Leserunde

Vorableserunde zu "Die Überlebenden" (Alex Schulman)

Die Überlebenden -

Die Überlebenden
von Alex Schulman

Bewerbungsphase: 01.07. - 22.07.

Beginn der Leserunde: 29.07. (Ende: 19.08.)

Im Rahmen dieser Vorableserunde stellen wir – mit freundlicher Unterstützung des dtv Verlags – 20 Freiexemplare von "Die Überlebenden" (Alex Schulman) zur Verfügung. 

Wenn ihr eines der Freiexemplare gewinnt, diskutiert ihr in der Leserunde mit, tauscht euch über eure Leseerfahrungen aus und veröffentlicht am Ende eine Rezension zum Buch. Bitte beachtet folgenden Hinweis: Rezensionen dürfen nicht vor dem 20. August 2021 veröffentlicht werden.

ÜBER DAS BUCH:

»Ein Roman, der es wert ist, bewundert zu werden.« Expresse

Über Hoffnung. Über Versöhnung. Über Leben

Nach zwei Jahrzehnten kehren die Brüder Benjamin, Pierre und Nils zum Ort ihrer Kindheit – ein Holzhaus am See – zurück, um die Asche ihrer Mutter zu verstreuen. Eine Reise durch die raue, unberührte Natur wie auch durch die Zeit. Im Kampf um die Liebe der Mutter, die abweisend und grob, dann wieder beinahe zärtlich war, haben die Jungen sich damals aufgerieben bis zur Erschöpfung. Heute fühlen sie sich so weit voneinander entfernt, dass es kein Aufeinanderzu mehr zu geben scheint. Und doch ist da dieser Rest Hoffnung, den Riss in der Welt zu kitten, wenn sie sich noch einmal gemeinsam in die Vergangenheit vorwagen.

ÜBER DEN AUTOR:

Alex Schulman, 1976 in Hemmesdynge geboren, ist Autor und Journalist. Er hat mehrere autobiografische Bücher veröffentlicht, sein Memoir ›Glöm mig‹ wurde in Schweden 2017 zum Buch des Jahres gekürt. ›Die Überlebenden‹ ist sein erster Roman.

21.08.2021

Thema: Lektüre, Teil l; Seite 1 bis 156

Thema: Lektüre, Teil l; Seite 1 bis 156
ysmn kommentierte am 01. August 2021 um 12:52

Bisher nehme ich den Roman als eine Geschichte über Familienbeziehungen, Schuld, Schmerz, Verdrängungen, aber auch über schöne Kindheitserinnerungen und den Zusammenhalt der drei Brüder während ihrer Kindheit wahr. 

Als Leser erfahren wir einerseits, dass Nils sich von den anderen beiden Brüder im Stich ausgeschlossen gefühlt hat und dass Pierres Verhältnis zu Nils ebenfalls schwierig ist. Das Verstreuen der Asche der Mutter lässt Erinnerungen und Traumata hochkommen, über die die drei Brüder nie miteinander geredet haben, die nie verarbeitet wurden. Andererseits offenbart uns die zweite Zeitebene, der Blick in die Kindheit im Sommerhaus, dass es nicht immer und ausschließlich so war zwischen den Jungen. Besonders stark finde ich in diesem Zusammenhang die Szene im See, das gemeinsame Ankämpfen gegen die Erschöpfung. Oder als Pierre sich in die Hose macht und Benjamin nicht lacht oder die Situation ins Lächerliche zieht. In der Beziehung der Brüder scheinen sich schon immer Zusammenhalt und Kränkungen abgewechselt zu haben. Doch jetzt, als Erwachsene, überwiegt die Distanz, das Ungesagte. Sie haben sich auseinandergelebt. 

Der Roman wirkt bisher sehr filmisch auf mich, vergleichbar mit Erzählkino. Alles wird lebendig und unaufgeregt beschrieben. Das Sommerhaus ist dabei der bildhafte und idyllisch anmutende Schauplatz für eine Geschichte, die schon früh eine sehr greifbare und dichte Atmosphäre entwickelt. Ihr Fokus liegt auf dem Zwischenmenschlichen, auf den Beziehungen innerhalb der Familie. Es geht nicht um Spannung oder möglichst viel Dramatik. Dazu trägt auch Benjamins Perspektive bei. Er ist sensibel, nimmt die Welt um sich herum anders wahr als die anderen. Zum Beispiel ahnt er schon, wenn sich ein Streit zwischen den Eltern anbahnt.  

Dieser erste Teil des Romans hat mir sehr gefallen und ich bin schon gespannt auf eure Meinungen.

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misery3103 kommentierte am 03. August 2021 um 12:40

Ich glaube, durch das Verhalten der Eltern können die Jungs keine innige Verbindung zueinander aufbauen. Die Eltern schüren ja das Wettbewerbsgefühl und spielen die Jungs gegeneinander aus. Egal ob es darum geht, wer der cleverste ist, sollen sie sich auch in Wettkämpfen beweisen. Dadurch kämpfen sie ständig gegeneinander. Das ist schlimm und führt dazu, dass sie kein inniges Verhältnis zueinander haben.

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Herbstrose kommentierte am 04. August 2021 um 23:29

Da stimme ich dir zu! Dieses Wettbewerbsverhalten führt auch dazu, dass sie sich als Erwachsene bei Meinungsverschiedenheiten gegenseitig verprügeln. 

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ysmn kommentierte am 06. August 2021 um 00:40

Ja, ich bin auch eurer Meinung. Und dabei sind ja Ansätze von bedingungslosem Zusammenhalt da, zum Beispiel im See, wo die Drei füreinander da sind und besonders Benjamin will, dass sie alle am Ufer ankommen. 

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Stardust kommentierte am 08. August 2021 um 21:24

Wobei Benjamin immer derjenige ist, der sich um Harmonie bemüht. Der den Zusammenhalt sucht mit seinen Brüdern.

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ysmn kommentierte am 09. August 2021 um 14:29

Ja das stimmt. Ich habe ihn auch als feinfühligsten der Brüder wahrgenommen. 

