Rezension

Ziemlich beste Freunde mal anders

Ein ganzes halbes Jahr - Jojo Moyes

Ein ganzes halbes Jahr
von Jojo Moyes

Bewertet mit 2 Sternen

Mittlerweile müsste jeder, der sich für das Buch interessiert, wissen, worum es in der Geschichte geht. Aber hier noch einmal eine kurze Zusammenfassung in wenigen Schritten:

  • -Louisa verliert nach sechs Jahren ihren Job in ihrem geliebten Café
  • - Louisa wird nach ein wenig Hickhack bei den Traynors eingestellt, um den fast komplett gelähmten Will zu babysitten
  • - natürlich verliebt sich Louisa in Will

und das Schicksal nimmt seinen Lauf.

So viel zum Inhalt. Ein ganzes halbes Jahr bringt alles mit, was eine Frau in einem, hm, ich sage mal „Frauenroman“, weil mir der bessere Ausdruck fehlt, lesen will. Lou könnte unsere beste Freundin sein: ein verückter Modegeschmack, nicht wirklich wohlhabend, lebt mir 26 noch zu Hause, hat Angst vor der großen weiten Welt, wird von ihrer kleinen Schwester überschattet.

Nun kommt Will ins Spiel. Er ist mosrig, launisch und zickig, weiß alles besser (weil, hands down, er es wirklich besser weiß), und verabscheut Mitleid. Deswegen hat er auch so viele Pflegehilfen verscheuert. Nun kommt aber Louisa daher, die überhaupt keine Referenzen in dem Bereich hat und null Erfahrung und krempelt Wills Leben um. Das ist ja alles gut und schön und so sollte es auch im echten Leben sein, wenn die Handlung und die Dialoge und die Reaktion der Charaktere alle mitsamt nicht so unheimlich vorhersehbar wäre.

Ich wurde einfach nicht mit den Charakteren warm, mit keinem von ihnen. Alles war aufgesetzt und teilweise so random, dass ich das Buch nicht nur einmal abbrechen wollte. Aber da es mir eine Arbeitskollegin geliehen hat, musste ich wohl den Schein wahren.

Außerdem ist das Buch meiner Meinung viel zu lang. Klar, Will und Louisa erleben viel, aber alles ist so ausführlich und teilweise detailliert beschrieben, dass ich innerlich schon die Seiten gezählt habe, die ich noch brauchte, bis ich das Buch endlich zu Ende gelesen habe. Ich hoffe inständig, dass es nicht verfilmt wird, kann es mir aber kaum vorstellen. Das Buch schreit nach einer Nicholas Sparks-mäßigen Kitschverfilmung.

In manchen Kapiteln wechselt auch der POV. Finde ich vollkommen unpassend. Klar sind die Nebencharaktere auf eine Art wichtig für die Handlung des Buchs, aber dann auch wieder nicht so wichtig, als dass man Einblick in ihre Gedanken haben wollen würde. Louis Schwester Katrina hat mich am meisten genervt. Wie kann man nur so egoistisch und im nächsten Augenblick so nachsichtig und fürsorglich sein, nur um dann wieder im übernächsten Augenblick wieder nur an sich zu denken? Total hirnverbrannt.

Ich finde „Ein ganzes halbes Jahr“ ist eine sehr sehr schwache Version von Ziemlich beste Freunde. Klar ist die Liebesgeschichte tragisch. Klar ist Will in einer Scheißsituation, aber ihn dadurch nicht ernstzunehmen und seine Entscheidungen nicht zu respektieren, dominiert mir diese Thematik doch zu sehr das gesamte Buch. Außerdem kam es für mich nicht wirklich rüber, als wäre Louisa in Will verliebt. Dies kam sehr sehr spät im Buch und fast schon zu spät für die beiden. Von Wills Seite kam meiner Meinung nach überhaupt nichts. Die Autorin mag es so darstellen wollen, aber irgendwie ging dieser Plan nach hinten los und überzeugte mich einfach nicht. Ich werde das Buch garantiert nicht weiterempfehlen und auch keine weiteren Titel von der Dame lesen. Dann doch lieber Schmetterling und Taucherglocke.