Rezension

Zwischen Dorfsatire und Alpenkitsch

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam - Vea Kaiser

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam
von Vea Kaiser

Bewertet mit 3 Sternen

In dem kleinen österreichischen Dörfchen St. Peter am Anger – hoch oben in den Alpen – läuft alles ein bisschen anders als im Rest der Welt: Hier hat noch alles eine Kontinuität. Die Kinder übernehmen irgendwann den Familienbetrieb der Eltern, Tradition ist immens wichtig und die große weite Welt muss man gar nicht kennenlernen. „Hochgschissene“ braucht es im Dorf nicht. Johannes Gerlitzen widersetzt sich diesem Naturgesetz: Ein Bandwurm führt dazu, dass er sich für Würmer im Speziellen und die Wissenschaft im Allgemeinen zu interessieren beginnt. Eines Tages verlässt er sein Dorf, um in der Stadt ein Doktor zu werden. Das ist im Jahr 1960. Beinahe zehn Jahre später kehrt er in seine Heimat zurück. Als Johannes Großvater wird, nimmt er seinen Enkel unter die Fittiche, um auch aus ihm einen Wissenschaftler zu machen. Und in der Tat: auch den kleinen Johannes drängt es zu mehr als das, was sein Dorf zu bieten hat.

Zunächst einmal: Vea Kaiser hat in ihrem Debütroman bewiesen, dass sie erzählen kann. Sie schreibt sehr flüssig und geschliffen, stellenweise mit viel Sprachwitz. Man gleitet beim Lesen geradezu über die Geschichte hinweg. Allerdings kommt es aber nicht nur darauf an, wie man erzählt, sondern vor allem auch was man erzählt und da liegt der große Knackpunkt. Anfänglich ist der Roman tatsächlich eine ganz nette Satire auf das Dorfleben und Kaiser nimmt mit einem Augenzwinkern die Eigenheiten der Dorfbewohner, deren Angst vor Neuem und die dörfliche Engstirnigkeit aufs Korn. Gerade wenn man selbst auf dem Land aufgewachsen ist, kommt einem einiges doch bekannt vor und lässt einen schmunzeln. Doch irgendwann lässt die Geschichte sehr nach, sie plätschert episodenweise vor sich hin, hat keine Höhen, keine Tiefen. Vor allem ab dem Teil, wenn der junge Johannes im Mittelpunkt steht, wird das Ganze zu einer seltsamen Mischung aus kitschiger Alpensaga und Pennälerroman. Die ständigen Stadt- / Land-Stereotypen und Dorf-Klischees beginnen zu nerven und das geschmierte Ende des Romans will so gar nicht mehr zum Anfang passen. Ein netter Roman, so richtige überzeugt hat er mich aber nicht.