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Heidi kommentierte am 13. August 2021 um 22:12

Ja das liegt aber auch vor allem daran, da er ja der sensibelste Bruder von allen ist. Ist er nicht auch noch der Mittlere. Ich habe mal gehört/gelesen, dass die Geschwister, die in der Mitte geboren sind, sich meist als "Brücke" zwischen den Gecshwistern sehen. Kann aber auch sein, dass das gar nicht stimmt. Ich habe nämlich nur einen älteren Bruder. Vielleicht gibt es ja einige mittleren Geschwister in der Gruppe.

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schwadronius erwähnte am 04. September 2021 um 17:08

Das kommt wohl drauf an, wie das Verhältnis untereinander ist. Es gibt Familien, da ist das älteste Geschwisterchen "die Brücke". Es sah alle nacheinander aufwachsen, kümmerte sich um alle und alle kommen zuerst mit ihren "Problemen" zu ihm.

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parden kommentierte am 18. August 2021 um 21:50

Da ist etwas dran, das glaube ich auch. Dazu noch der Altersunterschied. Und wie verschieden die Wege der Jungen sind, mit den familiären Situationen umzugehen: Benjamin fühlt sich verantwortlich, versucht alles im Vorfeld auszuloten und wenn möglich zu entschärfen, Nils sieht weg und geht weg und schafft dadurch eine Distanz zu allem, Pierre ist oft hilflos und neigt eher zur Gleichgültigkeit und später zur Wut.

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ysmn kommentierte am 19. August 2021 um 12:50

Genau! Wie der Autor es schafft, die drei Charaktere der Brüder so gekonnt und präzise zu porträtieren, das ist schon grandios, finde ich.

 

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schwadronius erwähnte am 04. September 2021 um 17:05

Ein Wettbewerb von Kindern ungleichen Alters hat unfaire Bedingungen. Durchaus gibt es starke und talentierte jüngeren Alters, aber der Schwimmwettkampf zum Beispiel war nur als Lebenslektion gut. Schön der Moment, als alle nicht mehr können. Ein wenig enttäuschend, dass sich einer dann davonschwomm, aber wiederrum passend für die Charakterfestigung, die in dem Roman porträtiert werden soll.

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Estrelas kommentierte am 09. August 2021 um 18:21

Die gemeinsame Rückkehr nach dem Schwimmwettkampf habe ich als einen starken Moment des brüderlichen Zusammenhalts empfunden, der sonst nicht immer offensichtlich war.

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Heidi kommentierte am 13. August 2021 um 22:14

Was mich bei der Rückkehr schockiert hat, war, dass die Eltern ja einfach schon ins Haus gegangen sind und gegessen hatten ohne die Kinder. Man hätt ja zumindest mal nachschauen können, ob sie noch am Leben sind oder wo sie denn bleiben. Es wurde ja auch schon dunkel. Aber hauptsache die Eltern haben nen vollen Bauch und räumen den Tisch ab. Ich dachte, ich lese nicht richtig.

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meg kommentierte am 01. August 2021 um 13:43

Ich tu mich sehr schwer mit der Rückwärtserzählweise des Romans. Trotzdem gefällt es mir bisher ganz gut, der Autor schreibt und beschreibt sehr anschaulich. Das Verhältnis der drei Brüder empfinde ich bisher als sehr ambivalent und je mehr ich von der Vergangenheit der drei lese, desto mehr tun mir die Kinder leid. Welch ein Verhältnis zu der Mutter !

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ysmn kommentierte am 01. August 2021 um 17:15

Welch ein Verhältnis zu der Mutter !

Ja, ich finde ihr Verhalten auch schwierig. Manchmal voll Liebe zu ihren Kindern, dann wieder hart und unnachgiebig. Die Brüder wissen im Grunde nie, was auf sie zukommt. 

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misery3103 kommentierte am 03. August 2021 um 12:41

Nicht nur die Mutter, auch der Vater wechselt ständig hin und her zwischen Liebe und Gewalt. Dazu das Trinken. Die Rückfahrt der Familie am Ende des Leseabschnitts fand ich so bedrückend - auch wie der Vater auf die Kinder einschlägt und die Mutter sagt: Wir müssen erst mal schlafen. Furchtbar!

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ysmn kommentierte am 03. August 2021 um 22:17

Die Rückfahrtsszeme  ich auch sehr bedrückend! Aber grandios geschrieben vom Autor.

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Heidi kommentierte am 13. August 2021 um 22:18

Da stimme ich dir zu. AUch der Vater. Nicht nur die Rückfahrt auf den letzten Seiten des ersten Abschnitts, sondern auch als er die beiden jüngeren Kinder mit in den Wald genommen hat und sie dazu bringt diese Birkensträucher oder wie die hiessen zusammenzustellen und dann einfach zu den Kindern sagt, dass er jetzt geht. Er fragt nicht mal nach, ob sie den Weg allein wieder zurückfinden. Schließlich sind sie doch zu ner Stelle gelaufen, die sie vorher noch nicht kannten. Ich bin echt entsetzt über diese ELtern.

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Stardust kommentierte am 08. August 2021 um 21:25

Mir gefällt dieses aufrollen von hinten sehr, man hat ein Ereignis und arbeitet sich ganz langsam darauf zu.

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ysmn kommentierte am 09. August 2021 um 14:31

Vor allem passt es zu dieser Geschichte einfach sehr gut. Ich muss gestehen, dass ich es nicht immer mag, aber hier hat es dazu beigetragen, dass man noch tiefer in die Geschichte hineingezogen wird. 

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Estrelas kommentierte am 09. August 2021 um 18:23

Mir ist das Rückwärtslesen erst aufgefallen, nachdem ich das hier las. ;)

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nikolausi kommentierte am 01. August 2021 um 14:57

Der Aufbau der Geschichte ist gewöhnungsbedürftig - zum einen das von den Brüdern beabsichtigte Verstreuen der Asche ihrer toten Mutter, das im Zweistundentakt rückwärts erzählt wird, zum anderen der frühere Sommer der Familie in deren Haus am See. Die Geschichte ist durchzogen von grschwisterlichen Rivalitäten. Die Eltern scheinen Alkoholiker zu sein. Die Mutter ist sehr wechselhaft im Umgang mit ihren Söhnen, von denen der Älteste wohl ihr Liebling ist. Passend zum Handlungsort an einem einsam gelegenen See passiert nicht viel an Handlung. Über Benjamins Rolle bin ich mir nicht im Klaren - irgendwo stand eindeutig, dass er gestorben ist, war das an dem Tag im Überspannwerk?

