Rezension

Wunderschön und emotional

Nichts ist gut. Ohne dich.
von Lea Coplin

Die Geschichte dreht sich um Jana und Leander. Und um einen Unfall, der im Zentrum von allem zu stehen scheint. Vor sechs Jahren ist Janas Bruder tödlich verunglückt. Am Steuer saß Leander. Der als einziger weiß, was geschehen. Der schweigt. Und aus Janas Leben verschwunden ist. Bis er nach sechs Jahren auf einmal wieder vor ihr steht.

Es geht um die Vergangenheit, die ihre Spuren hinterlässt, in Gegenwart und Zukunft. Es geht um Schuld und um Verlust. Um Familie und Verantwortung. Und ein wenig auch darum, wer wir sind und was wir mit unserem Leben anfangen wollen.

Die Sprache ist angenehm zu lesen: flüssig, weder extravagant noch gewollt jugendsprachlich, die wörtliche Rede authentisch. Erzählt wird in der Ich-Perspektive, abwechselnd aus Janas und Leanders Sicht. Dies gibt beiden gleichermaßen eine Stimme und hält damit die Geschichte in der Waage. Denn vieles zwischen ihnen wird nicht ausgesprochen, wird verschwiegen, nur angedeutet, versteckt. Durch die wechselnde Sichtweisen bekommt erhält man von beiden Seiten einen Blick auf die ungesagten Worte.
Trotz der Innensicht, die durch die Ich-Perspektive gegeben ist, hat Janas Handeln mich teilweise überrascht. Es schien mitunter gegensätzlich und war für mich nicht immer nachvollziehbar. Andererseits: Menschen sind nicht immer logisch, manchmal schwanken wir zwischen zwei Polen, manchmal tun wir das einen und sagen das andere, manchmal wissen wir selber gar nicht was wir wollen.
Teilweise hatte ich auch Mühe, das Bild von ihr, das aus ihren Worten entsteht mit dem Bild, das ihre Handlungen malen, in Deckung zu bringen. Beispielsweise sagt sie an zwei Stellen, dass sie Leander hasst, sonst spürt man aber nichts davon. Vielmehr scheint es das Gegenteil zwischen den beiden zu sein.
Diese Anziehung war mir ein wenig zu plötzlich, ein wenig zu schnell, schließlich war Jana noch ein Kind, als sie sich das letzte Mal gesehen haben, und Leander wie ein großer Bruder für sie.
Trotzdem: die Liebesgeschichte war sehr schön dargestellt, mit all ihren Umwegen. Denn schließlich steht der Umfalls zwischen ihnen. Ein Unfall, der nicht nur das Leben von Janas Bruder beendet hat, sondern auch zwei Familien hat zerbrechen lassen. Und sowohl für Jana als auch für Leander ist der jeweils andere eine beständige Erinnerung an diese einen Tag vor sechs Jahren, und für alles, was er nach sich zog.
Menschen sind nicht immer ehrlich, zwischenmenschliche Beziehungen nicht geradlinig, das wird hier sehr deutlich.
Trotz, oder vielmehr gerade durch diese kleinen Kritikpunkte kommt natürlich die innere Zerrissenheit der Charaktere zum Tragen.
Ein wenig besser als in Jana konnte ich mich in Leander hineinversetzten, dessen Handeln mir nachvollziehbarer erschien.
Die Bilanz aber ist in jedem Falle positiv: zwei (zweifellos interessante) Protagonisten, die wunderbar ergänzt werden durch die Nebencharakteren, individuell und schön ausgearbeitet.

Auch das Ende hat mir sehr gefallen: nicht zu glücklich, nicht zu traurig, sondern gerade ein bisschen hoffnungsvoll.

Und zum Titel: Er ist wunderschön. Und trifft die Geschichte genau.

Alles in allem ein wunderschöner, emotionaler Roman, der trotz kleinerer Kritikpunkte absolut zu empfehlen ist.