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Der Weg zum eigenen Buch: Pinipas Abenteuer - Martin Grolms und Annika Kuhn

Buchveröffentlichung

Der Weg zum eigenen Buch

Wenn Verlage Manuskripte ablehnen, bedeutet das noch lange nicht das Aus für ein Buch. Neben der Veröffentlichung in einen Verlag bieten sich Autoren mittlerweile viele weitere Möglichkeiten an. Wir stellen euch heute ein Kinderbuch-Projekt vor, das mit Crowdfunding finanziert werden soll.

Es klingelt auf unserer Etage und ich öffne die Tür. Annika und Martin begrüßen mich freudig und treten ein. Vor mir liegt ein Termin, auf den ich mich sehr freue. Nicht nur, weil ich mit dem Paar über sein neues Buchprojekt sprechen möchte, sondern auch weil es seinen Nachwuchs mitgebracht hat, der mich nun mit großen Augen anschaut. Der Kleine ist gerade erst aufgewacht und sein Blick ist ein wenig kritisch, als er mich entdeckt. "Heute Nacht hat er nicht so gut geschlafen", erzählt Annika. "Und wir auch nicht.", fügt Martin grinsend hinzu. "Er zahnt."

Es ist bereits das zweite Mal, das wir uns treffen. Vor 1 1/2 Jahren saßen wir schonmal in Aachen zusammen - da noch ohne den kleinen Lutz - und haben über das erste gemeinsame Kinderbuch des Paares gesprochen. In "Pinipas Abenteuer" reist die lustige Seifenblasenpilotin und Papierschiffmatrosin quer durch Deutschland und lernt fremde Menschen, Städte und Dialekte kennen. Liebevoll illustriert von Annika und mit frischen, informativen Texten versehen von Martin. Das Ergebnis: ein farbenfrohes und witziges Kinderbuch, das die Eigenschaften eines Bilder-, Vorlese- und Sachbuchs in sich vereint.

Martin Grolms und Annika Kuhn Pinipas Abenteuer Band 1

Doch was so gut klingt, wurde für Annika und Martin zum Problem. Alle Verlage lehnten das Kinderbuch ab. Die Begründung: Das Buch sei keinem Genre klar zuordnen, es passe in keine Schublade, letzen Endes wisse der Buchhändler nicht, wo er das Buch präsentieren soll, die Zielgruppe sei zu ungenau. Kurz: Das Buch wird sich nicht verkaufen lassen.

Was früher noch das Aus für ein Buch bedeutet hätte, lenkt heute den Blick auf alternative Veröffentlichungsmöglichkeiten. Schon lange müssen Autoren nicht mehr ausschließlich auf einen Verleger hoffen, der ihr Buch als druckwürdig erachtet. Neben dem klassischen Weg über einen Verlag haben Schriftsteller auch die Chance, das Projekt selbst in die Hand zu nehmen. Und genau das haben Annika und Martin getan.

Auf Startnext haben sie eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, mit der sie 3.900 Euro für den Druck des Kinderbuchs finanzieren wollten. Im November 2014 haben wir hier auf "Was liest Du?" über das Projekt berichtet. Schon zu diesem Zeitpunkt hatten sie ihr eigentliches Ziel nicht nur erreicht, insgesamt kamen über 5.000 Euro beim Crowdfunding zusammen - viel mehr als erwartet.

Doch wie ging es mit Pinipa eigentlich weiter und welche Pläne haben Annika und Martin heute - 15 Monate nach der erfolgreichen Kampagne?

Wir setzen uns in einen kleinen Besprechungsraum und während die beiden von ihrem Kinderbuch erzählen, liegt Lutz auf Annikas Arm und kuschelt sich an sie. 1.000 Exemplare waren es, die von dem gesammelten Geld gedruckt werden konnten. Eine ganze Menge, wenn man bedenkt, dass der Titel ohne professionelle Vermarktung von Seiten des Verlags auskommen musste. Doch die Rechnung ging auf. Schon bald waren die Bücher verkauft und Pinipa ging in die zweite Auflage. Für die beiden eine tolle Bestätigung - auch wenn das Konzept des Titels für deutsche Verlage zu eigenwillig und unkonventionell zu sein scheint, ihre Leser konnten sie damit begeistern. Und auch die Medienresonanz war groß. Neben regionalen Blättern wie die Aachener Zeitung berichteten auch große Tageszeitungen, bekannte Blogger und Promis über das Kinderbuch.