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Xana kommentierte am 01. August 2021 um 22:20

Ich glaube, der Tag im Überspannwerk, also der Unfall, ist damit gemeint. 

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meg kommentierte am 01. August 2021 um 23:04

Aber gestorben ist er da nicht, nur wie tot.

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alasca kommentierte am 04. August 2021 um 22:01

"Passend zum Handlungsort an einem einsam gelegenen See passiert nicht viel an Handlung."

Polizei mit Blaulicht in Kapitel 1, drei Jungen, die beinahe ertrinken in Kapitel 2, eine Schlägerei in Kapitel 3, bei dem der eine Bruder dem anderen eine Rippe bricht, und zwar mit der Urne (!) ihrer Mutter, ein lebend gebratener Fisch in Kapitel 4 ... 

Bist du sicher, dass du dasselbe Buch gelesen hast?;-)

Also mir reichte es nach diesem Kapiteln schon an äußerer Handlung - von den Psychodramen mal ganz abgesehen, die wirklich krass und schwer auszuhalten waren. 

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Herbstrose kommentierte am 04. August 2021 um 23:33

Ich stimme dir zu, mehr an Action und Hinterhältigkeiten der Eltern wäre kaum auszuhalten.

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Benne kommentierte am 07. August 2021 um 11:18

Der lebend gebratene Fisch hat mich echt schockiert. Ich habe nicht so etwas Derbes erwartet.

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Heidi kommentierte am 13. August 2021 um 22:25

An Action passiert meiner Meinung nach auch genug. Vor allem die ganzen Sachen, die die Eltern mit den Kindern abziehen: Den jüngeren Kindern sagen, sie sollen die schulische Leistung von Nils nachmachen. Der SChwimmwettkampf gegen Abend und die ELtern gehen einfach und essen schon, ohne zu wissen, ob die Kinder zurück sind. Die Kinder allein im Wald lassen, damit sie Birkensträucher sammeln. Im erdkeller ausharren lassen, obwohl der Junge Angst im Dunkeln hat. Die Liste ist lang. Ja und dann noch Der Fisch. Diese Szene hat mich echt an meine Grenzen gebracht. Ich hab mich echt kaum zusammenreisßen können beim Lesen. Ich bin immer sehr empfindlich, wenn Tiere in Filmen oder Büchern verletzt werden oder sterben müssen. Auch die Sache mit Molly. Sie ist mir richtig ans Herz gewachsen und tat mir so Leid. Und dann muss sie so sterben.

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Stardust kommentierte am 08. August 2021 um 21:27

Bei der Szene mit dem Fisch habe ich so richtig mitgelitten, das war so echt geschrieben, wie die Kinder das verarbeitet haben.

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schwadronius erwähnte am 04. September 2021 um 17:25

Solch starker Bilder bedarf es, um die Erzählung besser "greifen" zu können.

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Estrelas kommentierte am 09. August 2021 um 18:25

Ja, bei den Eltern schwankt es irgendwie zwischen Fürsorge und Desinteresse für ihre Kinder.

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misery3103 kommentierte am 03. August 2021 um 12:37

So, den ersten Abschnitt habe ich jetzt gelesen. Ich musste das Buch unterbrechen, weil mich das Beschriebene so deprimiert hat. Gruselige Geschichte irgendwie.

Die Familie ist gestört, oder? Die trinkenden Eltern, die Jungs, wie sie die meiste Zeit sich selbst überlassen sind. Wie die Eltern ständig die Jungs gegeneinander aufhetzen, die Gewalt. Das fand ich wirklich schlimm. Und auch wie die Jungs ihren Frust untereinander auslassen - der lebend gegrillte Fisch. Furchtbar. Dann gibt es auch diese Momente der Freundschaft zwischen den Brüdern, aber meistens ist es ein Machtkampf. Ein bisschen schmunzeln musste ich über die aufgeklaubten Süßigkeiten, über die sich die Jungs trotzdem hermachen. Ich fand es gleichzeitig eklig und lustig - oder auch das Wiederverwenden der gekauten Kaugummis, die nach einer Nacht fast wieder frisch schmecken.

Die Erzählweise finde ich eigentlich gut und ich bin immer gespannt, wenn die Geschichte in die Vergangenheit wechselt. Aber es deprimiert mich auch.

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ysmn kommentierte am 03. August 2021 um 22:20

Ich finde, unter den Brüdern wechseln sich Zusammenhalt, Liebe, Gewalt und Kränkungen ab. Mal überwiegt das eine, mal das andere. 

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Estrelas kommentierte am 09. August 2021 um 18:27

Oh ja, der lebend gebratene Fisch. Ist das typisch, dass Kinder sowas ausprobieren oder hat es schon etwas Sadistisches? Immerhin hat einer den ganzen Dreck wieder weggemacht und die Verantwortung übernommen.

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schwadronius erwähnte am 04. September 2021 um 17:33

Ich wuchs auf dem Dorf auf. In meiner Klasse gab es Jungs, die Frösche aufbliesen und Katzen Chinaböller in den Hintern steckten. Im Grundschulalter. Insekten wurden regelmäßig angezündet. Das ist nur das, das ich mitbekam. Ich möchte nicht wissen, was sie noch alles taten, von dem ich nicht hörte. Hätte unser kleiner Bach Fische gehabt, hätten sie sie wahrscheinlich auch lebendig gebraten.

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alasca kommentierte am 04. August 2021 um 21:04

Selten einen so originell konstruierten Roman gelesen, sehr kunstvoll. Auch psychologisch kundig aufgebaut; die Eltern, die emotional inkonsistent sind und zwischen Zuwendung und Aggression changieren, die Söhne, die um ihre Zuneigung konkurrieren. 

