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Posthume Veröffentlichungen

Veröffentlichungen

Posthum veröffentlichte Bücher

Die Millennium-Trilogie ist vielleicht das bekannteste Beispiel von Büchern, die erst posthum veröffentlicht und zum Erfolg wurden. Wir stellen euch heute noch weitere Fälle und deren Hintergründe vor.

Es passiert immer wieder, dass das Werk eines Autors erst nach seinem Tod veröffentlicht wird. Nachlassverwalter, Verleger und Familien finden nicht selten noch letzte geschriebenen Worte des Verstorbenen und stehen dann vor der Frage, was mit diesen Manuskripten oder Romanfragmenten geschehen soll. Ist das Buch bereits beendet und die Veröffentlichung geplant, fällt die Entscheidung leicht. Wird ein unvollendetes Buch gefunden, muss abgewogen werden, wie im Ermessen des verstorbenen Autors gehandelt werden kann. Für treue Fans sind Werke, die posthum veröffentlich werden, meist ein großer Schatz und oft bekommen Autoren auf diesem Weg doch noch die Anerkennung, die ihnen zu Lebzeiten nicht gewahr werden konnte. Es kommt aber auch vor, dass gegen den ausdrücklichen Willen des Autors gehandelt wird und Entwürfe veröffentlicht werden, die nie dazu bestimmt waren. 

Wir stellen euch heute eine kleine Auswahl von Büchern vor, die erst posthum veröffentlicht wurden. 

Astrid Lindgren Die Menscheit hat den Verstand verloren

Die weltberühmte Kinderbuchautorin arbeitete während des Zweiten Weltkrieges für den schwedischen Nachrichtendienst in der Abteilung für Briefzensur. Diese geheime Arbeit gewährte ihr tiefe Einblicke in politisches Geschehen und Kriegsereignisse auf der ganzen Welt. Von 1939 bis 1945 entstanden ihre Kriegstagebücher – ein sehr persönliches Zeitdokument einer jungen Frau mit dem Blick für das große Ganze, das heute wieder von erschreckender Aktualität ist.
Astrid Lindgren starb 2002 im Alter von 94 Jahren an den Folgen einer Virusinfektion. Ihr umfangreiches Privatarchiv (tausende Briefe von Kindern aus aller Welt und Korrespondenzen mit anderen Autoren wie Erich Kästner) gelangte nach ihrem Tod in die Königliche Bibliothek von Stockholm und ist heute Teil des Weltdokumentenerbes. Ihre Kriegstagebücher wurden 2015 posthum unter dem Titel Die Menschheit hat den Verstand verloren veröffentlicht. 

Wolfgang Herrndorf

Der deutsche Schriftsteller Wolfgang Herrndorf feierte 2010 mit Tschick seinen ersten großen Erfolg und gewann 2012 den Preis der Leipziger Buchmesse für den Roman Sand. Da bei ihm im Februar 2010 ein bösartiger Hirntumor festgestellt worden war, konnte er den Preis bereits nicht mehr persönlich entgegennehmen. Nach der Diagnose begann er ein öffentliches digitales und sehr bewegendes Tagebuch über sein Leben mit der tödlichen Krankheit zu schreiben. Herrndorf nahm sich im August 2013 in Berlin das Leben. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin wurde sein Tagebuch posthum im Dezember 2013 mit dem Titel Arbeit und Struktur veröffentlicht. Bis zu seinem Tod arbeitete Herrndorf an einer Fortsetzung von Tschick unter dem Titel Bilder deiner großen Liebe. Mit seiner Zustimmung wurde auch der unvollendete Roman 2014 veröffentlicht. 

Der bleiche König

David Forster Wallace war ein US-amerikanischer Schriftsteller und Hochschullehrer, der 1996 durch seinen Roman Unendlicher Spaß berühmt wurde. Er litt seit seiner Kindheit an schweren Depressionen und nahm sich 2008 im Alter von 46 in seinem Haus das Leben. Sein letzter Roman Der bleiche König wurde 2011 posthum aus seinem Nachlass veröffentlicht. Wallace hinterließ zahlreiche kommentierte und geordnete Fragmente dieses Romans, die von seinem langjährigen Lektor zusammengestellt wurden. In seinem letzten Werk setzte sich Wallace mit der Frage auseinander, was mit Menschen geschieht, die der strukturellen Langeweile ausgesetzt sind. Der bleiche König wurde für den Pulitzer-Preis nominiert, überzeugt durch radikale sowie ironische Schreibweise und ist das Zeugnis eines Autors, der sich der Wirklichkeit ausgeliefert fühlte.

