Rezension

Zwischen Frust und viel Gefühl

Mitfahrer gesucht - Traummann gefunden - Kyra Groh

Mitfahrer gesucht - Traummann gefunden
von Kyra Groh

Bewertet mit 3 Sternen

Der Klappentext ließ es noch nicht ganz so erahnen, aber bei „Mitfahrer gesucht – Traummann gefunden“ steht eine Dreiecksgeschichte mitsamt Fremdgehen im Fokus. Dazu muss man sagen, dass ich diese Thematik abgrundtief hasse. Ich selbst habe eine sehr strikte Position zu diesem Thema, daher werde ich regelrecht gefrustet, wie dieses Thema in mancher Literatur ausgeschlachtet wird. Ja, es bereitet mir fast körperliche Schmerzen. Somit waren die Voraussetzungen für diese Liebesgeschichte nun wahrlich nicht die Besten, aber dennoch hat Kyra Groh mit ihrem Geschriebenen nicht nur Frust bei mir ausgelöst.

Eine gute Voraussetzung war ganz klar, dass ich mich mit Romy ungeheuer schnell identifizieren konnte. Aber nicht nur, weil sie sehr authentisch und nachvollziehbar gezeichnet ist, sondern auch, weil ich mich in so vielen Aspekten in ihr wiedererkannt habe. Auch ich liebe Pläne, bin eher nüchtern-rational, selten spontan und auch ich tendiere schon mal dazu das Leben anderer Menschen zu bestimmen, wenn sie es zulassen. Das Leseerlebnis war daher oft wie in einen Spiegel gucken oder eben das Lesen meiner Gedanken. Der zweite echt gute Aspekt ist der Schreibstil und vor allem der erstklassige und sprachspielerische Humor. Der Stil ist sehr flüssig, schnell und leicht zu lesen und die vielen lustigen Passagen, auch zum Teil mit staubtrockenem Humor versehen, die sind richtig gut gelungen. Mit dem Fortgang der Geschichte geht das Locker-Leichte leider etwas verloren (klar der Thematik geschuldet), aber alleine die Ballung in der ersten Hälfte der Geschichte war es dicke wert!

Angesichts der Erzählweise war ich zunächst etwas skeptisch. Zwei Prologe, huch? Und dann eben das Hin und Her-Springen zwischen Gegenwart und Vergangenheit. So ganz hat sich mir der Sinn nicht ganz erklärt. Bei Krimis/Thrillern steigert das die Spannung, aber darauf war diese Geschichte ja gar nicht aus, in meinen Augen war es letztlich einfach ein spielerisches Gimmick.

Kommen wir nun zum Hauptteil dieser Geschichte, dem Fremdgehen. Dieses leidige Thema wird alleine dadurch schon abgeschwächt, weil Flo echt ein Idiot ist. Mit dem ersten Auftauchen von ihm, ist klar, der hat überhaupt keine Chance. Wäre Flo ein unheimlich lieber Kerl, aufmerksam, lustig, selbstständig etc. gewesen, hätte ich das Buch vielleicht sogar abbrechen müssen. Aber so war ja immer klar, nein Flo ist es eh nicht, Leon darf es gerne werden. Leon ist wirklich die deutlich bessere Alternative, weil er im Leben steht und trotzdem sich jugendlichen Witz, Selbstbewusstsein und soziale Gewandtheit beibehalten bzw. erlangt hat. Trotzdem leidet seine Persönlichkeit und natürlich auch die von Romy eben unter dieser Fremdgeh-Geschichte. Denn egal wie blöd Flo für Romy ist, Fremdgehen verdient niemand. Wie Fremdgehen insgesamt in diesem Buch dargestellt wurde hat mich sehr, sehr oft gefrustet. Mal war ich sauer auf Romy, dann wieder auf Leon und daher war ich dann auch nicht so superglücklich in ihre Beziehung investiert. Genauere Kritik ist an dieser Stelle schwierig, denn die wäre nur mit großen Spoilern verbunden, die ich als Leserin selbst nicht zu Gesicht bekommen wollen würde.

Aber ich bin ja bei der Stange geblieben und das lag vor allem an den vielen inneren Monologen, die Romy mit sich führt, die an vielen Stellen sehr, sehr gefühlvoll, auch für mich nachdenklich und selbsterkenntnisreich waren. Dadurch, dass ich ja ein bisschen Romy 2.0 bin, habe auch ich ja angezeigt bekommen, nein so nicht. Das kann zum Teil echt therapeutisch sein und daher war ich wirklich sehr, sehr oft tief berührt. Ein Gedankengang, den ich zwar richtig gut fand, der wurde aber dreimal, nur mit anderer Wortwahl getätigt, das war mir dann zu viel des Guten. Aber insgesamt waren diese Passagen richtig stark.

Das Ende war den ganzen Frust zwischendurch natürlich auch wert, denn das war auf den handlungsverlauf und den ganzen Tenor der Geschichte perfekt abgestimmt und hat mich insgesamt mit der Geschichte versöhnt.

Fazit: „Mitfahrer gesucht – Traummann gefunden“ ist meine erste Geschichte von Kyra Groh und wird sicherlich nicht meine Letzte sein, denn das Handwerk beherrscht sie was Charakterzeichnung, Humor, Stil und Gefühl angeht sehr, sehr gut. Nur die Handlung selbst gefiel mir in vielen Aspekten nicht, weil das Thema Fremdgehen für mich immer mit viel Frust verbunden ist. Aber abgesehen davon hätte ich fast zur vollen Sternenanzahl tendiert, so muss ich leider etwas abwiegen und bleibe bei positiven drei Sternen!