Rezension

Zwar nicht hochspannend, aber ungemein atmosphärisch

... und morgen werde ich dich vermissen - Heine Bakkeid

... und morgen werde ich dich vermissen
von Heine Bakkeid

Bewertet mit 4 Sternen

Thorkild Aske ist ein ehemaliger Verhörspezialist der norwegischen Polizei. Früher war er in seinem Beruf angesehen und bei internen Ermittlungen gefragt. Doch dann hat ihn etwas vollkommen aus der Bahn geworfen, was sogar dazu führte, dass Thorkild ins Gefängnis musste. Nun hat er seine Strafe abgesessen. Doch bei der Entlassung steht er ohne Perspektive da. Als er das Angebot erhält, als Gefälligkeit für einen Bekannten nach einem jungen Mann zu suchen, der auf einer Insel im Meer spurlos verschwunden ist, würde Thorkild das am liebsten ausschlagen. Doch sein Psychologe Ulf rät ihm dringend dazu und kann ihn schließlich überreden, sodass Thorkild sich in den hohen Norden Norwegens aufmacht und mit der Suche beginnt. Auf der Insel stellt Thorkild fest, dass an dem Verschwinden des jungen Mannes irgendwas merkwürdig ist und als dann noch eine Leiche angeschwemmt wird, die aber nicht die des Mannes ist, beginnt Thorkild sich in den Fall zu verbeißen. Er ahnt allerdings nicht, was für Folgen das für ihn haben wird......

Dieser skandinavische Thriller wird in der Ich-Form, aus der Sicht des Hauptprotagonisten Thorkild, erzählt. Dadurch taucht man ganz in seine Gedanken- und Gefühlswelt ein. Das ist am Anfang allerdings nicht gerade leicht, da Thorkild durch ein Ereignis in der Vergangenheit völlig aus der Bahn geworfen wurde und nun ein körperliches und seelisches Wrack ist. Er ist depressiv und versucht sich mit Tabletten durch den Tag zu schleppen. Da man erst nach und nach erfährt, was sich damals zugetragen hat, beobachtet man in anfangs deshalb eher distanziert. Durch die gewählte Erzählform ist die Gesamtübersicht über die Handlung auch etwas eingeschränkt, denn man erfährt nicht alles und kann sich bei Thorkilds Zustand auch nicht immer sicher sein, dass er alles richtig wahrnimmt.

Dennoch übt die Story von Anfang an einen großen Reiz aus. Der Schreibstil ist flüssig und sehr angenehm lesbar. Außerdem gelingt es Heine Bakkeid hervorragend, die norwegische Hintergrundkulisse zum Leben zu erwecken. Die Atmosphäre ist düster und stellenweise sogar beklemmend, was sehr gut zum Hauptprotagonisten und auch zur rauen norwegischen Küste, mit dem dunklen Meer und seinen Stürmen, passt. Man kann sich ganz auf die beschriebene Kulisse einlassen und hat beim Lesen beinahe das Gefühl, den rauen Wind und die kalte, durchdringende Nässe zu spüren. Da man dabei ja noch in der Haut eines Protagonisten steckt, der von Angstzuständen, Depressionen, Schuldgefühlen und Selbstmordgedanken geplagt wird, steht einem düsteren Leseabenteuer nichts im Wege. 

Obwohl die düstere Grundstimmung dafür sorgt, dass man unwillkürlich in den Sog der Geschichte gerissen wird, bleibt die Spannung leider etwas auf der Strecke. Denn die eigentliche Suche nach dem verschwundenen jungen Mann nimmt nur wenig Raum ein. Es gibt leider auch einige Längen, sodass man das Gefühl hat, dass man ein wenig auf der Stelle tritt. Das ändert sich zum Ende hin aber komplett, da das große Finale einiges zu bieten hat.  Man braucht auch nicht zu befürchten, dass man beim Lesen selbst depressiv wird, denn der Autor versteht es sehr gut, die ein oder andere humorvolle Szene in die Handlung zu flechten, sodass man spontan lächeln muss. 

Ich habe mich beim Lesen im Großen und Ganzen sehr gut unterhalten. Auf mich wirkte die Atmosphäre, die der Autor hier erschaffen hat, einfach großartig. Ich konnte mich deshalb ganz auf dieses eher düstere und beklemmende Leseabenteuer einlassen und wurde am Ende noch mit einer Wendung überrascht, die ich nicht erwartet hatte. Deshalb bekommt das Buch auf meiner persönlichen Bewertungsskala auch vier von fünf möglichen Sternen. Das eine ziehe ich ab, da es auch einige Längen gab und ich mir eigentlich etwas mehr Spannung erhofft hatte. Dennoch freue ich mich bereits jetzt auf die Fortsetzung und werde dem etwas gewöhnungsbedürftigen Hauptprotagonisten die Treue halten.