Rezension

Witzig und rasant

Die Oma und der Punk - Simone Jöst

Die Oma und der Punk
von Simone Jöst

Bewertet mit 4 Sternen

Eine kleine Glücksperle, die ich als Schnäppchen erstanden habe. Ein lustiger Titel, ein vielversprechender Klappentext und Lust auf leichte Lektüre verführte mich in die schräge Welt von Emma und Jule und ich habe die beiden ins Herz geschlossen.

Ein verrücktes Duo, das nicht unterschiedlicher sein könnte. Natürlich bedient sich die Autorin an Klischees - zu den schweren Stiefeln und den bunten Rastalocken kommt eine Vorgeschichte auf der Strasse, ein loses Mundwerk und viel billiger Schmuck. Zur Oma, die aus der Seniorenresidenz abhaut, kommen die extrem guten Manieren, biedere Kleidung und lieb gemeinten Ratschläge. Und doch entwickeln sie sich entgegen der Klischees: Jule zeigt Moral und Manieren, Oma Emma verwandelt sich in einen Teilzeit-Hippie und Hobbydetektivin. Hinzu kommen Mitbewohner der unterschiedlichsten Art in der WG, die Familie von Emma und eine Handvoll Schurken, die den beiden nichts Gutes wollen.
Der Schreibstil zeichnet sich meiner Meinung besonders durch die Dialoge aus. Jules Mundwerk schreckt nicht vor Fluchwörtern und frechen Ansagen zurück. Aber auch Emma hat super Antworten auf Lager und auf jeder Seite kommt ein Spritzer Humor dazu - genau im richtigen Mass. Die Geschichte wechselt von gefühlvoll über spannend-rasant zu traurig, wütend, witzig und nachdenklich. Ein Hin und Her, so dass es niemals wirklich langweilig wird, aber immer glaubwürdig bleibt. Manchmal war der Wechsel jedoch sehr abrupt, worüber ich beim Lesen stolperte und die Handlung ganz kurz an Authentizität verlor,  aber es genauso schnell wieder wett machte mit der nächsten Aktion. 
Die Figuren sind eine liebevolle Mischung aus Klischee auf die Spitze getrieben und frischem Wind,als Anti-Stereotyp, was die Personen gleichzeitig bekannt und aufregend gestaltet. Wenn man denkt, man kennt den nächsten Schritt, kommt doch noch etwas Verrückteres um die Ecke. Wenn man meint, man hat die Figur schon durchschaut, zeigt sie dir plötzlich eine ganz andere Seite. 
Als ich schon meinte, die Erzählung wird unnötig verzögert, entzückte mich dennoch der Umweg, eine kleine Zwischengeschichte, die ganz zum Schluss doch ihren rechten Platz im ganzen Roman hatte. Das war wohl generell das Hauptproblem mit diesem Buch: Nicht voreilig urteilen. Wie oft dachte ich "was soll das jetzt wieder? Was tut dies zur Geschichte?" oder auch "ist dieses Verhalten der Person xy überhaupt logisch oder schon zu gekünstelt?" wurde ich abgelenkt durch die wohl einfachste Erklärung: "Ach egal, macht trotzdem Spass". Und genau so sollte man wohl die Geschichte lesen: Nicht gross hinterfragen oder urteilen, einfach lesen und amüsieren. Ideale Lektüre für Ferien, egal ob Strand, Stadtpark oder Balkonien. 
Anscheinend soll es auch eine Fortsetzung geben: eine heisse Spur. Mal schauen, ob ich mir den auch noch kaufe. Lust, dass mit Emma und Jule in die nächste verrückte Geschichte mitreissen hätte ich ja.

4,5 / 5 Sterne