Der große Erfolg des ersten Buchs macht den beiden Mut für das nächste Projekt. Denn nun soll es ein zweites Abenteuer mit dem lustigen kleinen Mädchen geben. In einem Ufo, einem sog. Ungesteuerten Forschungs-Objekt in Form einer Kaffeetasse - macht sich die kleine Heldin auf eine Reise quer durch Europa, um für ihre Freundin Greta die leckersten Pfannkuchen zu finden. In den fremden Ländern trifft sie auf spannende Menschen und Kulturen und lernt neue Sprachen kennen. Egal wo sie gerade ist - ob in Schweden, Ungarn oder Spanien - immer erfährt sie, was "hallo" und "auf Wiedersehen" in der entsprechenden Landessprache bedeutet. Hier, erzählen Annika und Martin, war vor allem auch der große Freundes- und Bekanntenkreis des Paares hilfreich. Wie zum Beispiel Annikas Friseur, der als Serbe übersetzend zur Seite stand.

Pinipas Abenteuer - Band 2 - Blick ins Buch

Pinipas Abenteuer - Band 2 - Blick ins Buch

Der Kleine ist längst auf Annikas Arm eingeschlafen und ich frage, ob sich die Arbeit am Buch durch den Nachwuchs stark verändert hat. Anfangs, so erzählt sie, hat ihr Baby den Tagesrhythmus ganz schön durcheinander gebracht. Für ihre Illustrationen hatte Annika nur dann Zeit, wenn Martin mal für ein bis zwei Stunden mit dem Kleinen unterwegs war - oder eben abends und am Wochenende. Dennoch lief dieses Mal alles etwas routinierter ab. Durch die Erfahrungen mit dem ersten Buch, wussten die zwei, was auf sie zukommen würde. Sie waren auf mögliche Schwierigkeiten vorbereitet und konnten Entscheidungen schneller treffen. Bereits auf einer gemeinsamen Sizilienreise der Familie im Sommer 2015 entstanden die Texte zur Geschichte, anschließend begann Annikas Arbeit. Wie viele Stunden diese voraussichtlich in Anspruch nehmen würde, hat sie vorher ausgerechnet. Dass sie das Buch diesmal Verlagen gar nicht erst anbieten würden, stand von Vorneherein fest. An dem Problem, dass sich das Buch nicht klar genug einem Genre zuordnen lässt, hat sich schließlich nichts geändert. Es stand fest: Auch diesmal soll es eine Crowdfunding-Kampagne geben, mit der der Druck von "Pinipas Abenteuer - Eine himmlische Pfannkuchensuche durch Europa" finanziert werden soll. Fans des Projekts können die beiden auf Startnext unterstützen und erhalten je nach Höhe des Betrags ein Dankeschön wie das Buch, eine Lesungen oder ein Dinner. Insgesamt 5.000 Euro sollen dabei zusammenkommen. Beinahe die Hälfte haben sie schon - und erfahrungsgemäß sind vor allem die letzten zwei Wochen des Finanzierungszeitraums entscheidend.

Pinipas Abenteuer auf Startnext - Screenshot von der Crowdfunding-Kampagne

Doch was genau bedeutet das eigentlich für einen Autor und eine Illustratorin, wenn sie sich für einen eigenen Verlag entscheiden? Sie haben jede Menge Freiheit, klar. Sie können eigenständig entscheiden, wie das Buch am Ende aussehen soll, und müssen sich nicht nach den Maßgaben des Verlags richten. Doch gleichzeitig sind sie für alle Tätigkeitsbereiche selbst verantwortlich: Sie sind Autor, Illustrator, Marketingspezialist, Vertriebschef und Buchhalter in einem und müssen jeden der Jobs professionell und effizient ausführen. An dieser Herausforderung ist schon so manch ein Autor gescheitert; ohne Erfahrungen und Beziehungen kann viel schiefgehen. Doch Annika und Martin waren gut vorbereitet. Schon beim ersten Buch hat sich gezeigt, dass sie sich perfekt ergänzen. Mit ihrem Online-Shop Printe, auf dem Annika Fairtrade-Kleidung und Papeterie-Artikel mit ihren Illustrationen anbietet, hat sie Erfahrungen mit dem Verkauf und Vertrieb ihres eigenen Labels sammeln können. Im Shop sind auch Merchandise-Artikel wie eine große Weltkarte und Buttons zu Pinipas Abenteuer erhältlich. Außerdem ist das Paar onlineaffin. Regelmäßig veröffentlichen sie Beiträge auf ihrem Blog und posten Neuigkeiten auf die Pinipa-Facebookseite. So erreichen sie nicht nur diejenigen, die das Buch bereits kennen und an den aktuellen Fortschritten interessiert sind, sondern darüber hinaus auch weitere potentielle Leser und Käufer.