Der Hund Molly, der für mein Gefühl eine für ein Haustier zu bedeutsame Rolle einnimmt. Ich kann zwar gut verstehen, dass man sein Herz an einen Hund hängen kann, das will ich keinesfalls kleinreden. Aber es kommt mir nicht ganz stimmig vor, selbst wenn man bedenkt, dass er im Finale des ersten Teils zu Tode kommt und Benjamin deshalb Schuldgefühle hat. Es reicht für mich nicht aus, die Entfremdung der erwachsenen Brüder zu erklären. 

Bislang ist das aber mein einziger Kritikpunkt, da hakt es ein bisschen. 

Die Charakterisierung der Jungen finde ich sehr gelungen. Ihre unterschiedlichen Strategien, mit der Situation fertig zu werden. Nils, der Älteste und Liebling der Eltern, schottet sich ab. Benjamin, der Mittlere, entwickelt eine besondere Sensibilität, um frühzeitig die Alarmzeichen erkennen zu können. Und Pierre, der Jüngste, rüstet physisch auf (Kampfsport) und agiert die erlebten Aggressionen gegenüber jüngeren Schülern aus. Es ist logisch, dass Benjamin, der Beobachter, auch der Erzähler der Geschichte ist. Alles wirklich sehr stimmig und durchdacht. 

Der rückwärts erzählte Erzählstrang der Gegenwart ist etwas gewöhnungsbedürftig zu lesen - sehr raffiniert der dagegen gesetzte Erzählstrang der Vergangenheit, der chronologisch abläuft. 

Ich fand es sehr spannend zu lesen, stilistisch auf hohem Niveau und sehr bildmächtig. 

 

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Stardust kommentierte am 08. August 2021 um 21:32

Ich empfinde den Aufbau dieses Romanes auch als ganz große Erzählkunst. Man wird förmlich verschlungen von dieser Familie, in der man das Gefühl hat, dass jeder ein Problem mit sich rumträgt, das größer als das der anderen ist. Und dann diese unsägliche Sprachlosigkeit untereinander, dieser Wettstreit um ein bißchen Liebe, das ist so gut geschrieben, mir schnürt es fast die Luft ab. Am liebsten würde ich die Mutter mal zur Seite nehmen und fragen, was sie da macht mit ihren Jungs, aber sie ginge sich dann wohl ma hinlegen.

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alasca kommentierte am 09. August 2021 um 14:25

"... aber sie ginge sich dann wohl mal hinlegen."

:-)

 

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schwadronius erwähnte am 04. September 2021 um 17:38

Das Verhalten der Mutter erklärt sich zum Schluss. Und somit auch das des Vaters.

Allein dafür, die Darstellungen und dass erst das Ganze gewusst werden muss, lohnt es sich, den Roman zu lesen.

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ysmn kommentierte am 09. August 2021 um 14:34

Eine sehr gelungene Zusammenfassung von dir! Und genau wie du fand ich es sehr bildmächtig, aber nie überladen, ganz im Gegenteil. Es sind die leisen Töne, die fast schon unaufgeregte Sprache, die diese beeindruckenden Bilder erschaffen.

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parden kommentierte am 18. August 2021 um 22:01

Dieser Beitrag spiegelt meine Meinung zu diesem Abschnitt wieder. Die Mutter schrammt für mich schon an einer Borderline-Störung entlang, da haben Kinder es wirklich schwer. Der Alkoholkonsum beider Eltern tut sein Übriges.

Der Aufbau des Romans ist in meinen Augen ewas Besonderes und passt unbedingt zu dieser Erzählung. Gegenwart und Vergangenheit arbeiten sich anhand von Stichworten aufeinander zu, und diese Rückwärtsrichtung des gegenwärtigen Erzählstrangs ist doch genial gewählt: immer wenn man sich fragt, wie es zu der geschilderten Situation kommen konnte, bekommt man kurz darauf die Erklärung... Melancholisch ist die Stimmung, die hier durch den Schreibstil kreiert wird, die Zeit steht still: das Phänomen ist nahezu greifbar.

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Herbstrose kommentierte am 04. August 2021 um 23:40

Ich bin zwar erst auf Seite 89 dieses Leseabschnittes, möchte aber trotzdem schon mal etwas dazu bemerken:

Zunächst stört mich das Rückwärtslesen ganz gewaltig. Ich blättere jedes Mal zurück zum vorigen Abschnitt und lese nach, wie der begonnen hat (also wie es weiter geht). Das ist doch wohl nicht der Sinn der Sache.

Die Geschichte bis hierher finde ich schon mal sehr interessant, der Unterschied des Verhaltens der Jungs untereinander von der Kinderzeit und jetzt als Erwachsene ist schon krass. Früher mussten sie notgedrungen zusammen halten, um die Herzlosigkeit und Gleichgültigkeit der Eltern zu kompensieren. Heute macht sich das Wettbewerbsverhalten, das sie schon früh erfahren mussten, bemerkbar, ihre Meinungsverschiedenheiten und Differenzen können sie nur mit Gewaltausbrüchen klären.

Insgesamt stimmt mich das Buch traurig. 

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alasca kommentierte am 05. August 2021 um 23:29

Das ist doch wohl nicht der Sinn der Sache.

Doch! :-) Das ist strukturelle Absicht. Siehe Ende des ersten Kapitels. Dadurch entsteht eine Kreisform.

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schwadronius ergänzte am 04. September 2021 um 17:40

Ein bisschen wird doch sogar immer wiederholt ...

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buecherwurm1310 kommentierte am 05. August 2021 um 13:04

Gefällt mir das Buch? Ich weiß es noch nicht. Ich finde es ziemlich bedrückend. Aber ich will auch wissen, wie die Geschichte verläuft.
Die Jungen wissen nie genau, wo sie dran sind. In dem Haus am See gibt es unbeschwerte Momente, aber auch Momente die schrecklich sind. Die Eltern machen ihre Siesta und trinken ziemlich viel Alkohol und sind unberechenbar. Benjamin erkennt früh, wenn etwas sich zu entladen droht, und Niels sondert sich ab. Nur Pierre scheint keine Methode gefunden zu haben mit dem unberechenbaren Verhalten zurechtzukommen. Er macht es über Aggressivität. Ganz besonders schlimm fand ich das Wettschwimmen um die Boje herum. Der Vater regt es an und sorgt für Konkurrenzkampf und dann sind die Eltern einfach im Haus verschwunden, während die Jungs ums Überleben kämpfen. Aber die Mutter ist auch nicht besser. Da gibt es die kleinen Augenblicke der Nähe, die aber sehr abrupt enden können.
Irgendwie geht mir das nahe und das ist etwas, was ich im Moment gar nicht mag.
Nach dem Tod der Mutter kommt all das Unausgesprochene und die Rivalität wieder hoch.

