Rezension

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Zwischen Tragödie und Liebesgeschichte

So wüst und schön sah ich noch keinen Tag
von Elizabeth Laban

(ACHTUNG: Rezension kann Spoiler enthalten!)

Der Inhalt...

Tim ist anders als die anderen. In der Masse fällt er – sehr zu seinem Leidwesen – auf wie ein bunter Hund. Obwohl er eigentlich das Gegenteil ist: Tim ist ein Albino; schon seit seiner Geburt hat er damit zu kämpfen, auch als er an das Irving-Internat kommt. Duncan kennt Tim und dessen Geschichte nur zu gut. Er verbringt sein letztes Schuljahr ebenfalls in Irving. Ausgehend nach der alten Tradition, nach der ein Senior eine Art Schatz für den Nachfolger im Zimmer hinterlässt, ist Duncan schon mehr als gespannt was ihn erwartet. In seinem Zimmer – Tims altem Zimmer – entdeckt er einen Haufen CDs, besprochen mit Tims eigener tragischen Liebesgeschichte...

Die Charaktere...

Zum einen hätten wir da Tim. Um den geht es im Grunde genommen auch. Was soll ich zu ihm sagen? Puh. Ich hatte so meine Schwierigkeiten mit ihm. Auf der einen Seite war er so ein liebenswerter Kerl: Clever, Klug, witzig und definitiv mit dem Herz am richtigen Fleck. Allein wie er Kyle oder Vanessa zur Seite gestanden hat, als es ihnen richtig dreckig ging, zeigt deutlich, dass Tim einer von denen ist, auf die man sich voll und ganz verlassen kann. Doch da war dann auch immer seine verletzliche Seite. Diese Seite, des schüchternen und in sich gekehrten Albinos, der sich seiner Andersartigkeit deutlich bewusst war. Und der andere Leute nur schwer an sich heranließ. Oder Leute aus seinem Leben ausschloss, die ALLES für ihn tun würden. Ja, ich spiele auf sein Verhalten Sid und seiner Mutter gegenüber an. Ein Verhalten, das ich wirklich mehr als beschissen von Tim fand. Ich kann es gar nicht richtig in Worte fassen, aber ich fand es einfach nur außerordentlich verletzend für seine Mutter den Kontakt zu ihr abzubrechen und sich unregelmäßig, bis gar nicht mehr zu melden! So geht man einfach nicht mit einem Menschen um, der sich jahrelang um einen gekümmert, und der einen groß gezogen hat! Ansonsten fand ich Tim im Großen und Ganzen ganz in Ordnung. Teilweise war er schwer einzuschätzen, weil er einfach wider meiner Erwartungen handelte. Einerseits war er ein lieber Junge, der sich mit seinem Lehrer gut stellen wollte, andererseits klaute er dessen Büroschlüssel. Das passte nicht ganz so zusammen fand ich ;). Schon auf dem Weg ins Internat verliebt er sich Hals über Kopf in die schöne und beliebte Vanessa. Ihre ersten Zusammentreffen und die Nacht im Hotel (und der damit verbundene Morgen im Schnee ^^) fand ich noch echt süß. Vanessa war mir dort auch noch sehr sympathisch. Aber spätestens als Tim darüber nachdachte, wie ihr Haar duftete, oder wie sich ihre Handschuhe auf seiner Haut anfühlten, nahm das ganze komische Züge an. Ich glaube ich stehe ziemlich allein mit meiner Meinung da, aber für mich nahm seine Verliebtheit „stalkerische“ Züge an. Tim war mies drauf, wenn er Vanessa nicht mindestens einmal am Tag sah. Eine bloße und unabsichtliche Berührung ihrerseits, konnte seine Laune auf den Höhepunkt bringen, und eigentlich dachte Tim nur noch 24 Stunden am Tag über Vanessa nach. Wie es ihr ging, was sie wohl machte, ob sie eventuell an ihn dachte... Seine Vernarrtheit hatte sich – meiner Meinung nach - in Besessenheit verwandelt. Und Vanessas anfängliche liebe Art Tim gegenüber, war völlig vergessen. Wenn die beiden sich (heimlich versteht sich) trafen, tauschten sie Blicke, zarte Berührungen und das ein oder andere Geheimnis, doch sobald Vanessa zurück bei Patrick war (ihrem eigentlichen Freund!), ließ sie Tim links liegen. Ich glaube, sie wusste teilweise selber nicht so ganz was sie wollte. Nur leider spielte sie so mit Tims Gefühlen. Nein, so ganz warm wurde ich leider nicht mit Vanessa... Tim verlor durch seine Vernarrtheit auch völlig den Bezug zu sich selbst und seinen eigenen, ich nenne es jetzt mal, körperlichen Problemen. Anstatt sich einfach mal einzugestehen, dass etwas mit seinem Körper , bzw. mit seinen Augen nicht stimmt, spielt er lieber den strahlenden Helden, um vor Vanessa und ihren Freunden (oder vielmehr Patrick) nicht doof und schwächlich dazustehen. Ich hatte zunehmend das Gefühl, dass er sich für seine Andersartigkeit schämt, und sich selbst nicht mehr so ganz leiden konnte. Eine Gefühl, dass man durchaus nachvollziehen kann; es muss schlimm sein unter all den „Normalen“ so aufzufallen, zudem die ja nicht gerade unauffällig gaffen ^^. Trotzdem hatte Tim ja noch Leute, die ihn so akzeptierten wie er war, und seine auffälligen Äußerlichkeiten kaum zur Kenntnis nahmen. Vanessa, Kyle und viele andere Internatsbesucher verhielten sich in seiner Gegenwart völlig normal. Wieso konnte er sich dann nicht auch normal fühlen? Wieso er dann nicht einfach er selbst sein? Wieso versuchte er sein Inneres und seine Krankheit immer zu verbergen? Das sind alles Fragen, die sich um die tausend Mal in meinem Kopf aufgekommen sind und die ich schlecht beantworten konnte, bzw. die sich, im Laufe des Lesens, nicht beantwortet haben.

