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Lesen im Deutschunterricht

(Alb-)Traum Schullektüre

Für die einen ist es das Beste am Deutschunterricht, für die anderen der absolute Albtraum: Schullektüren. Durch welche Bücher musstest Du Dich während Deiner Schulzeit quälen? Und welche Romane hast Du geliebt?

Nach zwei Wochen Faulenzen hat gestern für die NRWler die Schule wieder begonnen. Sieben endlose Wochen liegen nun noch vor den von Hausaufgaben und Klassenarbeiten gebeutelten Schülern bis sie durch Weihnachten endlich wieder für einige Tage erlöst werden, in denen sie sich mit Plätzchen und Lebkuchen kräftigen können.

Sieben Wochen sind für Lehrer eine lange Zeit, die jungen, wehrlosen – und meist ganz und gar nicht wissensdurstigen – Heranwachsenden mit Jahrzehnte oder Jahrhunderte alten literarischen Erzeugnissen zu quälen. Durch das Zentralabitur sind für die Oberstufe ausgesuchte Klassiker zur Pflichtlektüre geworden. 2013 zählten für den Deutsch Leistungskurs in NRW beispielsweise „Die Buddenbrooks“ und „Tauben im Gras“ zum festen Bestandteil des Lehrplans. In der Unter- und Mittelstufe zeigt sich das Schulsystem noch etwas flexibler. Lehrer können sich freier für oder gegen Lektüren entscheiden und Schüler haben in einem abgesteckten Rahmen Mitspracherecht. Doch auch hier scheinen einige Bücher besonders beliebt zu sein wie z.B. „Der Schimmelreiter“, Schöne neue Welt“, „Die Räuber“ oder „Die Physiker“.

Orientiert wird sich bei der Auswahl am Literaturkanon – eine Zusammenstellung von Werken, die in der Literatur vom besonderen Interesse und Wert sind. Er gilt als eine Art Richtschnur, die Orientierung durch die Literaturlandschaft gibt. Der Begriff „Kanon“, der ursprünglich aus der Theologie kommt und eine Sammlung von biblischen Schriften bezeichnet, wurde für den Schulunterricht übernommen. Es wurde eine Liste an Titeln zusammengestellt, die durch ihre besondere kulturelle und literarische Bedeutung zur Pflichtlektüre ernannt wurden. Welche Werke im Schulkanon aufgenommen werden, entscheiden heute Literaturwissenschaftler und Lehrer. Dabei kommt es regelmäßig zu Debatten darüber, welche Bücher kanonwürdig sind und auf welche verzichtet werden kann.

Verzweifelter Schüler

Auch außerhalb der Schule existieren verschiedene kanonische Listen, die wichtige Werke der Literaturgeschichte und zeitgenössische Romane zusammenstellen. So veröffentlichte der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki beispielsweise ab 2001 eine fünfbändige Reihe mit seinen persönlichen Literaturempfehlungen, die unter dem Titel „Der Kanon. Die deutsche Literatur“ im Insel Verlag erschien. Neben vielen Befürwortern löste auch diese Veröffentlichung verschiedene Diskussionen aus. Wer darf entscheiden, was gelesen werden muss, und wie kommt gerade diese Auswahl zustande?

Und ein Literaturkanon hat immer ein negativen Beigeschmack, denn es stellt sich die Frage: Sollte Lesen nicht Spaß bereiten? Eine Zusammenstellung von wichtigen Klassikern sieht dagegen doch sehr nach Anstrengung aus …

Doch während man seinen Lesestoff nach dem Schulabschluss selbst aussuchen kann, gibt die Schule doch einige Pflichtlektüren vor, um die man nicht herum kommt.

