Rezension

Zeitloses, gehaltvolles Büchlein über die Probleme einer Familie

Nachsommer - Johan Bargum

Nachsommer
von Johan Bargum

Bewertet mit 5 Sternen

Erstaunlich, wie gehaltvoll solch' ein kleines Büchlein sein kann. Es ist eher eine Novelle als ein Roman, die Geschichte einer Familie, in der so einiges schief läuft. Der Hauptgrund scheint mir auch hier wieder Kommunikationsunfähigkeit zu sein, aber auch die Ungleichbehandlung, die die Mutter den beiden Söhnen angedeihen lässt.

Die Brüder Carl und Olof haben sich lange nicht gesehen; erst am Totenbett der Mutter treffen sie wieder aufeinander. Carl ist beruflich erfolgreich in den USA, hat Frau und zwei Söhne, Olof sagt von sich selbst, dass er nichts auf die Reihe gebracht hat, weder beruflich noch privat. Nach und nach erfahren wir in seinen Erinnerungen, was alles geschehen ist, wie alles gekommen ist. Und dennoch bleibt am Ende einiges offen ...

Die erzählten Erinnerungen verquickt der Autor mit vielen Nachdenklichkeiten, z.B. über die Natur der Dinge eines Verstorbenen, oder dass man die wirklich wichtigen Dinge nicht mitnehmen kann, weil sie immateriell sind, z.B. der Gerüche oder der Schatten der Kiefern am Sommerhaus oder dass man erst im Nachhinein alles analysiert und einordnet.

Das alles erzählt der Autor in einer vordergründig einfach klingenden, aber sehr treffenden, oft poetischen Sprache, wenn er z.B. den Schimmer beschreibt, den er an seiner Geliebten beim Kochen von Eiern beobachtet oder Naturerscheinungen: "Eine schwache Windbö ritzte einen kleinen grauen Fächer in den blanken Meeresspiegel." (70)

Man hat den Eindruck, dass unter dem unmittelbar Erzählten noch eine zweite Schicht von Ungesagtem, Ungeschriebenen steckt und das ist es, was den Reiz beim Lesen dieses Buches ausmacht.

Mir hat es sehr gefallen und wer nachdenkliche Bücher in poetischer Sprache mag, sollte zugreifen.