Rezension

Zurück ins Nimmernie wider Willen – oder auch ein erfreuliches Wiedersehen

Plötzlich Prinz 01 - Das Erbe der Feen - Julie Kagawa

Plötzlich Prinz 01 - Das Erbe der Feen
von Julie Kagawa

Ethan Chase versucht jeden Ärger zu vermeiden. Doch das ist kaum möglich, denn seit jeher kann er Feen sehen. Als Kind von ihnen entführt, hasst er das Schöne Volk seitdem, auch, weil es ihm seine Schwester Meghan genommen hat, die nun als Königin über die Eisernen Feen herrscht. Die Feen bringen ihn immer wieder in Schwierigkeiten, die er vor anderen nicht erklären kann. Wie zum Beispiel den Brand der Schulbibliothek, wegen der er von der Schule verwiesen wurde. Seitdem hat er es sich angewöhnt, nicht nur die Feen bestmöglich zu ignorieren, sondern auch sonst niemanden an sich heranzulassen, damit sie nicht in das Visier des Schönen Volkes geraten und verletzt werden. Doch nicht jeder lässt sich von Ethans abweisender Art abschrecken. Das Halbblut Todd zieht Ethan an seinem ersten Tag an seiner neuen Schule geradewegs in neue Schwierigkeiten, nicht nur mit dem Quarterback der Schule, sondern auch mit mysteriösen Feen, die Todd verfolgen und die Ethan noch nie in seinem Leben gesehen hat. Eigentlich will er damit nichts zu tun haben – und macht die Sache doch zu seiner Angelegenheit, als Todd auf einmal spurlos verschwunden ist und die Feen erneut drohen, jemanden zu verletzen, den er liebt.

An diesem Wochenende war unsere Gruppe für eine Vorführung bei einem Kampfsportturnier gebucht, und ich würde daran teilnehmen. Zumindest, wenn ich es schaffte, mir bis dahin keinen Ärger einzuhandeln. Was bei mir schwieriger war, als es sich anhörte.
- Das Erbe der Feen, S. 15

Als Fan der Plötzlich Fee-Reihe war es für mich klar, auch zu der Spinn-Off-Reihe zu greifen, auch wenn es nach den ersten beiden Bänden von Meghans Geschichte doch ein wenig bergab ging, weil Julie Kagawa ihren Protagonisten einfach immer wieder Hindernisse in den Weg gelegt hat, die irgendwann einfach nur noch willkürlich schienen, um die Geschichte in die Länge zu ziehen. Und doch war es unmöglich, den Charakteren, die einem im Laufe der Geschichte so ans Herz gewachsen waren, den Rücken zu kehren. In Das Erbe der Feen begegnen uns einige alte bekannte Gesichter, die ich wirklich vermisst habe, aber auch neue interessante Protagonisten – allen voran Ethan, der nicht mehr so klein und unschuldig ist wie in den Plötzlich Fee-Bänden. Allgemeinhin an seiner alten und neuen Schule als Troublemaker bekannt, versteckt er sich hinter diesem Image, das ihm die Feen mitsamt allem Ärger eingebrockt haben, und gibt sich abweisend und unnahbar, um jeden von sich fernzuhalten, denn die Feen lassen ihn auch nach seiner Entführung nicht in Ruhe. Die Erlebnisse mit dem Schönen Volk, das Ethan zudem als verantwortlich dafür sieht, dass seine Schwester Meghan die Familie verlassen hat, haben ihn ernst, ja ein wenig verbittert werden lassen.

Dann tritt Kenzie, eines der beliebtesten Mädchen auf seiner neuen Schule, in sein Leben und will ihn unbedingt zu einem Interview überreden, was sie kurzerhand in ein Abenteuer mit ihm befördert, und mit ihrer aufgedrehten, unnachgiebigen Art schafft sie es, Ethans Schutzwall ein Stück weit einzureißen, auch wenn er die ernste Fassade nie ganz aufgibt, was es ein wenig schwer machte, eine wirkliche Bindung zu ihm aufzubauen. Dafür habe ich mein Herz ein Stück weit an Keirran verloren – wer die Plötzlich Fee-Reihe kennt, wird darin Meghans und Ashs Sohn erkennen. Lustigerweise eine Mischung aus Ash und Puck, ist er spitzbübisch, frech, charmant und hat ein Ego, so groß wie das seines Vaters, aber auch ein genauso großes Herz. Und bedenkt man die Prophezeiung, die Meghan erhalten hat, als sie erfuhr, dass sie schwanger ist, kann man auch in den zukünftigen Bänden noch einige große Auftritte von ihm erwarten.
 

Scheiß drauf. Weißt du, was wirklich komisch ist? Einen Neffen zu haben, der in deinem Alter ist. Dass deine Schwester ein Kind hat und ihrer Familie nichts davon sagt. Der Onkel einer verdammten Halb-Fee zu sein! Komisch? Nein, das ist alles so schräg, da ist nichts Komisches mehr dran.
- Das Erbe der Feen, S. 301

Was Meghan verhindern wollte, indem sie Ethan nichts von seinem Neffen erzählte, ist unweigerlich eingetreten – die beiden haben sich trotz allem kennengelernt, als Ethan gezwungenermaßen ins Nimmernie zurückkehrt, um Meghan zu warnen. Mit dem Schatten der Prophezeiung, der über ihnen schwebt, ohne dass sie davon wissen, entwickeln sich Onkel und Neffe – augenscheinlich gleich alt – zu einem Gespann, das sich zwar nicht ganz mit Ash und Puck messen, aber den Leser ebenfalls für sich einnehmen kann.

Julie Kagawa wirft uns direkt in ein neues Abenteuer mit den vielseitigen, sympathischen Helden und ihr Einfallsreichtum, was Plots angeht, kennt wirklich keine Grenzen. Neue Feinde treten auf den Plan, die nicht nur das Nimmernie, sondern auch die Feenwesen in der Menschenwelt bedrohen und über allem hängt immer noch die Bedrohung durch die Prophezeiung über Keirran, von der bisher niemand etwas ahnt. Kagawa versteht es, Spannung aufzubauen, den Leser mit ihren Worten direkt wieder ins Nimmernie beziehungsweise die Welt der Feen zu ziehen und auch wenn sich unser neues Dreiergespann nicht mit Meghan, Ash und Puck und Ethans Geschichte sich nicht ganz mit der Plötzlich Fee-Reihe messen kann, war die erneute Reise ins Nimmernie doch schön und hielt ein erfreuliches Wiedersehen bereit.