Das prägendste Buch meiner Schulzeit war wohl „Effi Briest“. Nachdem ich mich erst in der Oberstufe mit der auf einer wahren Begebenheit beruhenden Lektüre auseinandersetzen musste, folgte im Germanistikstudium ein ganzes Semester unter dem Thema „Literarische Kulturkritik“, u.a. am Beispiel von „Effi Briest“. Während Thomas Manns Begeisterung für Fontanes Werk kaum zu bremsen war: „Eine Romanbibliothek der rigorosesten Auswahl, und beschränkte man sie auf ein Dutzend Bände, auf zehn, auf sechs – sie dürfte „Effi Briest“ nicht vermissen lassen“, tendiere ich doch eher zu einer Äußerung, die mir erst diese Woche zu Ohren gekommen ist: „Jemand umbringen und am Tatort „Effi Briest“ zurücklassen: Das ist das perfekte Verbrechen. Man wird denken, er ist aus Langeweile gestorben.“ Ein siebzehnjähriges Mädchen heiratet den doppelt so alten Baron von Instetten, der Effi keine glückliche Ehe bieten kann. Sie flüchtet in eine Affäre, die Jahre später ans Licht kommt. Und so nimmt das Unglück seinen Lauf.  Schon der erste Satz spiegelt das gesamte Werk wieder: „In Front des schon seit Kurfürst Georg Wilhelm von der Familie von Briest bewohnten Herrenhauses zu Hohen-Cremmen fiel heller Sonnenschein auf die mittagsstille Dorfstraße , während nach der Park- und Gartenseite hin ein rechtwinklig angebauter Seitenflügen einen breiten Schatten erst auf einen weiß und grün quadrierten Fliesengang und dann über diesen hinaus auf ein großes, in seiner Mitte mit einer Sonnenuhr und an seinem Rande mit Cana indica und Rhabarberstauden besetzten Rondell warf.“ Lange Sätze mit endlos währenden Landschafts- und Gebäudebeschreibungen überschatten die handlungstragenden Ereignisse wie das Duell zwischen Instetten und Effis Liebhaber, dessen Beschreibung gerade mal eine halbe Seite einnimmt. Beim Lesen dieses Buches habe ich ähnliche Gefühle wie beim Betreten eines Museums, das uralte Zeitungsausschnitte über Pferdesport ausstellt. Schon beim Öffnen des Reclam-Heftes setzt eine gähnende Langeweile ein, die sich quälend durch meinen Körper bohrt und eine Mischung aus Ungeduld, Genervtheit und öder Leere zurücklässt. Fontane habe ich seither erfolgreich vermieden.

Fontane gegen Kafka

Dagegen hat mir in der 12. Klasse Franz Kafkas „Der Prozess“ sehr gut gefallen. Wie in fast allen von Kafkas Erzählungen sieht sich der Protagonist einer anonymen Macht ausgesetzt, die es nicht zu hinterfragen, sondern gegen die es sich zu verteidigen gilt. Die absurdesten Begebenheiten werden bei Kafka zur selbstverständlichen Realität, die im Leser, nicht zuletzt durch die sachlich distanzierte Sprache des 1924 verstorbenen Schriftstellers, ein mulmiges Gefühl hervorruft. Mit der Behandlung dieser Lektüre begann für mich mein Interesse für Kafkas Erzählungen, die bis heute nicht verebbt ist.

Welche Schullektüren haben Dir besonders gefallen? Und welche waren für Dich eine Qual? Welche Bücher hättest Du in der Schule lieber gelesen?  

Autor des Artikels: +Maren Kahl

Kommentare

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RickyundMolly kommentierte am 28. März 2014 um 01:39

Leider haben wir nie viel in der Schule gelesen. Ich durfte ja nur in die Realschule, trotz Empfehlung fürs Gymnasium von der Grundschule aus .  Aber meinen Eltern war das zu hochtrabend und studieren sollte ich mir eh gleich von der Backe putzen (wäre zu teuer) :-(.

Meine Schullektüre war jedenfalls :

Wir pfeifen auf den Gurkenkönig  

Quintus geht nach Rom

Schachnovelle

Der gelbe Vogel

Das Tagebuch der Anne Frank

Damals war es Friedrich

und in englisch einzelne Geschichten aus "Küsschen Küsschen" und "Und noch ein Küsschen" von Roald Dahl

Ansonsten waren das nur kurze Texte aus dem Lesebuch ("Ein Bär wächst bis zum Dach" , Auszüge aus "Grischka und der Bär" etc.).....

Ich hab alle Bücher davon gerne gelesen und mir gefallen die heute noch.

"Homo Faber" hab ich privat gelesen (auf Empfehlung einer Lehrerin) hat mir auch gut gefallen, "Der Untertan" ...... hab ich auch gelesen nach Empfehlung , aber DAS war das ätzendste Buch überhaupt ;-) stinklangweilig mit absolut unsympathischen Figuren........ GRAUENHAFT

Parie kommentierte am 25. April 2014 um 22:40

Während meiner Schulzeit haben wir die Novelle "Pole Poppenspäler" durchgenommen. Vor allem hat mich Patrick Süskinds "Das Parfum" inspiriert. Kafka´s Verwandlung hat mich eher zum Nachdenken angeregt, aufgrund der Tatsache , dass  sich Figuren/ Menschen  selbst verwandeln können, wenn innerhalb der Familie eine Person sich verändert. Das bedeutet, dass sie eine andere Persönlichkeit annehmen.

