Buch

Social Network. Die Bibliothek des Schicksals - Chris M. Wagner

Social Network. Die Bibliothek des Schicksals

von Chris M. Wagner

Kapitel 4.6 Wie ein überdimensionaler Amboss nahm das Gebäude den Raum zwischen der Hanauer- und der Poccistraße ein. Obwohl es rundum verglast war, hatte man den Eindruck, eine Boing 747 würde daran zerschellen. Alle Fenster waren verspiegelt. Daniel schaute ehrfürchtig auf das übergroße Fassadenschild, das über die belebte Kreuzung wachte: FaTec. Hier ist es also. Daniel war beeindruckt. Er hatte eine Kellerfirma oder ein paar Büroräume über einem x-beliebigen Internetcafé erwartet; abgedrehte Computerfreaks, die versuchen, mit einer rätselhaften Geschäftsidee Fuß zu fassen. Inhaltlich gab die Internetseite nicht viel her. Elegant - aber nichts, was nicht jeder IT-Fachmann mit ein paar Klicks hinbekommen würde. Doch nun sah es so aus, als stünde er vor dem Hauptsitz der Deutschen Bundesbank. Hätte er sich seine alte Krawatte um den Hals wickeln sollen? Eine Hupe riss ihn aus den Gedanken. "Weg da", rief der Fahrer einer schwarzen Limousine mit verdunkelten Scheiben. Daniel trat zur Seite und beobachtete, wie das Fahrzeug direkt vor den Eingang fuhr. Der Chauffeur stieg aus und zündete sich eine Zigarette an. "’S erste Mal hier?", nuschelte er und schnippte das Streichholz in einen Gulli. Daniel war sich nicht sicher, ob er gemeint war. Nervös schlurfte er an dem Mann vorbei. "Ein Tipp: Pass auf dich auf, da drin", sagte der Mann, ohne Daniel dabei anzusehen. Was will der Typ? Daniel war aufgeregt. Er musste sich vorstellen - präsentieren. In seiner perfekten Welt verkroch er sich immerzu hinter seinem Monitor, wo ihn niemand sehen - prüfen, bewerten - konnte. "Meinen Sie mich?" "Führ’ ich Selbstgespräche?" Der Mann schaute Daniel in die Augen. "Natürlich du. Wärst nicht der Erste, der als anderer Mensch da wieder rauskommt. Und ich meine nicht NEUER MENSCH, ich meine ANDERER MENSCH. Ich bring’ sie alle hin und hol’ sie wieder ab … und irgendwas passiert dazwischen - das kannst du mir glauben." Daniel war völlig durcheinander. Sein ganzes Leben war aus den Fugen geraten. Er hatte gehofft den Faden - Garn - hier und heute wieder aufnehmen zu können. Interessante Aufgaben würden ihn ablenken und einen neuen Rhythmus in sein Leben bringen. Nun hatte er die Firma noch nicht einmal betreten, da kam so ein schräger Vogel daher und bequatschte ihn mit verrücktem Zeug. Seine Brauen zogen sich tiefer ins Gesicht und ohne ein Wort zu sagen, schob er die Schwingtür auf und betrat FaTec. Vor ihm breitete sich eine sterile Empfangshalle aus. Jeder Schritt seiner Schuhe auf dem Marmorboden hallte noch lange an den Wänden nach. In der Mitte befand sich ein Tresen, der mehr an ein Rednerpult als an einen Schreibtisch erinnerte. Dahinter stand eine wasserstoffblonde Dame - einstudiertes Lächeln, eng anliegender Pferdeschwanz, strenger Hosenanzug. "Hallo, Herr …" Sie tapste mit den Fingern auf der Fläche des Rednerpults herum; die Fingernägel klackerten auf Glas. "Herr Lang, nehme ich an?" Sie bediente einen Touchscreen-Monitor. Daniel nickte. "Kommen Sie, Herr Lang, kommen Sie her." Sie streckte ihm die Hand entgegen. Noch bevor er ein Wort sagen konnte, schüttelte sie eifrig seinen Arm und bot ihm an: "Fühlen Sie sich wie zu Hause." […]

Weitere Infos

Art:
eBook
Genre:
Krimis Thriller
Sprache:
deutsch
Umfang:
292 Seiten
ISBN:
9783862821181
Erschienen:
Oktober 2011
Verlag:
Acabus Verlag
0
Noch keine Bewertungen vorhanden

Rezension schreiben

Diesen Artikel im Shop kaufen

Das Buch befindet sich in einem Regal.