Vladimir Nabokov – Das Modell für Laura

Das letzte Werk des russisch-amerikanischen Schriftstellers erschien gegen seinen Willen im Jahre 2009, 32 Jahre nach seinem Tod. Nachdem Nabokov 1955 mit seinem Roman Lolita Weltruhm erlangte, begann er 1975 mit der Niederschrift seines letzten Werkes, das er wie alle vorherigen in Gedanken vollständig verfasste, bevor er es auf Karteikarten aufschrieb. Aufgrund seiner schweren Erkrankung schaffte er jedoch nur 138 Karteikarten, etwa 34 potenzielle Buchseiten. Dieses Romanfragment sollte nach dem Willen Nabokovs vernichtet werden. Sein Sohn Dmitri Nabokov entschied jedoch anders. Nachdem die Karteikarten zu Das Modell für Laura jahrelang in einem Schweizer Banksafe versteckt waren, veröffentlichte er den unvollendeten Roman seines perfektionistischen Vaters, dem nichts so sehr verhasst war, wie das Unvollkommene. 

Stieg Larsson Die Milennium Trilogie

Die Millennium-Trilogie (Verblendug, Verdammnis und Vergebung) feierte internationale Erfolge und gehört zu den meist gelesenen Büchern Europas. Ihr Autor, der schwedische Journalist und Schriftsteller Stieg Larsson, erlebte diesen Erfolg leider nicht mehr. Er starb an einem Herzinfarkt im Jahre 2004  – ein Jahr vor der Veröffentlichung des ersten Bandes. Larsson führte ein bewegtes Leben: Neben seiner langjährigen Tätigkeit als Journalist galt er weltweit als führender Experte für faschistische, rechtsextreme, neonazistische und rechtskonservative Bewegungen. Sein früher Tod ist möglicherweise auf seinen Lebensstil als Workaholic zurückzuführen, denn er aß wenig, rauchte viel, beschäftigte sich tagsüber mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus und schrieb nachts an seinen Manuskripten.
In den Jahren vor seinem Tod verfasste er die ersten drei Teile der Millennium-Reihe, die ursprünglich zehn Bände umfassen sollte. Die weiteren Bände liegen als Exposé vor. Larssons Vater und Bruder erbten die Rechte an den Werken und sprachen sich gegen eine Vollendung und Veröffentlichung durch einen anderen Autor aus. 2014 wurde dennoch ein vierter Teil der Millennium Reihe veröffentlicht - Verschwörung ist das Werk des Journalisten David Lagercrantz und basiert nicht auf dem Manuskript Larssons. Obwohl dessen Vater und Bruder der Veröffentlichung zustimmten, stieß diese auf scharfe Kritik.

J. R. R. Tolkien – Das Silmarillion

Das Silmarillion ist eine Sammlung unvollendeter Werke, die auf J. R. R. Tolkiens Wunsch hin posthum von seinem Sohn in überarbeiteter und vollständiger Form 1977 veröffentlicht wurde. Schon in seiner Jugend begann Tolkien mit dem Verfassen der Mythologie seiner erfundenen literarischen Welt Mittelerde, auf die seine Hauptwerke Der Herr der Ringe und Der Hobbit basieren. Bis zu seinem Tod 1973 schaffte er es nicht das Werk zu vollenden, das die Götter- und Heldensagen Mittelerdes von der Erschaffung der Welt bis zum Beginn des Dritten Zeitalters, in dem die Hobbits leben, erzählt. Sein Sohn Christopher Tolkien, der bereits zu Tolkiens Lebzeiten dessen Werke bearbeitete und später als literarischer Nachlassverwalter fungierte, arbeitete mehrerer Jahre daran, die Entwürfe seines Vaters zu vervollständigen und zu verbinden.

