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Cours Julien, Marseille, Buchhandlungen; Foto von Maren Kahl

Reisebericht

Cours Julien - das Bücherviertel

Heute ist es DAS Szeneviertel in Marseille: Cours Julien. In den letzten Jahren hat sich der zwielichtige Bezirk zum beliebten Treffpunkt für Künstler und Musiker verwandelt. Mit über 20 Buchhandlungen und Antiquariaten wird er auch "Le Quartier du Livre" (das Bücherviertel) genannt.

Wenn Marseille das Berlin Frankreichs ist, dann ist Cours Julien Marseilles Kreuzberg. Früher noch eine der gefährlichsten Gegenden in der französischen Großstadt, hat es sich in den letzten Jahren zum In-Ort für Künstler und Musiker entwickelt. Das Viertel sprüht nur so vor Leben. In Cafés und Bars trifft sich die alternative Szene der Stadt, die Fassaden der Häuser zieren Graffiti-Gemälde und kleine, enge Gässchen beherbergen Boutiquen, die Trödel, antike Möbel und selbstgeschneiderte Kleider anbieten. Ein Ort, der bunt, inspirierend und so voller Leben ist, dass ich am liebsten stundenlang einfach nur still dagesessen und dem Treiben zugeschaut hätte.

Cours Julien, Ausblick

Cours Julien, Marseille

Quartier des Createurs; Marseille

Doch Cours Julien ist nicht nur für seine subkulturelle Szene berühmt, mit seinen vielen bemalten und besprühten Wänden ist es auch ein Paradies für alle Streetart-Fans.

Streetart, Cours Julien, Marseille

Streetart, Cours Julien, Marseille

Streetart Cours Julien, Marseille

Streetart, Cours Julien, Marseille

Cours Julien, Ausblick

Und auch für Literaturbegeisterte hat es jede Menge zu bieten. Über 20 Buchhandlungen und Antiquariate können bei einem Besuch im beliebten Stadtbezirk Marseilles besucht werden. Es sind kleine Lädchen, teilweise nur 50 bis 60 qm groß, die ihre Kunden mit unterschiedlichen literarischen Schwerpunkten begeistern. 

Librairie, Cours Julien, Marseille

La boite a histoires, Cours Julien, Marseille

Buchhandlungen, Cours Julien, Marseille

Buchhandlungen, Cours Julien, Marseille

Auffällig ist die große Auswahl an Comics. Während das Genre von deutschen Buchhandlungen häufig eher stiefmütterlich behandelt wird, gehören Graphic Novels und Comics in Frankreich zum festen Sortiment und werden häufig an prominenter Stelle präsentiert.

Comic Buchhandlung, Cours Julien

Comic Buchhandlung, Cours Julien

Comicauswahl, Cours Julien

Während hierzulande großer Aufwand darum betrieben wird, Buchhandlungen in wahre Wohlfühloasen zu verwandeln, scheinen die Franzosen das Geschäft mit der Literatur pragmatischer zu sehen. Vieles wirkt provisorisch, als würde es nur übergangsweise dort stehen bis es durch neues Mobiliar ausgetauscht wird. Durchgelaufene Teppiche liegen auf knarrenden Dielenböden und führen durch spärlich belichtete Räume. Buchrücken reihen sich in behelfsmäßig anmutenden Holzregalen dicht aneinander, statt gemütliche Rast- und Schmökermöglichkeiten bieten abgenutzte Hocker nur weitere Ablagefläche für kleine Bücherstapel und von den Wänden bröckelt der Putz. Doch es ist gerade dieser Verzicht auf Dekoration, heimeliges Licht oder einladende Lesesessel, die den Blick des Kunden auf das Wesentliche lenken: Das Buch. Es gibt nichts, was vom Schmökern, Blättern und Lesen ablenkt; nichts, was in dem Augenblick, in dem der Kunde den Laden betritt, wichtiger sein könnte als Bücher.  