Vor allem Heinrich Bölls "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" war ein sehr guter Roman. Darüber ging auch eine Klausur. Es war insofern gut und ist allgegenwärtig, als , dass es eine "Message" an die Gesellschaft hat, obwohl Bölls Schreibstil und die Erzählweise verwirrend waren. Die Nachricht aber, die dahinter steckt, ist die, dass die Medien, sowohl damals in den siebziger Jahren, als auch noch heute eine bedeutende Machtposition und Einfluss in unserer Gesellschaft haben, die von uns Bürger einfach so hingenommen und akzeptiert wird. Statt die Nachrichten und Meldungen( im Roman vor allem die BILD) zu hinterfragen, schenken wir ihnen Glauben. Wir sind uns nicht bewusst, dass gleichzeitig das Leben anderer Menschen zerstört wird, nur damit die Redakteure davon profitieren können.

Kann allen nur den Roman weiterempfehlen!!!

Foody kommentierte am 09. Mai 2014 um 01:25

In der Unterstufe haben wir "Momo" und "Der kleine Hobbit" gelesen, das war super :D
Und sonst erinnere ich mich noch an "Der Domreiter", zumindest daran, dass das Buch so hieß ;) Worum es überhaupt ging, ist nicht hängengeblieben... hat mich wohl nicht überzeugt...
"Der Besuch der alten Dame" war für mich anfangs grausig, aber irgendwann mochte ich es dann doch.
"Andorra" von Max Frisch, war nichts für mich, hab ich danach auch nie wieder in die hand genommen.
"Die neuen Leiden des jungen W." ist nicht grade mein Lieblingsbuch gewesen, aber es war zumindest erträglich.
Und "Emilia Galotti"...tja... ich glaub, da hab ich mich drum gedrückt, was natürlich prompt zu schlechten Klausuren geführt hat. Aber ich konnte mich nicht aufraffen es zu lesen.
Sonst erinnere ich mich noch an "Der Verdacht" und "Das Versprechen" von Dürrenmatt. Die fand ich beide ganz gut :)

Schulllektüre war für mich was ziemlich zwiegespaltenes, einfach weil mal, für meinen Geschmack, gute und mal schlechte Bücher kamen :) Aber generell hab ich mich immer gefreut, wenn es hieß, dass wir ein Buch lesen :) War wenigstens mal ein bisschen Abwechslung.
 

Nafreyu kommentierte am 28. Mai 2014 um 17:57

Ich erinnere mich noch an Paul Auster's Moon Palace und Goethes Werther... die schrecklichsten Bücher, die ich je gelesen habe! Bei Werther habe ich ja schon am Anfang darum gebettelt, dass er sich doch bitte schnell umbringt, damit ich ihn nicht mehr ertragen muss. Überhaupt hatte ich so meine Schwierigkeiten mit Goethe, wir haben ihn rauf und runter gelesen bei verschiedenen Lehrern. Als die eine dann doch glatt meinte, Aristoteles hätte sich an Goethe angelehnt (!!!), war bei mir endgültig vorbei mit dem Typen. Das einzige, was ich nie gelesen habe, was wohl das Beste sein soll, ist Faust. Aber das werde ich wohl wegen meiner Antipathie auch nie über mich bringen.

 

Wir haben aber auch einige tolle Bücher gelesen: Brechts Galileo Galilei, in der 5. Klasse Als Hitler das rosa Kaninchen stahl, und das Schiff Esperanza mochte ich auch sehr gerne, auch wenn das schon ewig her ist. Und in den USA (Austauschjahr) habe ich Lois Lowry Hüter der Erinnerung gelesen. Das hat mich total geflasht.

 

Trotzdem muss ich sagen: Gut, dass ich von mir aus gerne gelesen habe. Einfach der Zwang schon, bis wann ich ein Pflichtbuch gelesen haben muss, hätte bei mir sonst ausgereicht, nie wieder ein Buch anzufassen. Dabei habe ich schon in der Grundschule freiwillig! schwere Kost gelesen, wie Onkel Toms Hütte, Robinson Crusoe, der Trotzkopf oder der kleine Hobbit. In der Schule hab ich mich dann immer nur durchgequält...

kommentierte am 03. Juni 2014 um 22:06

Ich bin grad beim "Besuch der alten Dame"... ich werd einfach nicht schlau aus dem Buch, die ganzen Regieanweisungen gehen gehörig auf die Nerven und ich weiß nie wer was sagt xD hoffentlich wirds bald besser...