 

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Estrelas kommentierte am 09. August 2021 um 18:31

Die Schwimmszene fand ich auch krass in der Hinsicht, wie du es schreibst. Es war ein Überlebenskampf, und die Eltern haben die Kinder der Gefahr ausgesetzt und sich nicht für den heilen Ausgang interessiert.

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Estrelas kommentierte am 05. August 2021 um 18:29

Ich war fest entschlossen, dieses Buch zu mögen, bin mir darüber aber während des Lesens nicht mehr so sicher. Wir erfahren zwar viel über die Dynamik zwischen den Brüdern, aber dann fühlte ich mich zu sehr dazwischengeworfen, um sie auseinanderzuhalten (ich könnte sie noch nicht mal nach Alter in eine Reihenfolge bringen). Vielleicht berührt mich auch die Sprache weniger als erwartet. Beim letzten Satz auf Seite 73 z.B. habe ich mich gefragt, ob das poetisch oder doch irgendwie wörtlich gemeint sein könnte. Hat der Junge ein Feuer gemacht oder spiegeln sich nur die Sterne in den Bäumen? Im Kopf geblieben sind mir (positiv) die Zeitkapsel, die dann nackt wieder ausgegraben wurde und (negativ) die Strafen der Mutter (der Kohlenkeller).

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Kleine_Raupe kommentierte am 05. August 2021 um 20:13

Der Vater hat doch vorher den beiden Brüdern erklärt, dass die Silberbirken so heißen, weil die Blätter im Schein des Mondes silbern aussehen. Benjamin kehrt später zu der Stelle zurück und sieht die Silberbirken bei Vollmond. Sie leuchten so sehr, dass es wohl fast so hell ist wie Feuer.

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Estrelas kommentierte am 06. August 2021 um 18:40

Danke für die Interpretationshilfe. Mir war das bewusst, und trotzdem wirkte der Satz seltsam auf mich. Irgendwie war der Unterschied zwischen Zweige abbrechen und von den Bäumen schwärmen dann doch zu krass.

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parden kommentierte am 18. August 2021 um 22:04

Genau, so habe ich das auch verstanden...

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alasca kommentierte am 05. August 2021 um 23:23

Der Funkenregen fiel über die dunkle Landzunge, wie ein Lauffeuer breitete sich der Silberbrand in den Bäumen aus. 

Das gehört zum Schönsten, was ich seit langem gelesen habe. Ich fand´s ganz wunderbar. 

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parden kommentierte am 18. August 2021 um 22:04

Die Stelle hat mir auch sehr gut gefallen!

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schwadronius erwähnte am 04. September 2021 um 17:50

Sowas wird bestimmt erst in vollem Umfang erfasst, wenn es mit eigenen Augen gesehen wurde. Alpenglühen, Polarlichter, Grüne Blitze, Meeresleuchten, Bunte Bäume, ...

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Kleine_Raupe kommentierte am 05. August 2021 um 19:45

Bin noch nicht fertig mit dem ersten Teil. Bis jetzt gefällt mir das Buch sehr gut, vor allem der Schreibstil.  Tolle Sprache und wunderbare sprachliche Bilder. Auch die Geschichte fasziniert mich, wobei ich schon fast ein bisschen Angst habe, was noch kommt. Die Eltern der drei Brüder stechen ja nicht gerade durch besondere Fürsorge oder menschliche Wärme hervor. Die Sache mit dem Fisch war hart! Da wurde mir tatsächlich etwas schlecht. Tierquälerei kann ich nicht gut ertragen, weder im echten Leben noch in Büchern. Aber ich muss sagen, dass der Autor es sehr bildhaft und überzeugend geschrieben hat, ich habe die beiden Jungs mit der Pfanne und dem Fisch vor mir gesehen.

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alasca kommentierte am 05. August 2021 um 23:26

Ich kann dir nur zustimmen - so eine Bildmächtigkeit ist selten. Der Roman gehört zu den Büchern, bei denen ich mich vielleicht irgendwann fragen werde, ob ich ein Buch gelesen oder einen Film gesehen habe...

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Kleine_Raupe kommentierte am 06. August 2021 um 11:41

Das geht mir ganz genauso. Deswegen kann ich das Buch auch nicht schlecht finden, obwohl es mich deprimiert. Das Verhältnis der Eltern zu den Kindern, das Verhältnis der Brüder untereinander, die Gewalt, die Sache mit dem Hund... aber die Sprache haut mich um und wie du auch geschrieben hast, läuft in meinem Kopf ein Film ab.

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Kleine_Raupe kommentierte am 06. August 2021 um 14:11

Was mich traurig gemacht hat und was ich auch nicht verstehe ist, dass Nils seinem Bruder den Tod wünscht. Sicher, die Brüder sind nicht immer nett zueinander, aber als so schlimm empfinde ich es nicht. Benjamin und Pierre ärgern ihn und machen sich über ihn lustig, aber als Quälerei empfinde ich das nicht. Jedenfalls nicht so, dass ich den Hass nachvollziehen kann.

Nicht schön ist auch, dass Benjamin wiederholt seinen Bruder so sehr kitzelt, dass der sich in die Hose macht. Ich hätte mir gewünscht, dass zwischen den Brüdern ein besseres Verhältnis herrscht, als zwischen Eltern und Kindern. Aber die Kinder bekommen es ja so vorgelebt.

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parden kommentierte am 18. August 2021 um 22:08

"Benjamin und Pierre ärgern ihn und machen sich über ihn lustig, aber als Quälerei empfinde ich das nicht. Jedenfalls nicht so, dass ich den Hass nachvollziehen kann."