Jane Austen Überredung

Jane Austen verfasste ihren letzten vollständigen Roman zwischen 1815 und 1816; veröffentlicht wurde er jedoch erst 1818. Noch während der Arbeit an ihrem letzten Werk erkrankte sie schwer und starb 1817 im Alter von 41 Jahren in Winchester. Überredung handelt von der 27 jährigen Anne Elliot, die einst von ihrem Vater überredet wurde, den Heiratsantrag ihrer großen, wenn auch mittellosen Liebe Frederick Wentworths auszuschlagen. Nach einigen Irrungen und Wirrungen und dank eines Liebesbriefes erleben Anne und Frederick dennoch ihr Glück.

 

Welche Bücher fallen euch noch ein? Und was haltet ihr davon, wenn Bücher posthum veröffentlicht werden? Wir sind gespannt auf eure Meinungen! 

 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 14. April 2016 um 10:04

Das sind interessante Hintergrundsinfos, z.B. über Stig Larsson. Den ich nie gelesen habe, aber vllt dient der Artikel als Anregung ... bin noch nicht ganz sicher. Schöner Artikel, Anna. Danke.

Sebastian Ollmer kommentierte am 14. April 2016 um 10:21

Also die Millenium-Trilogie kann ich dir nur empfehlen. Sehr gute Thriller, und auch die Verfilmungen (nicht die amerikanisch Neuinterpretation) sind sehr gelungen und absolut sehenswert!

MadameMim kommentierte am 14. April 2016 um 14:12

Dem kann ich mich total anschliessen. Vor allem Deiner Meinung über die Filme :)

passion4books kommentierte am 14. April 2016 um 10:33

Wirklich ein interessanter Artikel, vieles wusste ich noch nicht. Das Werk von Astrid Lindgren interessiert mich besonders, es liegt jetzt auf meiner Wunschliste.

Naibenak kommentierte am 14. April 2016 um 10:37

Wow, total interessant, dieser Artikel!!! Ganz lieben Dank dafür! Die Sache mit Nabokov ist ja echt bitter... :(

micluvsds kommentierte am 14. April 2016 um 10:59

Astrid Lindgren versuche ich gerade im Original zu bekommen, die Stieg LArsson-Bücher habe ich auf Schwedisch, aber sie warten noch darauf gelesen zu werden. Selbstverständlich habe ich das Silmarillion gelesen (ich weiß nicht genau wie viele Versionen ich davon habe), als Tolkienfan ist das Buch (wie alles andere von Tolkien) ein Muss.

Lotta kommentierte am 14. April 2016 um 11:28

Franz Kafkas werke wurden zum Teil auch nach seinem Tod gegen seinen Willen veröffentlicht 

E-möbe kommentierte am 14. April 2016 um 11:41

Wie kann denn das sein, dass nach dem Tod etwas gegen den Willen des Autors veröffentlicht wird? Ist der Wille nicht bindend?

Frozen kommentierte am 14. April 2016 um 12:13

Der bleine König, klingt wahnsinnig spannend, ich glaube das landet auf der Wunschliste. :)

Ein paar interessante und tragische Beispiele, hast du aufgelistet.

Amelien kommentierte am 14. April 2016 um 13:11

Mir würde da jetzt von Terry Pratchett, das Buch die Krone des Schäfers einfallen. Das wurde ja auch erst nach seinem Tod veröffentlicht. :(

Shinea kommentierte am 14. April 2016 um 13:21

Als Ergänzung:

Der Tod und aufgefundene, manchmal unvollendete Werke, die dann postum veröffentlicht werden, sind nicht die einzigen Gründe für solches Vorgehen.
Oft genug konnten zwahlreiche Autoren ihre Werke nicht veröffentlichen, weil sie in einem Regime lebten, das das nicht gestattet hätte. Das Werk hätte dann die Zensur nicht überstanden oder, schlimmer noch, der Autor hätte mit seinem Leben dafür zahlen müssen.

Rissa kommentierte am 14. April 2016 um 13:55

Spontan fällt mir noch Das Tagebuch der Anne Frank ein.

Auch zwei Werke von Michael Crichton wurden posthum herausgebracht, das abgeschlossene "Gold" sowie das unvollendete "Micro", das von Richard Preston fertig geschrieben wurde.

Und "Vonne Endlichkait" von Grass ist ja auch erst posthum veröffentlicht worden, er soll ja bis zu seinem Tod noch daran gewerkelt haben.

