Leserunde

Leserunde zu "Warum wir noch hier sind" (Marlen Pelny)

Warum wir noch hier sind -

Warum wir noch hier sind
von Marlen Pelny

Bewerbungsphase: Bis zum 31.08.

Beginn der Leserunde: 07.09. (Ende: 28.09.)

Im Rahmen dieser Leserunde stellen wir – mit freundlicher Unterstützung des Haymon Verlags – 20 Freiexemplare von "Warum wir noch hier sind" (Marlen Pelny) zur Verfügung. 

Wenn ihr eines der Freiexemplare gewinnt, diskutiert ihr in der Leserunde mit, tauscht euch über eure Leseerfahrungen aus und veröffentlicht am Ende eine Rezension zum Buch.

ÜBER DAS BUCH:

TAUSEND WORTE FÜR LEERE 
Auf dem Tisch liegt ein Fotoalbum. Darin: Fotos von Etty als Baby. Etty mit vier Jahren im Schwimmbad. Etty mit Elf beim Mini-Golf. Etty mit vierzehn Jahren vor der Haustür, kurz vor ihrem gewaltsamen Tod. Die Gefahr, der Frauen und Mädchen in dieser Welt ausgesetzt sind, ist nun in die unmittelbare Nähe der Erzählerin gerückt. Denn Etty war die Tochter ihrer besten Freundin Heide. Von nun an unterliegt ihre Welt einer zweiten Zählzeit. Da, wo Ettys Leben endete, fängt für sie ein anderes Leben an. Was bleibt, sind diese Fotos, die Erinnerungen und so viele Fragen: Wie weiterleben? Wie jeden Tag aufstehen? Wie sich weiterhin in der Wohnung aufhalten, in der Etty zuhause war? Wie ihr Lachen, ihre frechen Antworten, ihre feinen Gesichtszüge erinnern, ohne zu zerbrechen? Der eigentlich unmögliche Versuch, das Geschehene zu verstehen, wird zum Versuch, zu funktionieren. 

IM SCHWEBEZUSTAND, AUFGELADEN MIT LIEBE, UNTERFÜTTERT MIT HILFLOSIGKEIT 
Mit beeindruckender Präzision beleuchtet Marlen Pelny die Geschichte eines Femizids aus der Perspektive der Hinterbliebenen und lässt uns dabei überwältigende Emotionen spüren. Sie zeigt, was es bedeutet, zurückzubleiben. Wenn einer Mutter zwei Tage Sonderurlaub zur Trauer zugestanden werden. Wenn Ordner voller Bürokratie abgearbeitet werden müssen – ganz oben auf Geburts- und Sterbeurkunde, mit denen sich nun Ettys ganzes Leben zusammenfassen lässt. Wenn sich die Trauer in pochende Kopfschmerzen verwandelt und man sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen kann. Aber auch: Wie es sich anfühlt, wenn die eigene Stadt, Berlin, wo man sich nicht nur zuhause sondern auch frei gefühlt hat, plötzlich zur Gefahrenzone wird. 

„HIN UND WIEDER WERDEN WIR UNSERE KÖPFE AUF DIE WAAGE LEGEN UND SCHAUEN, OB SIE LEICHTER WERDEN, MIT DER ZEIT“ 
Hier spricht eine zarte und zugleich kraftvolle Stimme so nahbar, dass man sie auf keinen Fall alleine lassen möchte. Klar, aber nicht voyeuristisch, schonungslos, aber nicht brutal wird fein und dicht von Verlust und Trost, von Trauer und Liebe, von einem Danach erzählt. Dieser Roman ist eine sprachlich kraftvolle Auflehnung: gegen Ungerechtigkeit, die tötet. Gegen die Gewalt, der wir täglich begegnen und die wir zu überleben versuchen.

ÜBER DIE AUTORIN:

MARLEN PELNY plakatierte deutsche Städte mit Lyrik und veröffentlichte die Gedichtbände „Auftakt“ (2007) und „Wir müssen nur noch die Tiere erschlagen“ (2013). Ihre Worte bringt sie nicht nur auf Wände und Papier, sondern mit ihrer Band Zuckerklub auch zum Klingen. Ihre klare Poesie durchströmt auch ihr Romandebüt „Liebe / Liebe“ (2021), für das die Autorin mit dem Klopstock-Förderpreis 2022 ausgezeichnet wurde. In ihrem zweiten Roman „Warum wir noch hier sind“ erzählt sie in ihrem eigenen, eindringlichen Stil von Verbundenheit.

28.09.2023

Thema: Lektüre Teil ll; Seite 74 bis 151

Thema: Lektüre Teil ll; Seite 74 bis 151
Isa567belle kommentierte am 09. September 2023 um 19:47

Im meinem Lesefluss habe ich jetzt auch schnell den zweiten Abschnitt beendet. Ich wird auch sehr gut deutlich, dass der Alltag weitergeht, man selber aber nicht weiter kommt, weil man immernoch bei diesem grauenvollen Moment ist. Vorallem die Angst die hier thematisiert wird fand ich ergreifend, als Frau kennt man dieses Unwohlsein, wenn man zum Beispiel nachts alleine draußen ist oder, wenn man alleine bei einem fremden Mann ist (wie hier bei Matthias), dieses Unwohlsein steigert sich aber immer mehr bei der Erzählerin und ich glaube es wird noch schlimmer.

