Rezension

Wunderbarer Jugendroman

Tschick - Wolfgang Herrndorf

Tschick
von Wolfgang Herrndorf

Bewertet mit 5 Sternen

Als ich vor längerer Zeit von diesem Buch gelesen habe, u.a. dass es auf den Bestseller-Listen stand, war ich bis zu dem Moment, als ich die Taschenbuchausgabe zu Hause hatte, davon ausgegangen, ich hätte einen Erwachsenenroman gekauft. Ich bin über Wolfgang Herrndorf noch mehr aufmerksam geworden als ich im Jahr 2013 von seinem Blog und Freitod gelesen habe (in der Literaturbeilage von DIE ZEIT). Auf seinem letzten Wunsch hin haben seine Freunde Ende 2013 ein Buch über seinen Blog, in dem er über seine Krebserkrankung schrieb, veröffentlichen lassen.

Nun zu diesem Roman, der über Jugendliche handelt, die den Sommer XY zusammenverbringen. Maik Klingenberg geht in die achte Klasse eines Berliner Gymnasiums. Im Laufe des Schuljahres kommt ein neuer Mitschüler mit dem Namen Andrej Tschichatschow - genannt Tschick - in Maiks Klasse. Maik kann ihn anfangs nicht leiden aufgrund seine Art. Die meisten in seiner Klasse können ihn nicht leiden. In Maiks Klasse ist auch Tatjana Cosic, die Maik heimlich "anhimmelt", aber sich geringe Chancen bei ihr ausmalt, weil er sich für einen Langweiler hält. Tatjana hat während der Sommerferien Geburtstag und veranstaltet eine große Party, zu der viele MitschülerInnen und FreundInnen eingeladen sind. Nur Maik, Tschick und noch zwei drei andere aus ihrer Klasse sind nicht eingeladen. Wochen vor den Ferien ist die Party das Gesprächsthema Nummer eins, und Maik hofft bis zum letzten Schultag auf eine Einladung. Er hat sogar ein Geschenk für Tatjana. Dann kommen die Ferien. Maiks Eltern gehen in der Ferien getrennte Wege. Die Mutter fährt in eine Entzugsklinik, und der Vater wird von seiner hübschen Assistentin abgeholt. Maik bleibt mit 200€ und einem Haus mit Swimming-Pool zurück. Kurz darauf steht Tschick in seinem Garten. Maik hat überhaupt keine Lust auf Tschick, sondern will nur seine Ruhe haben. Die entscheidene Wende bringt der Lada, den Tschick mit seinen 14 Jahren fahren kann. Maik und Tschick machen sich nach wenigen Tagen auf eine Reise, die vor allem Maik nicht so schnell vergessen wird.

Wolfgang Herrndorf hat einen Roman geschrieben, in dem eine "alte" und "neue" Jugendsprache wiederzuerkennen ist. Als Leserin der Ü40-LeserInnen lernt man neue Wörter wie endbescheuert, und es folgen noch eine weitere Auswahl mit der Vorsilbe end- in diesem Roman. Dem Autor ist ein sprachwitziger, aber auch melancholischer und nachdenklicher Roman gelungen. Nachdem ich das Buch zu Ende gelesen hatte, kamen bei mir alte Empfindungen zum Vorschein, die ich in dem Alter wie die Protagonisten in diesem Roman hatte. Als Einzelkind im pubertierenden (wenn ich es überhaupt war; mir kam es nicht so vor) Alter - ausgerechnet die Eltern haben zu diesem Zeitpunkt die Ehekrise ihres Lebens - und ich mittendrin im Geschehen. Wenn die großen Ferien kamen, träumte ich ebenso von einer Reise, aber ich wusste nicht wohin. Keine Verwandten im größeren Umkreis von mehr als 100km. Also ließ ich damals von dieser Traumreise ab. Da merkt man wie authentisch Wolfgang Herrndorf einen Jugendroman geschrieben hat, bei dem Brüche von Gefühlen, Ängsten und unvorhersehbare Ereignisse so beschrieben wurden, als ob man selbst dabei gewesen wäre..

Deshalb ist dieser Roman nicht nur ein Roman für Jugendliche, sondern ein Roman für junggebliebene Erwachsene und Erwachsene, die sich für die Jugendliteratur interessieren. Ich würde diesen Roman für den Deutschunterricht weiter empfehlen, weil den Jugendlichen ein Spiegel vorgehalten wird, nicht vorwurfsvoll, aber zum Nachdenken im positiven Sinn anregen.  Ich habe diesen Roman verschlungen, und ist ein Muss für jede Leseratte.