Eingang Buchhandlung, Cours Julien, Marseille

Buchhandlungs Cours Julien, Marseille

Buchhandlung Cours Julien, Marseille

Bücherkiste, Cours Julien, Marseille

Buchhandlung Cours Julien, Marseille

Kinderbuchhandlung, Cours Julien, Marseille

Doch während ich so manchem Buchhändler gerne genau diese Absicht unterstellen möchte (nämlich, dass er sich bei der Ausstattung seines Geschäfts absichtlich zurückgehalten hat, nur um das Buch in den Fokus zu stellen), scheint anderen Ladenbesitzern jedes Einrichtungsgeschick zu fehlen. Im  "Bookineur" finde ich einen leeren Putzeimer auf einem der Bücherregale, haufenweise Pappkartons wurden einfach unter die Präsentationstische geräumt und abgenutzte Stofftiere und leere Schallplattenhüllen dienen als Dekorationselemente. Und auch hier sehe ich mal wieder: Wenn gar nichts mehr hilft, werden die Bücher einfach zu kleinen oder großen Türmen gestapelt in der Hoffnung, dass der Kunde schon das richtige finden wird.

Buchhandlungs Cours Julien, Marseille

Buchhandlung Cours Julien, Marseille

Anders als die Bücherstadt Hay-on-Wye, die mich mit ihren vielen kleinen liebevoll eingerichteten Buchlädchen völlig verzaubert hat , war es gerade die Einfachheit, die mich im "Quartier du Livre" fasziniert hat. Cours Julien ist ein beeindruckender und inspirierender Ort - und solltet ihr einen Besuch in Marseille planen, kann ich euch einen Abstecher im Bücherviertel nur empfehlen!

Cours Julien, Marseille

Was macht für euch eine richtig gute Buchhandlung aus? Zählt nur das Sortiment oder ist auch die Einrichtung und Atmosphäre des Geschäfts entscheidend für euch?

Kommentare

Sommerzauber02 kommentierte am 22. Juli 2014 um 09:39

Liebe Maren,

vielen Dank für deinen informativen Bericht, und die tollen Bildern. Da möchte man am liebsten sofort hinfahren und stöbern.

Ich mag solche Stadtteile, die bunt und außergewöhnlich anhand ihrer Bewohner, Geschäfte und Atmosphäre sind. Es muss nicht immer alles standardisiert sein. Die Buchhandlungen in den oben beschriebenen Stadtteil Cours Julien haben dieses außergewöhnliche Etwas, in dem ich mich wohlfühlen würde. Man kann sich in solchen Buchhandlungen wie zu Hause fühlen, weil sie eine andere Wohlfühlatmosphäre ausstrahlen, als ob es das eigene Wohnzimmer wäre.

coala kommentierte am 22. Juli 2014 um 09:47

Oh wow, ein Büchertraum! Die Bilder sehen verdammt toll aus und da bekommt man richtig Lust, sich auf nach Marseille zu machen. 

Die Ausstattung ist natürlich mit das wichtigste in einer Buchhandlung. Das heißt nicht, dass generell möglichst viele Bücher da sein müssen, denn auch speziallisierte Buchhandlungen haben ihren Reiz und können durch den richtigen Fokus und eine besondere Beratung überzeugen, da sich die Verkäufer dann auch besonders gut auskennen (sollten). 
Eine besondere Atmosphäre wäre zudem wünschenswert. Sicherlich kommt es letztlich auf die Bücher an, aber die Atmosphäre regt mich doch zum verweilen ein, zum entdecken und schlussendlich auch kaufen. Kommt dem Laden also auch nur zu Gute.

Schaefche kommentierte am 22. Juli 2014 um 10:02

Die Bilder sind einfach grandios! Marseille wär vielleicht tatsächlich mal einen Besuch wert...

Ich möchte mich in einer Buchhandlung auch wohl fühlen, aber ich mag auch die kleinen Buchhandlungen, die keine große Sitzecke haben, sondern den vorhandenen Platz für Bücher verwenden. Manche kleinen Buchhandlungen machen sich nämlich auf dem Weg kleiner, als sie sind und haben dadurch kaum Auswahl, was sie für mich wieder uninteressant macht.