Auch möchte ich noch sagen, dass es leider absolut wahr und traurig ist, dass die größte Gefahr für Frauen immernoch von Männer aus ihrer eigenen Umgebung ausgeht. 

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laurina kommentierte am 13. September 2023 um 12:10

"Auch möchte ich noch sagen, dass es leider absolut wahr und traurig ist, dass die größte Gefahr für Frauen immernoch von Männer aus ihrer eigenen Umgebung ausgeht.

Ja,mich schockiert es auch immer wieder, aber die Statistiken belegen dies.

Thema: Lektüre Teil ll; Seite 74 bis 151
FraBo96 kommentierte am 14. September 2023 um 19:01

Allgemein finde ich bei dieser ganzen Problematik den Beruf der Protagonistin interessant. Es ist quasi ihr Job, allein zu Männern aufs Land zu fahren, die, manchmal auf gute, aber sicher ob auch auf schlechte Art und Weise, ein bisschen komisch sind. Fernanda spricht da ja auch eine Situation an. Ich weiß nicht, ob ich mich da so sicher fühlen würde.

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BücherPanda kommentierte am 17. September 2023 um 12:52

Interessanter Aspekt, das war mir gar nicht aufgefallen.

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Xana kommentierte am 10. September 2023 um 21:35

Auch ich habe den zweiten Abschnitt quasi in einem Rutsch durchgelesen. Ich halte die Protagonistinnen für unglaublich stark in dieser schrecklichen Situation. Es ist erschütternd, dass Ettys Mörder mit ihr unter einem Dach lebte und irgendwo ihr Vertrauen hatte. Heides Aussage, dass sie nicht geahnt habe, wie sehr M.N. von ihr gekränkt wurde, hat mich verstört, denn es ist ja leider wirklich wahr, wie oft Frauen sterben müssen, weil sich irgendein Mann "gekränkt" fühlt. 

'Men are afraid that women will laugh at them. Women are afraid that men will kill them.'

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kirsche98 kommentierte am 11. September 2023 um 13:34

Den anderen bisheren Kommentaren kann ich mich nur anschließen. Der zweite Abschnitt hat für mich eine etwas andere Richtung eingenommen, es ging mehr um die Trauer, um das Verbrechen an Etty und die damit verbundene alltägliche Angst. Der Erzählstil gefällt mir weiterhin sehr gut. 

Auch zu den Protagonisten fühle ich mich sehr verbunden. Einige Stellen, wie z.B. auf Seite 106 ("Ich bin erschöpft. Davon, dass vor meinen Augen jeder zu sterben scheint. Alle, denen ich begegne, sind plötzlich schwer verletzbare Wesen. Mit zwei Händen kann man sie kaputt machen. Oder, so wie ich, mit einem schrägen Blick.") sind so einfühlsam und auf den Punkt genau getroffen, dass ich teilweise das Gefühl habe, selber in dieser Geschichte zu leben. 

 

 

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Hornita kommentierte am 12. September 2023 um 09:10

Ja, mir ging es auch genau so. Kann das alles nur bestätigen!

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Pueppi76 kommentierte am 12. September 2023 um 18:38

Der 2. leseteil hat mich geflasht, ich konnte nicht aufhören zu lesen und habe in den Worten diese Trauer und Wut auf den Mörder von Etty gefühlt. Die Autorin hat mit diesem Buch eine lange verdrängte Wunde in mir angekratzt, die einem zeigt wie sehr man einen Menschen vermissen kann. 
Auch der 2. Teil lies sich schnell lesen und ich freue mich auf das ende

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laurina kommentierte am 13. September 2023 um 12:05

Die meisten Morde sind Beziehungstaten und wie schrecklich, dass das Haus, in dem man wohnt, nicht sicher ist. Es wäre irgendwie doch leichter zu ertragen gewesen, wenn es ein Fremder gewesen wäre oder auch nicht, wer weiß? Man kann Menschen immer nur vor den Kopf gucken und man weiß auch nie, was sie dazu bringt zu morden. Heide wird sich in dieser Wohnung sicher auch nie mehr sicher fühlen. Es ist schon krass, wie sehr die Ich- Erzählerin auf einmal Angst vor ihrer eigenen Tür hat und ich kann dies gut verstehen.

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FraBo96 kommentierte am 14. September 2023 um 18:57

Ich hätte am Anfang echt nicht gedacht, dass mich das Buch so packen würde.

Die Enthüllung von Mario als Ettys Mörder ist sicher exemplarisch dafür, dass solche Übergriffe selten von Menschen ausgeführt werden, die komplette Fremde sind - was es natürlich nicht weniger furchtbar macht. Interessant finde ich in dem Zusammenhang die Angst, die die Protagonistin in ihrem Haus wegen der Haustür hat. In Ettys Fall wäre die geschlossene Tür ja keine Sicherheit gewesen, da der Täter ja selbst den Schlüssel hatte. Ich frage mich, ob dieser Aspekt hier bewusst eingebaut wurde.

