Rezension

Zahmes Spin-off

Die magische Pforte der Anderwelt (Pan-Spin-off) - Sandra Regnier

Die magische Pforte der Anderwelt (Pan-Spin-off)
von Sandra Regnier

Bewertet mit 3 Sternen

Erst einmal das Gute: Sandra Regnier kann schreiben… aber hallo! Man hat das Gefühl, sie schüttelt jeden einzelnen Satz mit bewundernswerter Leichtigkeit aus dem Handgelenk. Sie zieht den Leser mit ihrem flüssigen Stil unheimlich schnell in ihre Geschichten hinein. Ich hatte überhaupt kein Problem in „Die magische Pforte der Anderwelt“ zu finden und fühlte mich erzählerisch wunderbar an die Hand genommen.
Außerdem hat die Protagonistin Biss. Sie ist kein schmachtendes Mäuschen, schmilzt nicht bei der ersten Begegnung mit einem gutaussehenden Jungen dahin. Trotzdem hat mich das Buch leider irgendwo zwischen Seite 100 und 200 als Fan verloren und die letzten knapp 150 Seiten habe ich mich nur sehr widerwillig durch die Kapitel gequält und war sogar versucht, die ganze Sache abzubrechen.

Und das lag genau woran? Hauptsächlich daran, dass es so gut wie überhaupt nicht voran ging. Die Geschichte ist nett und schmökerig, aber fürchterlich langatmig. Gefühlt diskutierte Allison die meiste Zeit mit ihren Freundinnen Emma und Camilla über anstehende Parties, die französische Austauschschülerin Valérie und die Absichten von Elf Finn. Mehrfach gab es Momente, da dachte ich: Jetzt! Jetzt passiert was. Und dann entstand tatsächlich auch ein bisschen Spannung oder es traten neue Figuren auf den Plan, aber im nächsten Augenblick verpuffte die schöne Atmosphäre und meine Hoffnungen waren dahin.

Obwohl zu Beginn kleinere Geheimnisse gestreut werden, hatte ich lange Zeit keine Ahnung, wohin die Autorin eigentlich will. Allison öffnet unbeabsichtigt in den unterirdischen Katakomben von Edinburgh eine Pforte zur Elfenwelt, mit der jedoch 1. irgendetwas nicht in Ordnung ist und die 2. gar nicht erst von einem Menschen hätte geöffnet werden dürfen. Eigentlich eine gute Ausgangslage, aber die Hintergründe wurden unter vielen Teeniegesprächen begraben, so dass sich mein Lesegefühl mit einem Spaziergang im dichten Nebel vergleichen lässt. Außerdem habe ich mich die ganze Zeit gefragt, warum die Bürde der Weltrettung maßgeblich auf den Schultern eines zur Wache degradierten Elfenjungen und einer einfachen Schülerin lastet, während sich das Gros der Elfenelite anscheinend bequem zurücklehnt. Rund um die mysteriöse Pforte schien mir viel Chaos und halbherzige Lösungssuche zu herrschen und der bedrohliche Moment wurde zudem nicht effektiv genug herausgestellt. Man hätte soviel mehr aus der Idee machen können.

Mein nächstes Problem: Viel zuviele Verweise auf Filme und Stars! Jeder neu auftauchende Charakter wurde sofort einem bekannten Schauspieler/Sänger zugeordnet - Ed Sheeran, Angelina Jolie, Harry Styles… so spart man sich natürlich Beschreibungen, auf Dauer wirkte dieses Mittel aber reichlich einfallslos. Außerdem schienen mir einige Vergleiche nicht ganz zeitgemäß. Allison möchte beispielsweise sehr gerne ein One Direction Konzert besuchen, aber meines Wissens nach hat sich die Band (erst einmal) getrennt. Möglicherweise hat sich diese Entwicklung zeitlich mit der Entstehungsgeschichte des Buches überschnitten, trotzdem fällt dieser Aspekt negativ auf und spätestens das Lektorat hätte ihn noch einmal überdenken können.

Und wer diese Promis jetzt vor Augen hat, sieht auch gleich die nächste Schwierigkeit: Alle, wirklich alle Protas sehen unfassbar gut, perfekt oder wenigstens total süß aus. Bis auf Allison, die irgendwie meint wie ein Hobbit auszusehen, weil sie eher klein geraten ist - aber auch hier werden Äußerlichkeiten in den Mittelpunkt gerückt. Warum müssen die Charaktere immer so schematisch sein? Mit strahlend blauen oder grünen Augen, glänzenden blonden Haaren, Muskeln, wo man hinsieht. Hach, ein leidiges Thema. Aber ich finde, das könnte man besser lösen und sich ein bisschen mehr vom Schönheitswahn entfernen und weniger dick auftragen, ohne die Figuren gleich grau wie Aschenputtel durch die Gegend laufen zu lassen. Immerhin: Bisher ist kein Liebesdreieck in Sicht!

Die Pan-Trilogie von Sandra Regnier habe ich vor einigen Jahren wirklich sehr gerne gelesen, was ich vom aktuellen Spin-Off leider nicht behaupten kann. Die Geschichte ist sicherlich ein netter Schmöker und hat einige lustige Momente, ist für meinen Geschmack aber zu farblos ausgefallen. Fans der Pan-Reihe, die gerne noch einmal zurück in Sandra Regniers Elfenreich kehren möchten und sich auch ein Wiedersehen mit alten Bekannten wünschen, sollten sich ihre Freude auf „Die magische Pforte der Anderwelt“ aber nicht von mir madig machen lassen, sondern sich einfach selbst auf eine Reise nach Edinburgh begeben und sich eine Meinung bilden. Im Netz kursieren viele gute Bewertungen. Knappe drei Sterne!