Rezension

Wunderbar poetisch und historisch, aber gute Stimmung kommt nicht auf

Eine Geschichte von Land und Meer - Katy Simpson Smith

Eine Geschichte von Land und Meer
von Katy Simpson Smith

Bewertet mit 2 Sternen

Der Klappentext verspricht Abenteuer – in Wahrheit ist es die melancholische Geschichte zweier trauernder Männer

„Eine Geschichte von Land und Meer“ ist der erste Roman von Katy Simpson Smith. In Deutschland ist es das bislang einzig erschienene Buch der amerikanischen Autorin und wurde 2014 durch den Suhrkamp Verlag veröffentlicht. Die Geschichte spielt vorrangig innerhalb und nach dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Es dreht sich um die Liebe des ehemaligen Soldaten John zu der Plantagentochter Helen. Beide flüchten für ein Jahr auf das Meer, kehren aber mit froher Botschaft zurück. Wird Helens Vater, der harte Geschäftsmann und Sklavenhalter Asa, John endlich akzeptieren?

Zunächst muss ich sagen, dass ich das Buch geschenkt bekam und es demnach nicht auf meiner Wunschliste stand. Das Cover war farbenfroh, der Klappentext klang nach einem dramatischen Historienroman, sehr schön. Das Buch schießt sich grundlegend auf die Thematiken des 18. Jahrhunderts in Amerika ein: Der amerikanische Unabhängigkeitskrieg, Sklaverei, Glaube und Familie. Für mich bislang die erste Geschichte mit diesem Hintergrund. Die 317 Seiten werden in drei zeitliche Abschnitte geteilt. Aber nicht, dass es chronologisch erzählt wird. Nein! Wir fangen in der jüngsten Vergangenheit an, gehen über in die ältere Vergangenheit, um zum Schluss in der Gegenwart zu landen. Ich hatte damit meine Probleme, da die Geschichte nicht mit der versprochenen Liebe zwischen Helen und John beginnt, sondern gleich Preis gibt, was zehn Jahre später passiert. Grundlegend mag ich es nicht besonders, wenn ich schon am Anfang ein Teil vom Ende erfahre. Es nimmt einfach einen Aspekt der Spannung. Nichtsdestotrotz lernen wir in auktorialer Erzählperspektive nach und nach die Hauptprotagonisten kennen. Zu meiner anfänglichen Verwunderung sind das Helens Ehemann John und ihr Vater Asa. Beide hängen gedanklich oft an Helen, aber sie selbst spielt eher eine Nebenrolle, agiert nur im mittleren Teil der Geschichte. Schade, der Klappentext hatte eine falsche Fährte gelegt. Zur dargestellten Zeit passend, gesellt sich Helens Sklavin, und meist auch Freundin, Moll dazu. Mit ihr zeigt sich Gegensatz zwischen den Menschen, deren Leben und Glauben. Im Buch spielt weiterhin der Verlust, und nicht die Liebe, der beiden Männer eine tragende Rolle. Über die Seiten bekam ich immer wieder das Gefühl, dass John und Asa ihre Meinungen wie Unterhosen wechseln. Beispielsweise Asas Gefühle für seine Ehefrau: Mal liebte er alles Materielle mehr, dann war seine Frau alles, was er brauchte. Das kann natürlich durchaus an den Zeitsprüngen innerhalb des Buches liegen. Leider ist mir dadurch keiner der Erwachsenen ans Herz gewachsen. Ihre Ansichten haben mich beinahe erdrückt und mir fehlte die Authentizität. Daher bin ich der Autorin über die Kinder dankbar. Die kleine Tabitha, Johns Tochter, und der Sklavenjungen Davy begeisterten mich mit ihrem unkonventionellen Verhalten in dieser Zeit. Kinder, die die Welt sehen und erleben möchten, sich nicht durch die „Ordnung“ klein kriegen lassen. Hier ein großes Lob an Miss Simpson Smith für die spürbaren Beschreibungen von Wald, der Küste, vom Sumpf, dem Klima und der Tierwelt. Ich bin mit den Kindern gern barfuß durch das kühle Wasser, dem Schilf oder Johns Kaufmannsladen gelaufen. Abschließend muss ich sagen, dass die Umstände des Krieges und der Sklaverei für mich nur in Ansätzen gut und nicht eindringlich genug beschrieben wurden. Der Spannungsbogen hat gefehlt. Man liest vor allem die melancholische Stimmung und eine Zeit der Einsamkeit heraus. Ein offenes Ende lässt auch noch wichtige Fragen offen.

Fazit: Grundlage gut, aber ausbaufähig. Wer sich für Historienromane inklusive einer Familientragödie interessiert, der kann es gern mit „Eine Geschichte von Land und Meer“ versuchen.