Wir bekommen hier nur Ausschnitte mit, aber abgesehen davon empfindet der eine etwas als ganz fürchterlich, wo ein anderer nur mit den Schultern zuckt. Nils scheint durchaus auch sensibel zu sein, versucht das aber meist auf seine Art zu überspielen. Und er schämt sich für seine "Mängel", sein Schielen, seine fast kahle Stelle auf dem Kopf, seine Muttermale... Er betont lieber seine Stärken und versucht dadurch den anderen seine Überlegenheit zu demonstrieren: er geht immerhin zum Gymnasium...

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schwadronius erwähnte am 04. September 2021 um 17:58

Als Erwachsener wird das auch anders betrachtet.

Früher machte ich mir keine Gedanken, wenn ich auf dem Friedhof auf eine Feuerwanze trat. Heutzutage schüttelt es mich, wenn ich das Knacken eines Schneckenhauses im Garten höre.

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siko71 kommentierte am 06. August 2021 um 14:28

Interessantes Buch, es erzählt die Geschichte rückwärts.

Das Verhältnis der Eltern zu den drei Söhnen ist schon irgendwie eigenartig. Mal ist die Mutter mürrisch, mal der Vater. Und die drei Brüder sind sich auch nicht immer grün. Okay, das soll bei Geschwistern vorkommen. Aber, wenn den dreien von den Eltern eine Ungerechtigkeit angetan wurde, dann halten Sie zusammen.

Der Schreibstil ist flüssig und die Geschichte spannend.

Thema: Lektüre, Teil l; Seite 1 bis 156
Herbstrose kommentierte am 06. August 2021 um 22:56

Jetzt nach dem ersten Teil kann ich sagen, das ist kein Wohlfühlbuch für mich. Es ist zwar sehr schön geschrieben, aber das Rückwärtslesen des Geschehens in der Gegenwart stört mich immer noch. Ich sehe keinen Sinn darin, eine Geschichte so zu konstruieren. Das ganze Geschehen, sowohl in der Vergangenheit als auch das Gegenwärtige, finde ich einfach zu bedrückend. Selten eine Szene, die man selbst erleben möchte. Sind die Eltern mal nett zu den Jungs, kippt kurz darauf garantiert wieder die Stimmung. Warum ich jedoch weiter lesen möchte ist, weil mich interessiert, wieso die Brüder als erwachsene Männer sich so auseinander gelebt haben und sich schon beinahe feindseelig gegenseitig benehmen. In der Kinderzeit fand ich ihren Zusammenhalt besser, obwohl auch da schon ein gewisses Konkurrenzdenken, gefördert von den Eltern, vorhanden war.

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alasca kommentierte am 09. August 2021 um 14:29

"Selten eine Szene, die man selbst erleben möchte."

Da hast du sicher recht. Aber ich verstehe Lesen als eine Art Empathietraining - es befähigt einen, sich in Menschen hineinzuversetzen, die es viel schwerer hatten als man selbst, und vielleicht mehr Verständnis aufzubringen, wenn sie sich nicht normgerecht verhalten. Es heißt doch immer, ein Mensch lebt nur ein Leben, aber ein/e Leser/in lebt gleich Hunderte. Große Kunst ist es eben, etwas so zu schildern, dass man auch für Menschen Verständnis aufbringen kann, die man sonst nur verurteilen würde. 

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schwadronius erwähnte am 04. September 2021 um 18:01

Ich sehe keinen Sinn darin, eine Geschichte so zu konstruieren.

Wenn das Buch fertig gelesen wurde, wirst Du wissen, dass es Sinn ergibt.

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Benne kommentierte am 07. August 2021 um 11:14

Das Buch lebt in seinem eigenen kleinen Mikrokosmos. Mir gefällt sehr, wie man sich ständig an die drei Brüdern heftet, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Den wohl liebenswürdigste Hund in einem Roman findet man dieses Jahr in "Die Überlebenden". Umso trauriger bin ich nach Beenden des ersten Teils, dass er dann keine Rolle mehr in der Vergangenheits-Zeitebene spielen wird.

Meine Meinung über die chronologische Erzählweise der Vergangenheit und die genau umgekehrte Form in der Gegenwart und den unterschiedlich umfassenden Zeiträumen ist bisher zwiegespalten. Ich bin froh, dass nichts kompliziertes in der Geschichte passiert und nicht noch mehr Personen eingeführt werden, ansonsten könnte man schnell durcheinander kommen. Ich bin mir aber noch unschlüssig, ob der Erzählstil klug und durchdacht ist oder die Geschichte in ihrer Entfaltung sogar hindert.

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Fromme Helene kommentierte am 07. August 2021 um 23:11

Teil I habe ich geschafft. Das Buch liest sich flüssig, wenn auch ich anfänglich Mühe hatte, die Brüder auseinanderzuhalten. Ich bin froh, dass der Autor sich für eine Erzählperspektive (Benjamin) entschieden hat. Durch die zwei Erzählstränge und die Rückwärtsrichtung des einen reicht es mir an „Konstruktivismus“. Er baut damit einen besonderen Spannungsbogen auf und ich bin gespannt, wie sich das am Ende bezahlt macht.

Inhaltlich liest sich die Geschichte wie das Psychogramm einer Familie. Die Jungs haben keine Chance eine sichere Bindung zu Vater oder Mutter aufzubauen, da sie durch deren schwankendes Verhalten niemals in Sicherheit sind. Generell scheinen die Eltern sich zu reichen und die Jungs nur zu nutzen, wenn ihnen der Sinn nach Familienidyll steht.

Diese „Wettbewerbe“, die vom Vater ausgerufen werden, vergiften das Miteinander. Besonders schlimm fand ich, dass der Vater beim Wettschwimmen noch nicht einmal das Ende abwartet. Desinteresse hinterlässt tiefe Wunden und es wird deutlich, dass die Wettbewerbe nur dazu dienen, dass die Eltern ihre Ruhe haben.
So wundert es mich nicht, dass den Jungs durch das schlechte Bindungsvorbild auch untereinander nicht gelingt eine sichere Beziehung miteinander zu führen.
Angst und Wut vergiften die Atmosphäre und werden oftmals gegeneinander eingesetzt.

Mich wundert es nicht, dass sie sich inzwischen von einander entfernt haben. Ist es nicht nur menschlich, dass man möglichst viel Abstand zu dieser traumatischen Vergangenheit sucht. Das kann nicht funktionieren, wenn ich die, die mich täglich daran erinnern, in meiner Nähe halte.

