Buch

DIE EWIGEN. Vom Schicksal der Zeit - Chriz Wagner

DIE EWIGEN. Vom Schicksal der Zeit

von Chriz Wagner

Vom Schicksal der Zeit

I Augsburg, Deutsches Kaiserreich im Jahr 1753

Tick, tack, tick, tack. Die Eiseskälte saß mir in den Knochen. Ich vergrub meinen Nacken im Kragen der dicken Lammfelljacke. Und der Duft von verbranntem Buchenholz stieg in meine Nase. Solange das Feuer noch nicht vollständig brannte, roch es herrlich nach Rauchwurst. Das Uhrwerk mit seinen Rädchen, Schräubchen und Federn lag vor mir und wartete darauf, von mir zusammengesetzt zu werden. An einem Tag wie diesem, wenn sich der Schnee kniehoch an den Werkstattwänden türmte, schaffte ich oft nur wenige Teile. Da konnte es schon mal Wochen - Monate - dauern, bis jedes Bauteil an seinem angestammten Platz saß. Tick, tack, tick, tack. Ich startete einen neuen Versuch. Ich hielt die Luft an und konzentrierte mich auf das messingfarbene Wunderwerk. Die kleine Maschine versetzte mich in ein Hochgefühl. Ich wusste, es würde ein Gefühl vollendeter Befriedigung durch meinen Körper ziehen, sowie sie zum ersten Mal tickte. Wenn die Unruh zappelte, das Zeigerwerk arbeitete, die Zahnräder ineinandergriffen, die Achsen sich drehten und der Zeiger über das Ziffernblatt fuhr, dann würde das mechanische Herz dieser Uhr im stetigen Rhythmus des Federantriebs schlagen - wie ein neues Leben. Meine Augen leisteten hervorragende Arbeit. Sie verliehen mir die Fähigkeit jede Kerbe, jede Anspitzung und jede Ungenauigkeit gestochen scharf zu sehen. Aber meine Finger waren zu kalt, zu unbeweglich, um das winzige Rädchen mit der Pinzette passgenau auf die Achse zu heben. Heute würde das nichts werden, soviel war klar. Frustriert legte ich alles beiseite und seufzte. "Lass dich nicht unterkriegen", brummte Konrad, der mit dem Rücken zu mir saß. Auch seine Werkbank war so hoch, dass das Werkstück nur wenige Finger breit vor seiner Nase lag. An der Wand zu seiner Linken hingen Sägen, Hämmer, mickrige Schraubwerkzeuge und Feilen an ins Holz geschlagenen Nägeln. Blechscheiben, Zahnräder, Federn und Schrauben türmten sich auf dem Regal neben dem Christuskreuz. Tick, tack, tick, tack. Die große Pendeluhr über seinem Kopf wies mir stets mit erhobenem Zeigefinger die Richtung. So hatte jedes Uhrwerk früher oder später zu arbeiten - tick, tack, tick, tack. Konrad Meisner war der Inhaber des Ladens. Es war nun schon ein paar Jahre her, dass er mich angestellt hatte. "Weil deine Finger so geschickt sind", hatte er gesagt, nachdem ich aus einem Häufchen mit Messingteilen in Windeseile eine passende Feder hervorgekramt hatte. Damals reparierten wir Holzräderuhren, setzten Pendeluhren instand und kümmerten uns um klassische Dosenuhren, wenn sie nicht mehr ordnungsgemäß liefen. Aber was die Uhrmacherei Meisner ausmachte waren Konrads bezaubernde Entwürfe liebevoll ausgearbeiteter Taschenuhren. Sie brachten viele Kunden in den Laden. Und mit ihnen kam das Geld. Konrad hatte bereits vor Jahren das Potential der Meisterstücke mit Sprungdeckel und seitlicher Aufzugskrone erkannt, da schraubten die meisten Augsburger Uhrmacher noch immer Dosenuhren zusammen. Und während er jedes Einzelstück kunstvoll ausarbeitete, mit einer Gravur auf der Kehrseite und handbemaltem Ziffernblatt versah, entstanden massenhaft tickende Dosen, die nicht mehr an den Mann gebracht werden konnten. Ja. Lass dich nicht unterkriegen, sagte ich mir, dachte dabei aber an Konrad. Er arbeitete emsig wie eh und je, obwohl die Auftragslage seit einer Weile miserabel geworden war. Die Zeiten hatten sich geändert. Heute war unser Werkzeug rostig und kaputt. Die Konkurrenz hatte den neuen Trend erfasst und war aufgesprungen. Taschenuhren gab es jetzt überall. Und die Lage der Uhrmacherei Meisner, auf dem namenlosen Weg hinter der Rückseite der Becken-Gasse mit Augsburgs Stadtmauer im Nacken, war schlecht.

Rezensionen zu diesem Buch

Nichts ist so mächtig wie die Zeit.

Dies ist nun die siebente Kurzgeschichte dieser Reihe und wie in der vorherigen spielt auch ihr Zeit, vor allem Lebenszeit, eine besondere Rolle.

Ende des 17.Jh. ist Simon als Uhrmacher tätig und greift seinem Meister so gut es geht unter die Arme. Doch aufgrund der kargen Einnahmen, sind sie dankbar für jeden Auftrag, egal wie skurill er auch sein mag...
Schon während des Lesens weiß man, dass dies kein gutes Ende nehmen wird. Die kreierte dunkle Atmosphäre erhöht natürlich...

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Eine weitere spannende und verheisungsvolle Episode.

Simons Geschichte ist spielt diesmal erneut einige Jahrhunderte zuvor. Das absolut Interessante: Eine Andeutung und der Titel der nächsten Episode scheinen für mich  darauf hinzuweisen, dass es diesmal in der Tat einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Bänden geben könnte! Ich bin absolut gespannt daher wie es im nächsten Teil weitergeht.
Auch hier lernt man Simon mit einem neuen handwerklichen Geschick kennen; diesmal als Uhrmacher unter einem Meister, dessen Geschäft schon bessere...

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die verknüpfte Lebenszeit

Die Ewigen: Vom Schicksal der Zeit: Folge 8 von Chriz Wagner erschien im Mai 2018 im Acabus Verlag.

Das Cover hat Wiedererkennungswert durch die Kugel im oberen Bereich des Covers, die sich auf allen Folgen befindet, diesmal ist sie mit einer Uhr bestückt.

In dieser Folge geht es wieder mit Simon weiter. Er befindet sich in Augsburg im Jahre 1753 n. Chr. und hat Arbeit, bei dem Uhrmacher Konrad Meisner, gefunden. Seit einiger Zeit ist die Auftragslage nicht sehr gut, doch die...

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Zeit verpackt in seltsame Uhren?

1753 n. Chr.: Simon arbeitet in der Werkstatt des Uhrmachers Konrad Meisner in Augsburg. Die Auftragslage ist schlecht. Bis Konrad einen grausigen Großauftrag annimmt, der zwar auf den ersten Blick merkwürdig erscheint, dafür aber viel Geld einbringt.
Doch als Simon das Geheimnis der magischen Uhren aufdeckt, verschwindet die schöne Francisca und Simon findet sich in einem Flechtwerk aus Intrigen und Machenschaften wieder.
Wird es Simon gelingen, dem Bann der Schicksalsuhren zu...

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Weitere Infos

Art:
eBook
Sprache:
deutsch
ISBN:
9783862825905
Erschienen:
Mai 2018
Verlag:
Acabus Verlag
9.66667
Eigene Bewertung: Keine
Durchschnitt: 4.9 (3 Bewertungen)

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