Immer wieder gibt es Episoden mit der Großmutter. Ich denke, hier wird ein guter Kontrast gezeigt zwischen einem plötzlichen, frühen Tod (wie bei Etty) und dem Tod im hohen Alter, der sich ankündigt und in gewisser Weise sogar vorbereitbar ist. Die Protagonistin hat da sehr unterschiedliche Gefühle, aber die Trauer des Verlusts ist die gleiche.

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buechertraumzeiten kommentierte am 15. September 2023 um 09:03

Zu deinem letzten Abschnitt mit den konträren Todesursachen bzw. den Vergleich von jung und alt: finde ich einen super interessanten Ansatz und habe ich bisher noch gar nicht so gesehen. Richtig gut!

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BücherPanda kommentierte am 17. September 2023 um 13:08

Ich denke, mit der Angst wegen der nur langsam schließenden Tür wollte die Autorin auf das Unwohlsein in eigentlich alltäglichen Situationen hinweisen, das viele Frauen kennen und das die allgegenwärtige Gefahr für Fauen zeigt, auch in Situationen, die eigentlich harmlos sein sollten. Die Haustür hätte auch ein dunkler Tunnel oder ein einsamer Waldweg sein können.

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buechertraumzeiten kommentierte am 15. September 2023 um 09:01

Was für eine heftige Wendung, dass der Mörder von Etty im selben Haus wohnt wie ihre Mutter. Auch die Tatsache, dass der Alltag einfach so weiter läuft und die Protagonistin weiter zu den Single Männern raus fahren muss und versucht dies so nüchtern wie möglich abzuhandeln finde ich beeindruckend. 

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Birte kommentierte am 15. September 2023 um 14:11

Ich kann mich euch nur anschließen - weder hätte ich gedacht, dass das Buch mit dieser Thematik einen so mit sich zieht, noch, dass die Autorin es schafft, trotzt der Schwere des Themas, dem Text eine gewisse Leichtigkeit zu geben (allein durch die Jobs, die die Erzählerin zwischendurch ausführt). Und gerade dieser zweite Besuche war schon etwas gruselig.

Allein die innere Zerissenheit der Erzählerin zwischen der eigenen Trauer, der Übernahme von Verantwortung (sie kümmert sich ja stark um Heide und auch um ihre Großmutter) als auch das Alltagsgesicht im Job, dabei noch das Aushalten der eigenen Ängste, sei es zu Hause oder auch die Begründung, warum sie bei den besuchten Bauern nicht aufs Klo geht. An das allen mal eben so, fast nebenher, in den Text eingeflochten.

Besonders berührt hat mich die Stelle, an der die Erzählerin begründet, warum sie sich selbst nicht um Therapie bemüht - um keiner/m den Platz wegzunehmen, der/die ihn vielleicht nötiger braucht.

Dass Ettys Mörder dann ein Mitbewohner ist, dem man mit den Protagonisten im ersten Abschnitt noch über den Weg gelaufen ist, macht das Setting nochmal dramatischer (aber nicht unwahrscheinlich), und dass Heide sich nun auch Vorwürfe macht (nicht nett genug zu ihm gewesen) ist wohl auch realistisch und die klassiche Täter-Opfer-Umkehr.

Ich bin sehr gespannt, ob Marlen Pelny die beiden Erzählstränge - Sophie, Heide, Erzählerin, Umgang mit dem Täter und  Erzählerin / Großmutter zu einem Abschluss bringt oder ob der Roman die Protagonisten nur eine gewisse Zeit begleitet, aber ohne wirkliches Ende (ziehen sich doch solche Gerichtsverfahren häufig über einen längeren Zeitraum).

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kristall kommentierte am 15. September 2023 um 18:36

Die Gefühle, die hier beschrieben werden, kann ich sehr gut nachvollziehen. Besonders die der Wut, die nach der Trauer kommt. Warum hat der Mörder einem das angetan? Dazu Angst, dass einem ähnliches passiert. Die Spannung ist auch greifbar. Der Abschnitt hat sich sehr schnell gelesen. Besonders auch dann, als klar wird, dass der Mörder in unmittelbarer Nähe wohnt.

Thema: Lektüre Teil ll; Seite 74 bis 151
BücherPanda kommentierte am 17. September 2023 um 13:01

Nach dem ersten Teil, der mich sehr in die Geschichte geholt hat, lässt auch der zweite Teil mich nicht mehr los. Super, wie scheinbar nebenbei hier so ein wichtiges Thema wie Femizid und die häufige Unsichtbarkeit davon mehr in den Fokus gerückt wird. Auch finde ich persönlich die Entwicklung toll, dass die Geschichte voranschreitet, statt ausschließlich die aus dem ersten Teil bereits bekannte Situation weiter zu beleuchten: die Erzählerin muss weiter ihren Alltag und Beruf bestreiten, es gibt Ermittlungsergebnisse und mit dem Psychologentermin ist ein erster Schritt zur Trauerbewältigung getan. Wo ich eine Länge befürchtet hatte, weckt die Geschichte so nochmal neues Interesse.