Buch

Streulicht - Deniz Ohde

Streulicht

von Deniz Ohde

Industrieschnee markiert die Grenzen des Orts, eine feine Säure liegt in der Luft, und hinter der Werksbrücke rauschen die Fertigungshallen, wo der Vater tagein, tagaus Aluminiumbleche beizt. Hier ist die Ich-Erzählerin aufgewachsen, hierher kommt sie zurück, als ihre Kindheitsfreunde heiraten. Und während sie die alten Wege geht, erinnert sie sich: an den Vater und den erblindeten Großvater, die kaum sprachen, die keine Veränderungen wollten und nichts wegwerfen konnten, bis nicht nur der Hausrat, sondern auch die verdrängten Erinnerungen hervorquollen. An die Mutter, deren Freiheitsdrang in der Enge einer westdeutschen Arbeiterwohnung erstickte, bis sie in einem kurzen Aufbegehren die Koffer packte und die Tochter beim trinkenden Vater ließ. An den frühen Schulabbruch und die Anstrengung, im zweiten Anlauf Versäumtes nachzuholen, an die Scham und die Angst - zuerst davor, nicht zu bestehen, dann davor, als Aufsteigerin auf ihren Platz zurückverwiesen zu werden.

Wahrhaftig und einfühlsam erkundet Deniz Ohde in ihrem Debütroman die feinen Unterschiede in unserer Gesellschaft. Satz für Satz spürt sie den Sollbruchstellen im Leben der Erzählerin nach, den Zuschreibungen und Erwartungen an sie als Arbeiterkind, der Kluft zwischen Bildungsversprechen und erfahrener Ungleichheit, der verinnerlichten Abwertung und dem Versuch, sich davon zu befreien.

Rezensionen zu diesem Buch

Spotlight statt Streulicht

Der Roman „Streulicht“ von Deniz Ohde verdient eindeutig Spotlight. Dies erkannten bereits mehrere Buchpreis-Komitees, weshalb der Roman nicht nur auf diversen Shortlists auftauchte sondern auch Preise gewann.

Im Zentrum der Geschichte steht ein Mädchen, welches im Arbeitermilieu als Kind eines deutschen Vaters und einer türkischen Mutter aufwächst. Sie kehrt eingangs für die Hochzeit eines befreundeten Pärchens in ihre alte Siedlung zurück und schildert durch Rückblenden ihr...

Weiterlesen

Das Wort mit K

Das Wort mit K bekommt sie schon als kleines Mädchen zu hören, ohne es zu verstehen, und die Mutter will sie beruhigen: Nein, du kannst nicht gemeint sein, du bist Deutsche. Aber schon ihr Vorname verrät ihren Migrationshintergrund und wird daher zum Geheimnamen, für die Öffentlichkeit anders ausgesprochen und so einem vertrauten Namen angepasst.

Die nicht mit Namen genannte Protagonistin (vielleicht Deniz - Denise?) stammt aus einem Arbeiterhaushalt: Der Vater schuftet, säuft zu viel...

Weiterlesen

Mit Ehrgeiz die Ausgrenzung aufgrund der Herkunft überwinden

Die Autorin lässt die namenlos bleibende Ich-Erzählerin über ihre Kindheit in den 1990er Jahren in einem Frankfurter Vorort erzählen. Wegen ihrer Herkunft trifft sie immer wieder auf Ausgrenzung und Benachteiligung. Der deutsche Vater ist Arbeiter in einer Chemiefabrik, Alkoholiker, Messie, gewalttätig gegenüber der aus der Türkei stammenden Ehefrau. Der Haushalt ist bildungsfern. Mit der türkischen Abstammung will die Erzählerin partout nichts zu tun haben, weil sie sich durch sie nur...

Weiterlesen

Große Leseempfehlung!

Nachdem ich bei einer Freundin “Streulicht” gesehen habe und auch, wie begeistert sie davon ist, habe ich das als Hörbuch angehört. Deniz Ohde hat ein unglaubliches Buch geschrieben. An alle, die Mikroagressionen, Othering, Diskriminierung und Rassismus besser verstehen möchten: Hört/Lest dieses Buch! [CN: Gaslighting, Häusliche Gewalt, Kindesmisshandlung, Mikroaggressionen, Othering, Rassismus]

Am Anfang des Buches hat es mich nicht gepackt, aber ich denke auch nicht, dass das die...

Weiterlesen

Die Welt hat sich weiter gedreht.

Streulicht handelt von einem Ort in der Nähe Frankfurts, der vom sogenannten Industriepark dominiert wird, wo Arbeiter ohne besondere Sicherheitsmaßnahmen in Chemiedämpfen arbeiten und krankwerden. In den Fabriken schuften Gastarbeiter, die inzwischen keine mehr sind, zusammen mit anderen ungelernten Arbeitern. 

 Auch die Eltern der namenlosen Erzählperson, einem türkischen Mädchen, gehören zu den Menschen, die in den Vierteln mit den ärmlichen Werkswohnungen leben. Sie ist die dritte...

Weiterlesen

Ein Areal von Stille

Deniz Ohde beschreibt eine Arbeiterkindheit mit Migrationshintergrund mütterlicherseits. Flüchtig von außen betrachtet, ist es die Geschichte einer rundum geglückten Integration, gar eines beachtlichen Bildungsaufstiegs: die namenlose Protagonistin macht im Zweiten Bildungsweg ihr Abitur, lässt die verqualmte Arbeiterwohnung hinter sich, streift sich den Schmutz von den Schuhen und beginnt ein neues Leben… Blickt man jedoch durch ihre Augen, dann bröckelt die schöne Fassade.⠀
⠀...

Weiterlesen

Deniz Ohde – Streulicht

Am Rande des Industrieparks, der Säure in die Luft pustet und klebrigen Schnee produziert, wächst die Ich-Erzählerin auf. Mit ihren Freunden Pikka und Sophie besucht sie das Gymnasium, glaubt dort so sein zu können wie diese, doch hinter der Tür der elterlichen Wohnung ist vieles anders. Vater wie Großvater trinken zu viel, wollen keine Veränderung und herrschen ruppig über den Haushalt. Die Mutter, die einst aus der Türkei in ein vermeintlich besseres Leben geflüchtet war, akzeptiert dies...

Weiterlesen

Chancenungleichheit im Bildungsbereich

Shortlist Deutscher Buchpreis 2020

Ein junges Mädchen wächst in einem Frankfurter Industrieviertel auf. Ihre Mutter stammt aus der Türkei, ihr Vater aus einer deutschen Arbeiterfamilie.

Aus der Ich-Perspektive erleben die Leser*innen nun die Dysfunktionalität ihrer Familie, nehmen am steinigen Bildungslebenslauf der namenlosen Protagonistin teil und erfahren Alltagsrassismus und Milieudeterminismus in Deutschland.

Die Familiensituation ist für das Mädchen sehr schwierig...

Weiterlesen

Weitere Infos

Art:
Hardcover
Genre:
Romane und Erzählungen
Sprache:
deutsch
Umfang:
285 Seiten
ISBN:
9783518429631
Erschienen:
August 2020
Verlag:
Suhrkamp Verlag AG
7.22222
Eigene Bewertung: Keine
Durchschnitt: 3.6 (9 Bewertungen)

Rezension schreiben

Diesen Artikel im Shop kaufen

Das Buch befindet sich in 24 Regalen.