Rezension

Zug um Zug

Der Reisende - Ulrich Alexander Boschwitz

Der Reisende
von Ulrich Alexander Boschwitz

Bewertet mit 4 Sternen

Otto Silbermann führt ein gutbürgerliches Leben, wohnt mit seiner Frau in einer feudalen Wohnung, ist ein erfolgreicher Kaufmann. Doch nach der Reichsprogromnacht ändert sich für ihn endgültig alles, gerade noch rechtzeitig kann er aus der Wohnung fliehen bevor er von Nazischergen verhaftet wird. Seine Flucht führt ihn zum Bahnhof und von dort aus überall hin.

Schon die Geschichte des Autors, die hinter diesem Roman steht, wäre eigentlich ein eigenes Buch wert gewesen. Man merkt dem Reisenden die persönlichen Erfahrungen des Autors immer wieder an, die Angst, die Ohnmacht, aber auch die Wut und Verzweiflung. Silbermann steckt voller Gefühle, auch wenn er die unauffällige Fassade sehr gut aufrechterhalten kann. Er ist keine durchweg sympathische Figur, was ihn wiederum umso authentischer macht. Seine Irrfahrt durch Deutschland wirkt auf den Leser zunehmend beklemmend, immer wieder lässt der Autor kleine Szenen entstehen, die für uns heute absolut erschreckend, aber leider sehr real gewesen sind. Boschwitz wollte sein Manuskript ursprünglich überarbeiten, dies gelang ihm jedoch nicht mehr. Peter Graf hat hier in meinen Augen sehr gute Arbeit geleistet und diesem sehr mutigen und sehr wichtigen Buch zu neuem Leben verholfen.