Fanti2412 kommentierte am 14. April 2016 um 19:24

Danke für die tolle Liste und die Hintergrundinfos!

Die Millenium-Trilogie habe ich geliebt aber mir hat auch der vierte Teil gefallen.
Natürlich ist es kein Larsson aber es ist Lagercrantz gelungen, die beliebten Figuren zu neuem Leben zu erwecken.

Cthulhu kommentierte am 14. April 2016 um 21:17

Danke, dass ihr schreibt, Herrndorf hat sich das Leben genommen. Oft genug hört man leider nur, er sei an Krebs gestorben und sonst nix.

Zissi kommentierte am 15. April 2016 um 22:39

Dem kann ich nur beipflichten. Alles andere wird ihm meiner Meinung nach einfach nicht gerecht.

Brocéliande kommentierte am 14. April 2016 um 22:41

Eine sehr interessante Auflistung posthum veröffentlichter Romane, vielen Dank! Ich bin ein großer Fan von Stieg Larsson's Millenium-Trilogie und bedauere es bis heute, dass er viel zu früh gestorben ist - seine Krimis waren einzigartig!!!

"Das Silmarillion" steht definitiv noch auf unserer Familien-Lesewunschliste - und ich finde es völlig in Ordnung, posthum Bücher zu veröffentlichen (wobei ja eh zuvor die Rechte überprüft werden, siehe Tolkien etc.). Es sei denn, sehr nahe Angehörige sind dagegen, das würde ich persönlich respektieren wollen.

hobble kommentierte am 15. April 2016 um 06:46

Interessante Auswahl

Michelly kommentierte am 15. April 2016 um 08:15

Die Millenium Trilogie habe ich gelesen, eine sehr gute Reihe!

Das Buch von Astrid Lindgren steht schon länger auf meiner Wunschliste. Das ist eines der Bücher, die ich unbedingt in 2016 noch lesen möchte.

Arietta kommentierte am 15. April 2016 um 11:21

Danke für die Tolle Zusammenstellung, die Bücher von Astrid Lindgen liebe ich schon von Klein auf. Die von Austen, konnten mich nicht so begeistern.

Lara2500 kommentierte am 15. April 2016 um 11:26

Die Millenium Trilogie ist super spannend. Wirklich schade, dass Stieg Larsson so früh verstorben ist.

Sehr traurig, dass der ausdrückliche Wille von Vladimir Nabokow nicht respektiert wurde. Schon aus diesem Grund würde ich das Buch nicht lesen.

parole kommentierte am 16. April 2016 um 23:38

Auch diese Zusammenstellung ist sehr interessant!

Den Verlauf bzw. die Geschichte über die Veröffentlichung von der Millenium Trilogie von Stieg Larsson war mir garnicht bekannt.

Bosni kommentierte am 17. April 2016 um 07:44

Ich kannte ehrlich gesagt noch keines von denen...
Finde ich aber sehr interessant und teils auch ziemlich traurig :/

Winterzauber kommentierte am 17. April 2016 um 10:51

Ich habe Stieg Larsson vor Jahren gelesen und finde die Trilogie großartig, schade, dass der Autor nicht alle 10 Teile veröffentlichen konnte. 

sheena01 kommentierte am 19. April 2016 um 08:13

Mir fiele da noch ein Buch ein, das zwangsläufig nach dem Tod seiner Autoren veröffentlicht wurde - die Bibel! ;-)

Annika_70 kommentierte am 19. April 2016 um 19:46

Die Liste der Autoren und dessen Hintergründe finde ich sehr gut.Ich fand sie sehr informativ und man hat dazu noch was gelernt.

Ich habe etwas gestaunt,weil ich das Hintergrundwissen nicht hatte.(einiges war mir schon bekannt aber halt nicht alles)Wäre echt schön,wenn die Liste noch erweitert werden würde.

Myrna kommentierte am 21. April 2016 um 03:49

Sehr interessant, die Hintergrundinfos.

Das Silmarillion ist mein absolutes Lieblingsbuch - es wäre eine Riesenlücke, wenn es nicht veröffentlicht worden wäre.

Bei Millennium kenne ich nur die Filme, die Bücher habe ich nicht gelesen.