Kochen ist nicht nur ein Fernsehformat
Es kann ein Kunstwerk gemeinsamen Spaßes sein
Man kann sich kaum noch durch die Fernsehlandschaft bewegen, ohne über einen Koch zu stolpern. Da wird gebrutzelt, gebraten, gebacken, als hinge das Schicksal der Menschheit am perfekten Garpunkt. Die Kamera zoomt auf das Steak, die Musik schwillt an, und irgendwo im Hintergrund leidet ein Kandidat, weil die Petersilie nicht symmetrisch liegt. Kochsendungen sind die Opern der Gegenwart – mit Schürze statt Smoking.
Aber was fehlt? Alles, was Kochen eigentlich ausmacht. Kein Duft, kein Dialog, kein Durcheinander. Nur Show. Nur Simulation. Nur Essen als Exponat.
Dabei könnte es so viel mehr sein. Es könnte ein soziales Ritual im Freundeskreis sein. Ein Kunstwerk gemeinsamen Spaßes. Nicht inszeniert für ein Millionenpublikum, sondern für fünf Menschen, die sich kennen, mögen und gemeinsam etwas erschaffen wollen, das man nicht nur essen, sondern erleben kann.
Man trifft sich. Nicht, um zu performen, sondern um zu planen. Was wollen wir kochen? Was passt zur Jahreszeit, zum Budget, zur Stimmung? Dann geht man gemeinsam einkaufen – nicht als Konsumakt, sondern als choreografierte Expedition. Man diskutiert über Fenchel, streitet über Käse, entdeckt eine vergessene Zutat, die plötzlich alles verändert.
Und dann: Kochen. Mit Musik. Mit Aperitif. Mit ein bisschen Trara. Nicht als Pflicht, sondern als Spiel. Jeder schnippelt, rührt, schmeckt ab. Man lacht, man improvisiert, man vergisst das Rezept und findet etwas Besseres. Und am Ende sitzt man gemeinsam am Tisch, nicht vor einem Bildschirm. Man isst, man redet, man erinnert sich.
Vielleicht ist die Sauce zu dünn. Vielleicht ist das Brot angebrannt. Aber das ist egal. Denn niemand wird bewertet. Niemand fliegt raus. Alle bleiben. Und alle bekommen Nachschlag.
Das ist kein Format. Das ist ein Ereignis. Ein soziales Kunstwerk. Und wenn ich die Wahl habe zwischen einem Fernsehkoch mit perfektem Teller und einem Freund mit schiefem Lächeln und einem Glas Wein in der Hand – dann weiß ich, wo ich hingehöre.