Duncan hat natürlich auch ein bisschen Nachhilfe in Sachen Liebe nötig :D. Er hatte Daisy, seine Herzdame (Oh Gott, ich dachte NIE, dass ich dieses Wort verwenden würde :D Shorty hat einen schlechten Einfluss auf mich..), seit jenem letzten gemeinsamen Schultag, nicht mehr gesehen, geschweige den angerufen. Aber so ganz konnte er nicht von ihr lassen. Auch bei ihm hatte ich zunehmend das Gefühl, dass seine Verliebtheit seltsame und eher „besessene“ Züge annahm. Bei ihm das gleiche Spiel wie bei Tim: Er dachte STÄNDIG über Daisy nach... Insgesamt war Dunacn ein ganz angenehmer Charakter. Etwas blass für meinen Geschmack, und eher „leblos“ im Vergleich zu Tim, aber trotzdem relativ sympathisch. Schön zu sehen war, wie sich Duncan, nach anfänglichem Sträuben, auf die CDs und damit Tims eigene Geschichte eingelassen hat. Und nicht nur das: Tims Geschichte macht mehr mit Duncan. Sie lässt ihn nicht mehr los; lässt ihn über sein Leben nachdenken, die Schule und – natürlich – die Liebe. Somit hat Tims Geschichte wenigstens für einen eine positive Wendung genommen...

Die Geschichte...

...fing grandios an. Das erste Zusammentreffen zwischen Tim und Vanessa, der Besuch im Hotel, der Morgen im Schnee, der Kuss – das alles war einfach nur WOW. Mit viel Gefühl und Herzschlag wird man in die Geschichte geworfen, lernt Tim und sein Leben kennen, und macht Bekanntschaft mit den Tücken des Anders sein. Doch dann kommen sie in Irving an, und ab da wird es (wie schon erwähnt) irgendwie merkwürdig. So richtig voran kommt die Geschichte nicht gerade. Es ist total schwierig zu beschreiben: Einerseits passierte schon etwas, aber irgendwie blieb die Geschichte trotzdem stehen, versteht ihr? (Ihr versteht es bestimmt nicht, so doof wie ich das erkläre :D) Aber eins war sicher: Richtig packen, wie am Anfang, konnte mich die Geschichte leider nicht mehr. Eigentlich dümpelte alles nur vor sich hin und man wartetet sehnsüchtig auf den Moment; den entscheidenden Moment, in dem die Geschichte sich in eine Tragödie verwandelte. Und man wird ganz schön lange auf heißen Kohlen sitzen gelassen. Doch als das tragische Unglück passiert, schlägt es ein wie eine Bombe! Ich glaube auf den paar Seiten, dachte ich mehrmals nur: „Oh nein“, „Wie schrecklich“, „Die Armen“ und musste ein paar Tränchen zurückhalten. Auch wenn das Ende, und die damit verbundene Tragödie, genau so passierte, wie ich mir das ausgemalt hatte (es hat sich abgezeichnet...), ließ es auch mich nicht völlig kalt. Und Chapeau an Tim, der sich trotz seines körperlichen Zustandes Patrick in den Weg stellte und ihm die Meinung geigte (Ganz ehrlich: Patrick hatte es aber auch nicht anders verdient – was fürn Arsch der doch war!!). In dem Moment hatte ich den vollsten Respekt vor Tim! Trotz des wirklich gelungenen Endes (im tragischen Sinne gelungen), konnte mich die Geschichte nicht komplett mitreißen. Sie ließ mich nicht völlig kalt, das nicht, aber so richtig herzzerreißend und erwärmend wie in anderen Rezensionen hier beschrieben, kann ich sie nicht bezeichnen. Ich fürchte bei mir ist einfach der letzte Funke nicht wirklich übergesprungen. Schade, eigentlich, denn die Geschichte an sich hatte mehr als genug Potenzial! Dafür konnte mich die Internats-Atmosphäre ala Hogwarts (andere Geschichten mit Internaten sind mir gerade echt nicht eingefallen :D) vollends packen!

Der Schreibstil...

Da hab ich nichts zu meckern! Laban schenkt einem mit einem ruhigen, aber angenehm lockeren Schreibstil schöne Lesestunden.

Das Fazit...

Ich hatte wohl zu hohe Erwartungen. Die Geschichte ist wirklich nett zu lesen, aber mehr für mich leider nicht. Tim und Duncan haben mich mit ihrem Verhalten in Liebesdingen etwas irritiert, aber dafür konnten die Atmosphäre und das Ende wieder voll punkten. Insgesamt ein guter Debütroman der Autorin!