Rezension

Zwei Halbwüchsige, eine Richard Clayderman-Kassette und ein gestohlener Lada auf großer Tour

Tschick - Wolfgang Herrndorf

Tschick
von Wolfgang Herrndorf

"Im Grunde war Auto fahren viel einfacher als Kurven fahren und bremsen und schalten und beschleunigen."

Zum Inhalt: Maik Klingenberg ist 14 Jahre alt und besucht die 8. Klasse des Hagecius-Gymnasiums in Berlin. In den Augen seiner Mitschüler und auch seiner eigenen Meinung nach ist er der größte Langweiler und der größte Feigling, den man sich vorstellen kann. Das war nicht immer so – bevor er diesen ehrenwerten Ruf hatte, war er, der Sohn einer Alkoholikerin, in seiner Klasse als "Psycho" bekannt, nachdem er in einem Aufsatz sein Familienleben beschrieb.

Die Sommerferien beginnen, nachdem Tatjana, der Klassenschwarm und auch Maiks geheime, aber große Liebe, die gesamte Jahrgangsstufe, aber nicht ihn, zu ihrer Geburtstagsparty eingeladen hat.

Während seine Mutter mal wieder einige Wochen in der Entzugsklinik verbringt und sein Vater sich zusammen mit seiner Assistentin zu einem  Geschäftstermin verabschiedet, findet Maik sich plötzlich allein zu Haus wieder, begleitet nur von der Aussicht auf sechs Wochen einsame Sommerferien. Als dann plötzlich Tschick, sein russischer Klassenkamerad, der nicht nur irgendwie anders sondern genauso ein Außenseiter ist wie Maik, vor seiner Tür steht und ihn dazu einlädt, mit ihm und einem gestohlenen Lada in den Urlaub zu fahren, ist es für Maik Zeit, einmal kein Feigling zu sein.

Und so starten die beiden Jungen ihre Reise mit dem vagen Ziel Walachei, um dort Tschicks Verwandte zu besuchen. Zum steten Klang von Richard Clayderman, dem Soundtrack ihrer Reise, erleben die beiden Jungen die wohl aufregendsten Ferien, die sie bisher erlebt haben.

Eigene Meinung:  Am besten  hat mir an Wolfgang Herrndorfs Roman die humoristische Erzählweise gefallen. Sehr dazu beigetragen hat die zum Teil recht derbe Sprache, die er den beiden Jugendlichen in den Mund legt. Diese hat die beiden Protagonisten für mich sehr glaubwürdig und greifbar gemacht und hat an keiner Stelle überzogen oder gewollt gewirkt. Meiner Meinung nach ist es dem Autor wunderbar gelungen, sich in die beiden Vierzehnjährigen auf ihrem großen Roadtrip hineinzuversetzen. Auch die Veränderung in ihrer Beziehung zueinander, vom leichen Unbehagen, das Maik anfangs in Tschicks Nähe, der so anders, rauh und auch ein bisschen asi ist, verspürt, bis hin zur anfangs zart keimenden und schließlich tiefen Freundschaft, ist gut beschrieben. Gemeinsame Reisen schweißen schließlich zusammen, und gemeinsames Leid und gemeinsame Freuden noch viel mehr!

Die Geschichte selbst hat mich allerdings nicht ganz überzeugt. Zwar lässt sie sich gut und flüssig lesen, ist aber insgesamt ohne große Überraschungen und  an vielen Stellen habe ich das Gefühl gehabt, dass doch da noch ein "bisschen mehr" kommen müsste. Auch dem meiner Meinung nach etwas bizarren Ende konnte ich nicht wirklich viel abgewinnen, zumal es mich mit der Frage "und was jetzt?" zurück gelassen hat.

Aufgrund des prägnanten und flüssigen Schreibstils und der humorvollen Darstellung der beiden Hauptcharaktere vergebe ich an Wolfgang Herrndorfs Geschichte über die Freundschaft aber dennoch insgesamt dreieinhalb Sterne!