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Stardust kommentierte am 08. August 2021 um 21:39

Dieses Buch hat mich von Anfang an wirklich gefesselt, es erzeugt durch die schöne, fast poetische Sprache bei mir bildhafte Szenen. Wobei es einige wunderbare Naturbilder sind, aber meistens bedrückende Szenen von Alkoholmißbrauch, Gewalt in der Familie, Liebesentzug und Vernachlässigung der eigenen Kinder.

Die Jungs haben meistens nur sich und trotzdem halten sie nur zusammen, als es um Leben und Tod geht. Diese Sprachlosigkeit zieht sich durch alle Kapitel und es ist schwer das zu lesen, aber ich kann das Buch auch nicht zur Seite legen.

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alasca kommentierte am 09. August 2021 um 14:31

"... es ist schwer das zu lesen, aber ich kann das Buch auch nicht zur Seite legen."

Das ist die große Kunst des Autors.

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Heidi kommentierte am 13. August 2021 um 22:27

Dem stimme ich vollkommen zu. Mir entgleisen meine Gesichtszüge beim Lesen und mein Herz verkrampft sich, aber ich muss weiter lesen. 

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leseratte54 kommentierte am 14. August 2021 um 07:10

Auch ich habe das Gefühl, dass ich eine Schwere in den Händen halte, wenn ich das Buch lese. Andereseits habe ich immer noch ein bisschen Hoffnung, dass das Leben der Jungs sich wandelt und sie eine schöne Kindheit erleben. Jetzt, nach dem ersten Leseabschnitt, sehe ich dem allerdings nicht positiv entgegen. 

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Heidi kommentierte am 13. August 2021 um 22:43

Also dieses Buch wühlt mich innerlich so auf.

Es ist sehr ruhig erzählt. Die Atmosphäre ist trotz der ganzen Aktionen, die geschehen, stets ruhig. Das gefällt mir besonders. Ich mag ja solch ruhig erzählte Gecshichten besonders gern.

MIt dem Rückwärtserzählen habe ich gar kein Problem. Im Gegenteil, es macht mich eher nervöser bzw. aufgeregter, weil ich das Gefühl habe, die Bombe platzt gleich.

ABer diese Familie bzw. die ELtern machen mich richtig fertig. Ich werde mich an dieser STelle bestimmt wiederholen, verzeiht mir. Dieses Desinteresse der Eltern ihren Kindern gegenüber finde ich echt hart. Die Kinder werden zum Wettschwimmen geschickt, es wird dunkel und die Etern räumen bereits den Tisch ab, ohne zu wissen, ob ihre Kinder ohne SChaden zurück sind. Benjamin wird in den Erdkeller gecshickt obwohl er ANgst im Dunkeln hat. Die Kinder gehen mit dem Vater in den Wald zum Birkensträucher sammeln, sie kennen die STelle noch nicht und der Typ sagt, er geht jetzt wieder zurück. Die Jüngeren Kinder werden angestachelt, die schulische LEistung von Nils Nachzumachen.

Ich kann verstehen, warum Nils bei vielen Aktivitäten nicht mitmacht, die der Vater organisiert. Es kommt mir auch so vor, als ob der Vater sich absichtlich Aktionen ausdenkt, bei denen die Kinder erstmal ne Weile beschäftigt sind, damit er wieder umkehren kann, um sein Bier oder Wein oder was auch immer zu trinken. 

Die Szene mit dem lebend gekochten Fisch fand ich am heftigsten. Ich habe immer noch meine Probleme mit dieser Szene, sobald ich daran denke. 

Der HUnd tat mir vorher schon Leid und durch seinen sinnlosen Tod nur noch mehr. 

Von den Gecshwistern sympathisiere ich am meisten mit Nils bisher. Mit Pierre habe ich so meine Probleme. Die Kinder wollen die Asche verstreuen am Ufer und er muss erstmal pullern im Wasser. Fand ich nicht sehr angebracht. Sein Verhalten wirkt auf mich an vielen STellen unangebracht. Die Idee mit dem Fisch beipielsweise. Da hat er es sich besonders mit mir verscherzt, wenn man das so sagen kann.

Alles in allem aber gefällt mir das Buch, da es diese ganzen verschiedenen EMotionen in mir hervorruft beim Lesen. Und diese gemischten Gefühle habe ich nicht so oft Büchern. Muss ich sagen, hat der Autor echt toll hingekriegt bisher. Ich bin gespannt, was noch auf mich zukommen wird im zweiten Teil. 

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schwadronius erwähnte am 04. September 2021 um 18:10

Ich fragte mich, ob Pierre absichtlich einen Namen mit P in der Geschichte bekam: er p-ullert in den See, er p-ullert sich in die Hose und in der Sauna betrachtet Benjamin Pierres P-enis.

Ist es tatsächlich so. Steckt ziemlich viel im Detail und wäre Lynchstil. David Lynch (ver)steckt soviel in Details. Etwas, dass nur flüchtig erfasst wird und erst bei mehrmaligem Anschauen. Wirklich großartig!

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leseratte54 kommentierte am 14. August 2021 um 07:08

Ein sehr ambivalenter, teilweise sehr bedrückender und trauriger Roman.

Der Erzählstil des Autors ist interessant und ungewöhnlich. Der Einstieg in das Buch fiel mir anfangs schwer, denn ich wußte nicht immer, auf welche Zeitschiene ich mich gerade befinde. Nun bin ich eingetaucht und die Bilder ziehen vorbei. Der Roman hat für mich etwas bedrückendes. Die Leichtigkeit, mit der Kinder das Leben erleben sollten fehlt hier gänzlich. Die drei Brüder sind im Grunde genommen auf sich allein gestellt. Ihre Eltern haben ihre eigenen Sorgen und nehmen am Leben ihrer Kinder nicht teil. Es fällt auf, dass nur die Fehltritte der Jungs thematisert werden und diese mit Erziehungsmethoden bzw. Handlungen geahndet werden, die unterirdisch sind. Ein liebevoller Umgang fehlt. Und so kommt es, wie es häufig in Familien vorkommt. Die drei Brüder sind einerseits verbunden, denn sie erleben das gleiche Schicksal, anderseits versucht jeder mit dieser schwierigen Situation allein zurecht zu kommen. Dies äußert sich dann häufig in Wut und Machtkämpfen untereinander. Manchmal aber sind die drei sich auch sehr nahe und in diesen Momenten sind sie stark. Nun bin ich gespannt auf den zweiten Leseabschnitt und auf die Aufgabe, welche ihnen die Mutter auf den Weg gegeben hat. 

