Rezension

Zu viel Kitsch, zu viel Schmalz

Frau Einstein - Marie Benedict

Frau Einstein
von Marie Benedict

Bewertet mit 3 Sternen

Bücher über die Frauen berühmter Männer sind gerade angesagt. Ich meide sie eigentlich, weil sie oft nur Schmachtfetzen sind, die durch den realen Hintergrund Seriosität versprechen, es dann aber nicht einlösen. 
Bei diesem Buch dachte ich eigentlich, dass Mileva Marić als eigenständige Wissenschaftlerin ausreichend Gewicht hat, ein spannendes Buch zu tragen und grundsätzlich hat sie das auch. Sie war eine außergewöhnliche Frau, ihre Geschichte ist erzählenswert. Leider macht Marie Benedict doch ein Rührstück daraus.

Zunächst liest es sich nett. Es ist kurz vor der Jahrhundertwende. Die junge Mileva ist klug, zu klug für eine Frau und beginnt in Zürich Mathematik und Physik zu studieren, weil das zu Hause in Serbien für Frauen nicht möglich ist. Dort lernt sie Albert Einstein kennen und lieben und mit diesem Moment wird die Geschichte gar zu herzig.

"Ich würde ihren kleinen ernsten Mund gerne noch öfter zum Lächeln bringen." sagt zum Beispiel der Herr Einstein. Das ist süß und hat den Charme von Försters Pucki, nichts gegen Pucki, aber hier fließt plötzlich das Schmalz in Strömen. Sie haben zahlreiche Kosenamen füreinander, das ist nett. Wenn aber nahezu jeder Satz damit verziert wird, bekommt das Ganze eine komische Note. -Möchtest du noch Kaffee, Jonkerl? Ja, gerne, mein Daxerl.- Hier wird das Lesen nahezu unerträglich, man beginnt zügig weiterzublättern und verpasst dabei nichts.

Die Liebesgeschichte zwischen den beiden nimmt etwa zwei Drittel des Buches ein. Ja, es ist nicht einfach, ist er doch Jude und sie Serbin. Die Familien sperren sich, einen Job hat er auch noch nicht, dabei ist sie schon schwanger. Skandalös. Skandale sind nicht förderlich, wenn man versucht beruflich Fuß zu fassen. Man hat es längst verstanden, aber die Autorin walzt es aus.

Wirklich interessant wird es eigentlich erst später. Wie viel Anteil hat Mileva an Alberts Relativitätstheorie? Hat ein kluger Egomane eine geniale Frau über den Tisch gezogen? Diese Ansicht kann man wohl tatsächlich vertreten, wie man schon nach gemäßigtem Gegoogel feststellt. 
In diesem Buch ist Einstein ein Monster und Mileva sein Opfer. Mag sein, dass es so war, aber nach den vorangestellten Schmalz-Exzessen hält man diese Sicht für maßlos übertrieben. 
Das eigentlich Tragische an der Lebensgeschichte der Mileva Marić wird hier im Schnelldurchlauf und in plattester Schwarz-Weiß-Optik abgehandelt. Die Autorin unternimmt noch nicht einmal den Versuch, die Person Albert Einsteins zu erfassen. Bestimmt war er kein einfacher Mensch, aber irgendwelche Qualitäten wird er schon gehabt haben. 

Man muss dem Buch zugute halten, dass es einem Mileva Einstein-Marić tatsächlich nahe bringt, allerdings in einer Art und Weise, die man mögen muss. Für mich war es zu viel Kitsch, zu viel Schmalz und zu viel leidvolle Liebesgeschichte. Daraus hätte man mehr machen müssen.