Blog von Pinipas Abenteuer - Screenshot

Martin ist immer auf der Suche nach Unterstützern, die sich für Pinipa begeistern können und Werbung machen. Eine große Reichweite ist einfach entscheidend. So schrieb er an Blogger, rief Prominente an, kontaktierte Redaktionen und fragte nach, ob Interesse an Rezensionsexemplaren bestand. Mit Erfolg! Denn nicht nur Magazine und Zeitungen (z.B. Rheinische Post, Geo mini, The Huffington Post) schrieben über das Kinderbuch, Martin und Annika konnten auch Shary Reeves aus der KiKa-Sendung „Wissen macht Ah!“, Katja Saalfrank und die ehemalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt für die Abenteuer begeistern! Die positive Berichterstattung in den Medien zeigte Wirkung. Nach jeder Veröffentlichung stieg die Nachfrage. Um den Vertrieb kümmern sich die beiden selbst. Ihr Buch ist über die Barsortimente - das sind die Händler, die zwischen Verlag und Buchhandlung stehen und dafür sorgen, dass der Großteil der Bücher über Nacht geliefert werden - bestellbar und somit jederzeit verfügbar. Die lokalen Buchhandlungen haben die zwei persönlich besucht und das Buch vorgestellt. Dass der Titel in den Geschäften ausliegt und einen festen Platz in den Regalen bekommt, ist die große Hoffnung jeden Autors. Und bei einigen Buchhandlungen hat Pinipa es geschafft.

Beim zweiten Band möchten Annika und Martin es genauso machen. Auch jetzt sind sie auf Medienberichte und Werbung von Bloggern und Promis angewiesen, die ihr Projekt mit ihrer großen Reichweite unterstützen - die vielen Kontakte, die sie geknüpft haben, können sich die beiden nun zunutze machen.

Mit ihrem eigenen Verlag hört für Annika und Martin die Arbeit nach dem Schreiben und Illustrieren nicht auf - sie geht mit Marketing und Vertrieb weiter.

Und die zwei haben noch jede Menge weiterer Ideen. Gerade erst hat Annika "Jippieh! Endlich bist du da." - ein illustriertes Babybuch zum Festhalten von Erinnerungen - veröffentlicht und kann sich gut vorstellen, noch weitere Bücher in diese Richtung zu gestalten. Und Martin hat schon die eine oder andere Geschichte für weitere Kinderbücher im Kopf. Wenn sie noch andere Ideen verwirklichen, können sie sich auch gut vorstellen, diese bei großen Verlagen vorzustellen. "Ich möchte schreiben, nicht verkaufen", fasst Martin zusammen.

Wenn ihr die beiden unterstützen möchtet, könnt ihr das hier auf Startnext machen: www.startnext.com/pinipa-band2

Infos zum Buch gibts auf dem Blog: www.pinipa.de

und auf der Facebookseite: www.facebook.com/pinipas.abenteuer/

Wie ist das bei euch? Interessiert ihr euch auch für Bücher, die in kleinen oder Selfpublishing-Verlagen erscheinen? Und wie werden ihr in der Regel auf solche Veröffentlichungen aufmerksam?

Kommentare

westeraccum kommentierte am 01. März 2016 um 10:03

Ich finde es sehr mutig mit dem eigenen Werk an die Öffentlichkeit zu gehen. Schön, dass es viele Menschen wagen! Viel Erfolg, Annika und Martin!

Leia Walsh kommentierte am 01. März 2016 um 10:38

Ich bin irritert - hattet Ihr nicht einen sehr ähnlichen Artikel schon einmal? Mir kommt das so bekannt vor. Ah - eben sehe ich es, da steht es ja auch im Text!

Puh ... hab also doch ein gutes Gedächtnis!

callunaful kommentierte am 01. März 2016 um 11:02

Ich kann mich noch gut an den Artikel über das Crowd Funding Projekt erinnern. Bin etwas schockiert, dass das schon so lange her ist. Freut mich aber für die beiden, dass ihr Projekt so erfolgreich ausging. Mir gefällt nämlich die Idee der Bücher sehr gut. :)

wandagreen kommentierte am 01. März 2016 um 16:58

Ein sympathisches Paar! Manchmal stimmt es, dass das Glück den Tüchtigen gehört!

Sommerzauber02 kommentierte am 04. März 2016 um 07:20

Ein tolles Projekt. Ich wünsche den beiden wieder viel Erfolg und Spaß bei Band 2, dass sie diesen umsetzen können.

Lily911 kommentierte am 04. März 2016 um 20:12

Ja, das ist schön. ☺

Wie ich lese muss es Schwerstarbeit sein eigenes Buch zu veröffentlichen. Obwohl es auch Vorteile hat. Und es freut mich, dass es bei den beiden so gut geklappt hat! ☺

Wünsche ihnen jedenfalls auch so einen Erfolg bei band 2 und weiterhin viel Spaß beim Marketing, Schreiben und Ilustrieren der Bücher! ☺

parole kommentierte am 05. März 2016 um 08:51

Da steckt viel Arbeit hinter. Die Umsetzung ist genial! Das eigene Werk ist doch ein Traum :) Wünsche den beiden weiterhin viel Erfolg.