Rezension

zu oberflächlich

Schattwald - Barbara Dribbusch

Schattwald
von Barbara Dribbusch

Bewertet mit 2.5 Sternen

>> Nach dem Abtrocknen riskierte ich einen Blick in den Spiegel. Ich sah aus wie aus der Welt gefallen. (...) Ich war so verhärmt. Wer konnte so jemanden lieben? >>

2014: Die Journalistin Anne wurde kürzlich von ihrem Freund verlassen und versinkt in Selbstmitleid. Da erhält sie die Nachricht, dass ihre Großmutter Charlotte plötzlich gestorben ist, zu der sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Anne nutzt diesen traurigen Anlass für eine kurze Auszeit. Sie reist nach Innsbruck, um den Nachlass der alten Dame zu regeln. Dabei fallen ihr alte Tagebücher von Charlotte in die Hände....  

>> “Die Traurigen müssen ins Eis.” Das hatte Carl immer gesagt. >>

1943: Die junge Charlotte kommt mit dem Tod ihres Zwillingsbruders Robert nicht zurecht. Sie magert ab, trägt seine Sachen und vermisst ihn schmerzlich. Ihre wohlhabende Familie schickt sie nach Österreich in das Sanatorium Schattwald. In der dortigen Gemeinschaft, wird ihr sehr schnell klar, wie wichtig Menschlichkeit in den Zeiten des Krieges ist.

Ich hatte mich unheimlich auf diesen Roman gefreut, da mich das Thema Heilanstalten im Allgemeinen und während des dritten Reiches insbesondere, sehr interessiert. Wahrscheinlich war ich deswegen über die Oberflächlichkeit umso enttäuschter, denn bei dieser Thematik erwartet man Tiefe.

Die Autorin ist Redakteurin bei der taz und hat bereits ein Sachbuch veröffentlicht. “Schattwald” ist ihr erster Roman und das merkt man.

Hat mich der Roman unterhalten? Ja, gar keine Frage und ich will jetzt auch nicht sagen: aber auf Groschenroman-Niveau, aber fast. Der Schreibstil ist - vor allem im Teil der heutigen Zeit - ziemlich hölzern und fast schon ein wenig ungelenk. Auch die Protagonisten sind nicht sonderlich gut ausgearbeitet und so habe ich zu Anne kaum ein Gesicht. Zudem habe ich mich schwer getan Sympathie für sie zu entwickeln. In ihrem Kopf dreht sich alles nur um Anerkennung von Männern (heiss und begehrt zu sein). Immer mit der Autorin-Ausrede, dass sie grad von ihrem Mann verlassen wurde und ihr Selbstbewusstsein im Keller sei. Das hat irgendwann ganz gewaltig genervt. Vor allem, da nicht eine Träne über den Tod der Großmutter geflossen ist. Und auch Charlottes Vergangenheit stand bei ihr nicht wirklich im Fokus, ganz im Gegenteil benimmt sie sich noch sehr überheblich zu deren Nachbarinnen und Freundinnen. Ich empfand sie als sehr egozentrisch und unsympathisch. Am Liebsten hätte ich ihre holprigen Passagen übersprungen.

Charlottes Geschichte konnte mich da schon mehr begeistern, obwohl sie ziemlich vorhersehbar ist und leider nur an der Oberfläche kratzt. Dennoch war der Schreibstil besser und man konnte merken, dass sich die Autorin intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt hat - nur konnte sie es nicht umsetzen.
 
Bisweilen kam bei mir das Gefühl auf, die Autorin wusste zwar wo sie hinwollte, hatte aber keine Ahnung, wie sie das anstellen sollte und kam dann auf sehr konstruierte Ideen. Und da wären wir wieder bei den Feinheiten im Schreibstil und Kniffen beim Geschichten erzählen. Beides noch ausbaufähig.     

Im Endeffekt versprechen Cover und Klappentext mehr als das Buch letztendlich halten kann. Schade, aber das wird mir nicht lang in Erinnerung bleiben.