Rezension

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Zwiegespalten

Die Erleuchtete - Das Dunkel der Seele - Aimee Agresti

Die Erleuchtete - Das Dunkel der Seele
von Aimee Agresti

Ein altes Luxushotel, ein dunkler Pakt und eine fast unlösbare Aufgabe für die junge Haven Terry Sie weiß nicht, woher sie kommt oder wer ihre Eltern sind, denn sie wurde einst ohne Erinnerungen am Straßenrand gefunden. Doch nun führt Haven ein behütetes Teenager-Leben, bis sie ein Praktikum im besten Hotel Chicagos antritt. Haven ist tief beeindruckt von der glamourösen Chefin Aurelia und deren atemberaubendem Assistent Lucian. Sie genießt die luxuriöse Atmosphäre ebenso wie Lucians zunehmende Aufmerksamkeiten. Bis sie merkt, dass sich hinter Aurelias schönem Äußeren eine finstere Seele verbirgt und dass ihre Chefin einen grausamen Plan verfolgt. Doch zum Glück steckt auch in Haven mehr, als ihre Widersacherin ahnt ...

Rezension von: http://lesekatzen.blogspot.de

 

Meine Meinung:
Mich für »Die Erleuchtete« zu entscheiden, war wiedermal eine absolute Cover-Entscheidung. Ich hatte es gesehen und war verliebt. Danach durfte ich feststellen, dass es wieder eine Reihe ist, weshalb ich vielleicht gut daran tat, erst mit Band eins zu beginnen.
Das Cover ist in Natura natürlich ebenfalls bezaubernd und die Qualität spricht für sich. Alles wunderbar, somit konnte der Lesespaß ja schon losgehen.
Haven Terra ist also das Mädchen, um das sich hier alles dreht. Ein kleines Findelkind, das durch merkwürdige Narben an Brust und Rücken »entstellt« ist. Aber gleichzeitig ist sie ein wahrer Schatz, auch für ihre Ziehmutter, die sich rührend um das Mädchen kümmert. Haven beginnt ein Praktikum im Lexington Hotel. Ein tolles Teil mit lauter perfekten Menschen um sich.
Dabei ist sie nicht wirklich alleine, denn ihr zur Seite stellen sich noch Dante, ihr homosexuell orientierter Freund, und ein wahrer Held am Herd (und auch beim Styling) und Lance, das kleine, große Genie, der etwas unbeholfen daher tapst. Alles in allem ergänzen sich die drei wunderbar.

Nach den ersten 100 Seiten war ich allerdings leicht enttäuscht. Es zog sich etwas, war vollgepackt mit unzähligen Details, mit Teeniealltag (gut, muss ich bei einem Buch für Teenager wohl auch erwarten), und wollte einfach nicht so recht in die Hufe kommen. Vieles wirkte inszeniert und aufgesetzt und ab und an ertappte ich mich dabei, am liebsten einfach ein paar Seiten weiter zu blättern. Aber ich hielt es durch.
Als nach weiteren 100 Seiten aber noch immer nicht so richtig die eigentliche Spannung und Handlung losgehen wollte, fing der kleine Frust in mir zu rebellieren an. Aber ich blieb dran.
Wirklich nennenswerten Schwung kam dann ab Seite 300 auf. Aber da war ich gefesselt, ab da war ich endlich in der Geschichte und ich glaube auch, ab da hat die Autorin selbst den Dreh bekommen und mehr Spaß am schreiben gehabt.
Ohne Frage, es offenbarte sich mir schon zeitig einige kleine »Geheimnisse«, die erst noch gelüftet werden wollten, aber das brachte dann dem Lesespaß keinen Abbruch mehr. Denn nun konnte ich mitfiebern und mitleiden und ebenso staunen.
Ein wenig verwundert war ich, dass niemand des Syndikats wirklich diese Luke in Havens Zimmer entdeckt haben will. Das klang mir dann doch etwas zu … naja.
Auch büßte die ganze Geschichte etwas an Glaubwürdigkeit, als dann endlich eine Lösung zur Vernichtung gefunden wurde, die so einfach und so naheliegend war. Und dann ist die Durchführung natürlich wieder an dutzende kleine Gegebenheiten gebunden.
Quasi, um das Syndikat zu killen, musst du nur … aber vergiss nicht, dabei musst du ein Volkslied rückwärts singen und einen einhändigen Handstand machen, während die Beine in der Luft Stepptanz vollführen.
Ihr seht, völlig überspitzt dargestellt, aber letztlich ist genau das die Kernaussage. Das war mir persönlich also tatsächlich ein wenig zu viel des Guten.
Ebenfalls sehr überraschend war Lucians Wandlung. Ihn mochte ich nicht. Weder am Anfang, noch mittendrin, geschweige denn am Ende. Er ist einer der Typen, die einem einfach nicht guttun und lässt man sich dennoch auf sie ein, haben sie so was leidendes an sich, das auf Dauer ernsthaft nerven würde. Wenngleich er natürlich absolut wichtig ist.

Zurück zu Lance und Dante. Achtung ich Spoiler hier nun wild um mich:
Wunderbar, dass Lance auch ein Engel ist. Ganz ohne Frage, das hatte ich eigentlich schon erwartet, nachdem er ja so an seiner Narbe am Auge rumgenörgelt hatte. Das musste so kommen. Aber weshalb Dante? Dante an sich ist schon etwas Besonderes. Der Umgang mit ihm als schwuler Freund ist einfach herzerfrischend, wenngleich auch ziemlich klischeebehaftet (davon gibt es generell einiges in diesem Buch), dennoch ist Dante einfach toll – ein wahrer Sympathieträger. Aber, ja, wieso musste auch er plötzlich diese Narben haben und so durch zu einem Engel erhoben werden. Und warum will Haven davon nie etwas mitbekommen haben? Ich meine ... Auch wenn sie andauernd darauf erpicht ist, ihre Narben zu verbergen, haben diese dennoch schon einige Leute gesehen. Wieso sollten ihr dann bis zum Schluss die Narben ihres besten Freundes verborgen geblieben sein – das geht doch gar nicht. Seufz.

Fazit:
Ich weiß, dass sich Geschichten entwickeln und entfalten müssen, doch das hat dieses Buch, gerade am Anfang, ziemlich strapaziert. Die ersten 300 Seiten hätten geschickt auf ~100 Seiten runter gekürzt werden können, wichtige Details, hätten auch so einen Platz in der Geschichte gefunden und das ganze Buch wäre von Beginn an etwas rasanter eingestiegen.
Manchmal, so muss ich ehrlich sagen, ist weniger auch mehr: weniger Klischees, weniger Sensationen und weniger Aufgaben beim Thema »Wie vernichte ich die Armee des Teufels«.
Lasse ich das alles aber einfach mal außer acht, dann hat die Story Potenzial, auch wenn sie mich nicht gänzlich vom Hocker hauen konnte.
Ob ich weiterlesen möchte? Ich weiß es ganz ehrlich noch nicht. Part 1 hat für mich ein zufriedenstellendes Ende gefunden, aber rein vom Umfang her, habe ich wahnsinnige Angst vor dem zweiten Band, ich weiß nicht, ob ich mich abermals durch dermaßen viele Details quälen will.
Für Teenager, die gerne von allem ein bisschen was haben, ist diese Geschichte sicher besser geeignet.