LadySamira091062 kommentierte am 22. Juli 2014 um 10:29

Interessanter Artikel  so zum durchschlendern und gucken  sicher sehr interessant .Leider  ist französich der Albtraum meiner Schulzeit gewesen und auf  französich zu lesen  nee muss  nicht sein .Aber dei Atmosphäre im Viertel  zu beobachten  ist interessant.Wobei für mich in einer Buchhandlung auch das optische mit eine Rolle spielt.Wenn ich sehe  das die Büche rmit Liebe zum Detail presentiert werden und nicht nur einfach wahllos irgendwie  hingelegt so Richtung Wühltisch dann   geh  ich da geren wiede rhin und stöbere 

Karithana kommentierte am 22. Juli 2014 um 18:43

Wow, was ihr hier immer "ausgrabt". Danke für den Bericht :-)

biadia kommentierte am 22. Juli 2014 um 20:41

Toll, das zeigt Marseille mal von einer ganz anderen Seite. Ich war zwar auch mal dort, aber leider nur auf der Durchreise. Das nächste Mal werde ich ganz sicher einen Tag dort verbringen. Das möchte ich mir gerne anschauen. Danke für den tollen Bericht.

Adlerauge kommentierte am 22. Juli 2014 um 21:37

Wundervolle Fotos und auch ein supertoller Artikel !

Großes Lob an die Redaktion !

Borkum kommentierte am 22. Juli 2014 um 22:02

Tolle Fotos ... das Viertel strahlt eine besondere Atmosphäre aus, die ich auch gerne mal genießen würde. Mit den Buchläden könnte ich eher weniger anfangen, da mein französisch Kenntnisse nur sehr rudimentär vorhanden sind :-(

callunaful kommentierte am 23. Juli 2014 um 09:53

Ich finde die Buchhandlungen strahlen ein wenig den typisch französischen Charme aus. Und da mein Herz eh heimlich für Frankreich schlägt, muss ich ja dazu nicht mehr viel sagen.

Große Buchhandlungen sollten ruhig Leseecken und Spielmöglichkeiten für Kinder anbieten. Außerdem ist es da wichtig, dass die Bücher gut präsentiert und sortiert sind. Bei kleinen Buchhandlungen finde ich es genau richtig, wie es die Franzosen im Artikel machen.

progue kommentierte am 23. Juli 2014 um 10:49

Mir würden diese schönen Läden zwar nichts bringen, weil mein Französisch unter aller Sau ist (gerade so, dass ich nicht verhungern müsste, und selbst dafür greife ich auch gern auf Zeichensprache zurück), aber tolle Fotos sind das allemal.

Aber Maren, da fehlt doch noch was auf den Bildern ... *grübel* *grübel*

Genau! Jetzt weiß ich es! Wo ist die kleine graue Katze? Lucy fehlt! Und wenn es nur eine Schwanzspitze wäre! :D

Maren Kahl kommentierte am 23. Juli 2014 um 11:00

Mein Französisch reicht auch nur aus, um einen Kaffee zu bestellen. An Koffeeinmangel habe ich im Urlaub zumindest nicht leiden müssen ;-).

Lucy ist erst einige Tage später bei mir eingezogen - sonst wäre sie selbstverständlich auf jedem Foto mit dabei ;-)

Aber ich mach's wieder gut. Hier ein paar liebe Grüße vom grauen Vierbeiner:

Lucy im Karton

progue kommentierte am 24. Juli 2014 um 11:02

Das ist so Zucker! Können wir dich nicht überreden, eine Fotoserie nur mit Lucy zu machen? :)

marsupij kommentierte am 23. Juli 2014 um 12:17

Oh ja, Cours Julien ist toll! Ich war vor zwei Jahren in Marseille und bin nur zufällig dort gelandet. Mein Mann hatte dann leider Pech..... aber ich habe ein schönes Café für ihn gefunden, ihm etwas bestellt und mit einem Technik-Sachbuch (weiß nicht mehr, was für eines, aber das ist ja auch Nebensache) und dann bin ich losgezogen. Ich liebe es, in Frankreich durch die Buchläden mit gebrauchten Büchern zu stöbern, aber auch Neuerscheinungen sind toll. Die Gestaltung der Buchcover ist in Frankreich ja auch oft einfacher, obwohl sich da in den letzten Jahren einiges getan hat. Aber es gibt noch einige Verlage, die nur Titel und Autor austauschen und man nicht wie in Deutschland nach einem Buch greift, weil es ein schönes Cover hat.

Zu erwähnen sind auch noch die tollen Seifenläden in Cours Julien, die nicht ganz so touristisch wie auf der Hauptstraße vom Bahnhof Richtung Hafen sind.

In Marseille hat sich in den letzten Jahren auf jeden Fall viel getan und mir hat die Stadt sehr gut gefallen. Hach, ich liebe es, Urlaub in Frankreich zu machen, aber Schottland und England sind ja auch toll.

Und falls ihr Lust auf Marseille bekommt und Krimiliebhaber seid, hier ein toller Buchtipp:

Die Trilogie von Jean-Claude Izzo versetzt euch in die engen Gässchen von Marseille, ihr seht die Bars und Restaurant vor euch, ihr macht eine Bootsfahrt, um nachzudenken,....

http://wasliestdu.de/jean-c-izzo/die-marseille-trilogie

 

 

nikolausi kommentierte am 23. Juli 2014 um 15:58

Schade, dass mir dieser Artikel noch nicht bekannt war, als ich das letzte Mal - vor ca. 2 Jahren - in Paris war.

Eine gute Buchhandlung muss für mich ein breites, vollständiges Sortiment haben. Ich hasse es zu hören, dass das von mir gewünschte Buch erst noch bestellt werden muss und am nächsten Tag abgeholt werden kann.

Fornika kommentierte am 23. Juli 2014 um 17:20

Das ist aber wirklich ein sehr schönes, buntes Viertel. Werde ich mal auf die To-Visit-Liste setzen.

Bei Buchhandlungen zählt in erster Linie das Sortiment, was nützt mir die schönste Atmosphäre, wenn ich so gar nichts finde? Das wäre ja deprimierend ; )

marsupij kommentierte am 24. Juli 2014 um 11:31

Mach das auf jeden Fall! Ich habe da schöne Schnäppchen gemacht.

Tine kommentierte am 25. Juli 2014 um 20:01

Wow, hört sich echt toll an. Also wenn ich mal in Marseille sein sollte...
Ich finde hübsch dekorierte Buchhandlungen toll, aber auch ältere, mit alten Möbeln und knarrenden Dielenbrettern, so wie alte Bibliotheken. Ist bestimmt eine ganz tolle Atmosphäre! Aber lieblos eingerichtete Buchhandlungen hab ich eig nicht so gerne, da scheinen einige auf den Bildern sehr grenzwertig für mich zu sein :D Aber ein Besuch ist es trotzdem mal wert.

drafbutterfly kommentierte am 28. Juli 2014 um 06:06

Wow, was für Bilder. Toller Bericht, da bekommt man direkt Lust Marseille zu besuchen und sich diesen wunderschönen bunten Ort anzusehen....

Sonnenkönigin kommentierte am 16. August 2014 um 18:37

Toller Bericht! Marseille ist sicherlich eine Reise wert! ;)

Ich liebe es, wenn eine (große) Buchhandlung Sitzgelegenheiten anbietet, damit ich mir die ausgewählten Bücher mit Ruhe anschauen kann. Oft ist wegen des zur Verfügung stehenden Budgets und des zu tragenden Gewichts eine Auswahl zu treffen und die anderen Titeln in einer Buchwunschkladde zu notieren. Wenn ich dann noch während dieser strategischen Entscheidungen ein Stück Kuchen und einen Tee zu mir nehmen kann - um so besser.