Eigentlich hab ich nichts gegen Schullektüren, aber da ich einer der Wenigen in meiner Klasse bin welche die Bücher auch wirklich lesen, ist es nicht sehr lustig danach darüber zu diskutieren, weil sie es alle Scheiße finden oder keinen Plan von der Geschichte haben und nur das wissen, was ihnen jemand kurz vor Stundenbeginn noch zugeflüstert hat :(

Die Auswahl war bis jetzt ganz oke, ich versteh zwar nicht wieso es erlaubt ist, so langweilige Bücher drucken zu lassen, aber es ist halt ein Haufen wichtiges Zeugs drinnen und aktuelle Themen und blaablabla. Die Bücher, die ich mir aussuche, finde ich aber trotzdem besser :P

_-The_Joker-_ kommentierte am 04. Juni 2014 um 20:55

Gefallen haben mir eigentliche viele der Schulbücher, u. A. Der Schimmelreiter, Der Richter und sein Henker, Der Besuch der Alten Dame, Chroniken eines angekündigten Todes, Tauben im Gras und Fahrenheit 541. 

Überhaupt nich gut fand ich eigentlich nur zwei, zum einen Iphegenie auf Tauris (wo mich die Sprache ser quälte) und zum  anderen Unterm Birnbaum (das schlimmste Buch aller Zeiten).

Schattengrund kommentierte am 18. Juni 2014 um 17:09

Mir hat bisher keine Schullektüre, die wir im Deutschunterricht gelesen haben gefallen und das lag nicht zwangsläufig am Inhalt oder Schreibstil des Buches, sondern viel eher daran, dass ich dazu verpflichtet war ein Buch, das ich mir nicht ausgesucht hatte bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gelesen zu haben.

Anders war das im Englischunterricht, da waren die Bücher einfach viel eher nach meinem Geschmack (ein Buch hatte ich sogar schon vorher einmal gelesen) und mein Lehrer hat das ganze auch echt interessant aufgezogen.

Also "13 reasons why" und "a brave new world" fand ich vom Inhalt her echt sehr spannend :)

 

schatzye kommentierte am 02. Juli 2014 um 12:03

Traumnovelle gehört definitiv zu meinen Lieblingsbüchern! Habe es auch mehrmals gelesen und empfehle es immer gerne weiter :D
Ansonsten haben mir die Diskussionen und Interpretationen im Unterricht schon immer gezeigt, dass die Schullektüren tolle Bücher "sein können" (wie Effi Briest oder Don Carlos). In mein Herz hat es aber nur die Traumnovelle geschafft ^^

kommentierte am 02. Juli 2014 um 21:59

Ich bin noch in der Schule, und unser Lehrer ist glaube ich nicht so Fan von Schullektüre. Alle Klassen lesen mindestens 2 Bücher pro Jahr, während wir höchstens eins lesen. Ich musste "Odysseus" (in einer sehr neuen Form geschrieben) "Die Vorstadtkrokodile", "Das Austauschkind" und "Romeo und Julia" lesen. Dabei bin ich der Meinung, dass nur das letzte wirklich etwas gebracht hat (okay, Vorstadtkrokodile vielleicht auch noch..) und finde es sehr schade dass wir dieses Jahr Sachen wie "Nathan der Weise" nur ausschnittsweise gelesen haben bzw. "Die Welle" überhaupt nicht behandelt wurde. Ich hoffe einfach mal dass es in der Oberstufe etwas besser wird :)

LadySamira091062 kommentierte am 03. Juli 2014 um 15:34

wir mussten inder Schulzeit  lesen Wilhelm Tell, Der Richter und sein Henker von Dürrenmatt ,den fand ich einfach nur ätzend,dann noch Das siebte Kreuz von Anne Seghers , da ist mir die Szene mit den Kreuzen  noch wage in der Erinnerung..Von John Steinbeck haben wir auch eins in englisch gelesen ,aber an den Titel kann ich mich nicht mehr erinnern

Jeanny Chpunkt kommentierte am 02. Dezember 2015 um 10:58

"Faust" war okay aber anstrengend.

Bei Gudrun Pausewangs "Die Wolke", wird mir noch heute übel. Das Buch hat mich damals schon erschüttert und niemals losgelassen.

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