiedlichen Farben nicht gelöst hatte, gäbe es keine Sicherheit darüber, dass es sich wirklich um die Straße vor ihrem Haus handelte und nicht etwa um ein schwarzes Loch, das sie in eine andere Galaxie reißen würde, wo man sie zwingen würde, eine Frisur wie Trump zu tragen, aber immer die Wahrheit zu sagen."

Ihr behauptet, das sei keine Rezension eines Buches? Warum macht ihr mir einen Vorwurf? Ich behaupte ja auch nicht, dass Steinfest keinen Krimi geschrieben hat. Auch, wenn es die Wahrheit ist. Was der Autor tat, war, in einer Tour brillante und überaus spritzige Sätze zu entwickeln, aber man kann nur so und so viel brillante und spritzige Sätze lesen, die an kein Ziel führen, bevor einem die Augen zufallen und man in einen tiefen Schlaf fällt. Einem Schlaf übrigens, in dem niemand davon träumt, eine Straße zu überqueren ...

Kommentare

E-möbe kommentierte am 08. Juni 2017 um 11:37

Zusatz 1: Steinfest ist ein bigotter Frauenhasser und dogmatischer Möchtegernphilosoph, der gerne Unsinn von sich gibt.

Zusatz 2: Sein Lektor hasst ihn.

Naibenak kommentierte am 08. Juni 2017 um 11:42

Aacher...du fragtest kürzlich, ob wir denn den Krimi bereits kennen und Wanda schrieb, einer sei wie der andere... Ich persönlich habe mich mal an der "feinen Nase der Lilli Steinbeck" probiert. Auch ein Krimi. Auch total "brillante und spritzige Sätze", die ich sehr mochte. Aber auch auf die Dauer einschläfernd, weil die Handlung gefühlt im Schneckentempo voranschlich... Ich hatte den Krimi abgebrochen, denn obwohl zwischendurch echt interessant, hatte ich mich irgendwann zum Weiterlesen zwingen müssen und das war mir zu anstrengend ;) echt schade eigentlich! Aber offensichtlich ist es wirklich so: kennst du einen, kennst du alle (Wanda hatte ebenfalls einen anderen gelesen^^). Tolle Nicht-Rezi... oder was auch immer *lach*!!!

lesesafari kommentierte am 08. Juni 2017 um 14:13

Lilli zog sich wirklich. Ich las noch "Der nasse Fisch", sollte ein Krimi sein. Brillant, kein Krimi, aber Kunst. So wie das bei Steinfest sein soll. Ich meine, er malt auch impressionistisch. Es lebe "L´art pour l´art". Ich würde auch nicht empfehlen, mehrere Bücher von ihm in kürzerer Zeit zu lesen. Und so warte ich weiter bis sich meine Cheng-Reihe vervollständigt und ich sie dann mal beginne. Es sei denn, ich gewinne mal beim Monatsgewinnspiel die erst 15 Bücher meines Wunschregals. Dann zöge ich "Das grüne Rollo" vor.

E-möbe kommentierte am 08. Juni 2017 um 18:11

Ich schenke dir das Buch hier. Gib mir nur deine Adresse, dann schick ich es dir morgen noch.

E-möbe kommentierte am 08. Juni 2017 um 18:16

Muss für einen Autor total frustrierend sein, wenn Leser über ihn sagen: Kennst du einen, kennst du alle. :D

wandagreen kommentierte am 08. Juni 2017 um 12:26

*Kreisch*. Ich habe das Grüne Rollo gelesen. Kein Krimi. Total faszinierend und total frustrierend, denn genau das ist die Quintessenz "man kann nur so und so viel brillante und spritzige Sätze lesen, die an kein Ziel führen, bevor einem die Augen zufallen und man in einen tiefen Schlaf fällt". Zumal die Auflösung des Rätels für mich frustrierend war und auch dann noch viele, viele, viele Logiklöcher blieben. Vllt, vllt, wenn ich mal ganz viel Lesezeit habe (also nie), lese ich noch sein erstes. Aber Steinfels wäre gut beraten, wenn er mal etwas verändern würde. Nicht viel, etwas. So dass man sein Geschreibsel gerne liest und seine brillianten Sätze würdigen könnte. (Ich glaube jedoch nicht, dass ein selbstgefälliger Autor je auf seine (Nichtmehr-)Leser hören wird).

Galladan kommentierte am 08. Juni 2017 um 13:28

Wenn wanda auf eine Rezi mit einem "Kreisch" antwortet, dann lohnt es sich auf jeden Fall dieselbe zu lesen. Klingt nach 600 Seiten gut geschriebener Langeweile. Ich hätte das Buch aber schon beim Klappentext fahren lassen und wäre ins schwarze Loch der Strasse untergetaucht. 

wandagreen kommentierte am 08. Juni 2017 um 16:29

Es ist die gemeinsame Erfahrung, die mich kreischen ließ, weil Archer, das mal so richtig, richtig gut formuliert hat. Lesa jedoch muss sich mit Stevie zusammentun, der Steinfest über alles liebt - einer, seiner wenigen literarischen Fehleinschätzungen, *kicher*.

sphere kommentierte am 08. Juni 2017 um 17:13

Also, ich kenne den Autor jetzt nicht, und ihr verunsichert mich. Ich mag doch brillante, spritzige Sätze, aber bitte zielführende. Schwarze Löcher mag ich auch. Aber keine Frauenhasser. 

Egal, ich habe heute fünf Hörbücher ausgeliehen, und bald nehme ich an einer Leserunde teil, da muss Steinfest eben weeeit nach hinten geschoben werden.

E-möbe kommentierte am 08. Juni 2017 um 18:19

Ich habe gesehen, dass die anderen Büchern nur die Hälfte der Seiten haben. Vielleicht solltest du erst mal eines von denen antesten, sphere. Ich lese normalerweise echt schnell, aber hier habe ich vier Tage gekämpft, weil es übelst anstrengend wurde - was mich wirklich ärgert, denn einen Krimi in so einer Sprache findet man halt nicht oft.