 

 

 

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parden kommentierte am 18. August 2021 um 22:17

"Die drei Brüder sind einerseits verbunden, denn sie erleben das gleiche Schicksal, anderseits versucht jeder mit dieser schwierigen Situation allein zurecht zu kommen. Dies äußert sich dann häufig in Wut und Machtkämpfen untereinander. Manchmal aber sind die drei sich auch sehr nahe und in diesen Momenten sind sie stark."

Schön geschildert... Irgendwie sind die drei jeder für sich einsame Trabanten, die gelegentlich versuchen aneinander Halt zu finden...

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Anja123 kommentierte am 14. August 2021 um 17:00

Was stimmt nur mit diesen Eltern nicht?! Als Mutter stirbt man beim Lesen dieses Buches tausend Tode. Der See, der Wald, der Sumpf, das Stromhäuschen, ... Und was machen die Eltern? Saufen oder schlafen. Die Mutter scheint zudem starke Stimmungsschwankungen zu haben oder ist zumindest für ihre Söhne schwer berechenbar.
Andererseits erhält der Leser/die Leserin Einblicke in eine tolle Ferienzeiten mit viel Natur und Freiheit.
Der Schreibstil des Buches gefällt mir persönlich sehr gut, ebenso wie der Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Auch die Idee, die Gegenwart rückläufig zu schreiben ist genial und passt prima zum Geschehen. Ich bin gespannt, wie es weiter geht.

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kommentierte am 18. August 2021 um 07:36

Die sprachliche Ausdruckskraft finde ich grandios. Es gibt mir das Gefühl direkt daneben zu stehen. Das beeindruckt mich momentan sehr. 

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kommentierte am 18. August 2021 um 07:36

Die sprachliche Ausdruckskraft finde ich grandios. Es gibt mir das Gefühl direkt daneben zu stehen. Das beeindruckt mich momentan sehr. 

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parden kommentierte am 18. August 2021 um 22:22

Die Art des Erzählens hat mich gleich schon auf den ersten Seiten abgeholt. Diese Rückwärtsrichtung des Gegenwartsstrangs ist in meinen Augen genial gewählt, als Kontrapunkt dann die Vergangenheit in chronologischer Richtung. Dadurch schließt sich oft ein Kreis, Fragen die sich beim Lesen stellen, werden kurz darauf wieder aufgelöst, und die Frage, was kommt noch, welche Geheimnisse werden noch zutage treten, treibt mich durch die Seiten. Der Faszination für die bildhafte Sprache, die hier mehrfach schon geäußert wurde, kann ich mich nur anschließen. Ich bin jedenfalls sehr gespannt, was der zweite Teil noch bereithält...

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florinda kommentierte am 22. August 2021 um 11:07

Ich hinke etwas hinterher, fühle meine Empfindungen während des Lesens aber im Eröffnungspost recht gut beschrieben, besonders "filmisch" trifft es mMn gut.

Der Einstieg in die Geschichte fiel mir relativ leicht, aber sie ließ mich die Emotionen der Akteure zwar deutlich erkennen, jedoch nicht immer verstehen.

Bei mehreren Zeitebenen habe ich in vielen Büchern Probleme und hier wird auf verschiedenen Zeitebenen rückwärts erzählt, das irritierte mich doch schon ziemlich heftig.

Wissen, wie es weiter geht, wollte ich aber trotzdem immer... 

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Caro01 kommentierte am 25. August 2021 um 20:26

Gottseidank, sind hier so viele, die mir ähnliche Eindrücke schildern. Trotz der packenden Erzählweise habe ich das Buch erstmals aus der Hand gelegt. Zunächst war ich von den einzelnen Personen der Familie geschockt. Der Umgang der Eltern untereinander und mit den Kindern. Die Beziehung der Jungen miteinander. Alle gehen ohne Empathie miteinander um, dann noch die Szene mit dem Fisch.Lebendig gebraten und weggeworfen. Gruselig! Jemand vermutete, dass die Eltern Alkoholiker sein könnten. Je mehr ich darüber nachdenke, könnte dies das die Konflikte und das Verhalten in dieser Familie erklären.

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schwadronius erwähnte am 04. September 2021 um 16:57

Ein Cliffhanger am Ende jedes Kapitels. Gut gewählt. Auch, wenn man nicht weiterlesen möchte, weil das so eben Gelesene noch im Munde steckt und stockt, tut man es trotzdem. Man muss wissen, wie es zu der Szene kam. Und wumms liest man neues, das man auch unbedingt wieder aufgedröselt haben möchte.

Die Personen agieren alle wie in einem Stück von Henrik Ibsen.

Beschreibungen scheinen karg, sind jedoch angehaucht, weil wenig später das Bäm um die Ecke kommt.

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gagiju kommentierte am 18. September 2021 um 19:39

Die 3 Brüder werden gut eingeführt in ihren Charakteristika, vor allem in den Rückblenden.

Der Handlungsstrang in der Gegenwart mutet teilweise etwas skurril an, und da sich die Ereignisse der Vergangenheit erst nach und nach entrollen, kann man die Verhaltensweisen der Brüder manchmal nicht einordnen, schaut ihnen ein wenig verständnislos zu, aber neugierig - so ging es zumindest mir.

Wunderbar finde ich die Beschreibungen der Landschaft. Man läuft regelrecht mit durch die Wälder, an den See, taucht ein ins Wasser, riecht die sommerliche Atmosphäre.

Beklemmend erscheint von Anfang an das Verhalten der Eltern, es werden viele Szenen geschildert, die unheimlich anmuten, unverständlich, gruselig, bedrückend. Insgesamt entsteht eine Atmosphäre weit jenseits einer warmn, liebevollen Familienumgebung.

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