Rezension

Zu detailliert und wenig spannend.

Meine geniale Freundin - Elena Ferrante

Meine geniale Freundin
von Elena Ferrante

Bewertet mit 3 Sternen

Ich lese zwar gerne in Reihen und Romane über Freundschaft gehören zu meinen Favoriten, kann mich insg. schon für vieles begeistern, aber hier werde ich nicht so viel Durchhaltevermögen haben und Unmenge an Zeit aufbringen können. Die Sprache ist zwar griffig und aussagekräftig, aber zu viel Narrativ insg. und Unmenge an Details. Ferrantes Kunstfertigkeit hat es nicht geschafft, mich für ihre Geschichte zu entflammen. Keine Ahnung, warum man es lesen soll.

Meine geniale Freundin Band 1 umfasst 406 Seiten reinen Textes. Zuvor gibt es eine 5-Seitige Aufstellung der handelnden Personen nach Familien geordnet. Sehr hilfreich, um durch das Gewirr von ital. Namen der gar nicht mal wenigen handelnden Personen durchzukommen. Prolog: 5 Seiten. Kindheit: 77 Seiten, Frühe Jugend: 318 Seiten.

Der Prolog hat mich fasziniert und viele Fragen aufgeworfen. Warum wollte Lila verschwinden? Wohin? Was wollte sie damit erreichen? Nun hat sie es auch getan und was nun? Da geht es aber nicht weiter. Die Fragen bleiben unbeantwortet. Der gesamte Roman besteht aus Reminiszenzen, beginnend mit früherer Kindheit.

Die Erinnerungen an die Kindheit kamen mir schon recht ausführlich vor und spätestens ab S. 55 tauchte hartnäckig die Frage auf: Und warum muss ich das alles so genau wissen? Da werden voll im Ernst, in allen Einzelheiten die Vorkommnisse in Primärschule vor Augen der Leser ausgebreitet, z.B. wer welche Puppe wohin geschmissen hat und welche Jungs mit Steinen beworfen wurden, dann kommen die Prüfungen der Primärschule, die darauffolgende Mittelstufe, die Prüfungen der Mittelstufe, das Gymnasium, zu dem die Erzählerin dann geht und Lila in Vaters Werkstatt aushelfen muss, etc. Der Detailreichtum wirkte auf mich eher ermüdend, erforderte sehr viel Zeit und Geduld.

Ich habe erwartet, dass es mit den Reminiszenzen mal aufhört und man gefesselt lesen darf, was jetzt auf der Suche nach Lila in der heutigen Zeit passiert oder ähnliches. Leider nicht. Auf die Kindheit folgte die Jugend, ebenfalls in der epischen Breite, mit den Bildern der Armut in Neapel im armen Viertel der Nachkriegszeit, denn die beiden Mädels kommen aus armen Familien, Lila ist Schusters Tochter und Linús Vater ist Pförtner in der Stadtverwaltung. Die Autorin kümmert sich gar nicht darum, den Leser zu fesseln, Sympathie für ihre Protagonistinnen zu erzeugen, ihre Geschichte spannend aufzubauen und entsprechend zu präsentieren. Elena Ferrante ähnelt in der Hinsicht den Leuten, die sich sehr gerne reden hören, in aller Selbstverständlichkeit davon überzeugt, dass ihr pausenloses Geplapper auch freie Ohren findet. Die Art der Stoffdarbietung ist reine Berichterstattung durchwirkt mit einigen Dialogen.

Aus dem ganzen Ungetüm schälen sich irgendwann die Bilder der damaligen Zeit, der Zwei-Klassen-Gesellschaft: hier die Reichen und Schönen, dort die armen Malocher, die sich mal zum Spaziergang auf die besseren Straßen getraut haben, wie auch einige Probleme des Erwachsenwerdens.

Die beiden Mädels sind recht unterschiedlich, was in früherer Jugend noch deutlicher wird, halten aber zusammen, denn Linú, die Erzählerin, die brave Gymnasiastin, ist nach wie vor von Lila und ihrem Charakter fasziniert. Im letzten Drittel wurde es paar Seiten lang spannend, denn Lila hat zwei Verehrer und die beiden wollen sie heiraten. Das Mädel ist gerade fünfzehn, das macht aber nichts. Mit sechzehn wird geheiratet. Der Roman endet am Lilas Hochzeitstag. Es gibt noch weitere drei oder vier Bänder. Vllt im letzten wird die Auflösung für Lilas Verschwinden aus dem Prolog präsentiert.

Ich lese zwar gerne in Reihen und Romane über Freundschaft gehören zu meinen Favoriten, kann mich insg. schon für vieles begeistern, aber hier werde ich nicht so viel Durchhaltevermögen haben und Unmenge an Zeit aufbringen können. Die Sprache ist zwar griffig und aussagekräftig, aber zu viel Narrativ insg. und Unmenge an Details. Ferrantes Kunstfertigkeit hat es nicht geschafft, mich für ihre Geschichte zu entflammen. Keine Ahnung, warum man es lesen soll. Drei Sterne mit viel Wohlwollen.

 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 06. Februar 2018 um 00:11

 Vielen Dank Wedma für die ausführliche Besprechung, ich gucke am Anfang mal in das Buch und stellte es wieder weg. Nun weiß ich, dass das gut war. Möglicherweise funktioniert es als Hörbuch besser.

Naibenak kommentierte am 06. Februar 2018 um 09:11

Hey... so ähnlich ist es mir auch ergangen. Danke für die aussagekräftige Rezi! Kann mich dem Hype um diese Bücher echt nicht anschließen. Ich mochte es zwar zwischenzeitig ganz gern... auf eine gewisse Art, aber umgehauen hat es mich definitiv nicht! Und ja.... viel zu langatmig!