Finale ****
Bewertet mit 4 Sternen
Im Köln der 1880er-Jahre geht es weiter mit der erfolgreichen Fabrik der Gebrüder Stollwerck und den geschäftstüchtigen Frauen, die aber nach wie vor nicht in die erste Reihe vordringen dürfen. Umso schöner, dass Autorin Rebekka Eder diesmal weitere Stollwerck-Damen in den Mittelpunkt stellt, allen voran Therese, die ein hervorragendes Gespür für Texte hat.
Der dritte Teil der Stollwerck-Saga umfasst in drei großen Abschnitten die Jahre 1880 bis 1900. Therese trägt ohnehin schon eine schwere Last auf ihren Schultern, fühlt sie sich doch irgendwie als „Ersatz“ für ihre verstorbene ältere Schwester Theresia, die sie nie kennengelernt hat. Als sie jedoch den englischen Geschäftspartner ihrer Brüder, den Seifenfabrikanten Lever heiraten soll, widersetzt sie sich dem Willen der Familie und entflieht den sie einengenden Grenzen.
Auch diesmal wieder hat Rebekka Eder genauestens recherchiert, um dadurch gekonnt reale Gegebenheiten mit romanhaften Elementen zu einer lesenswerten Geschichte zu verknüpfen. Immer wieder werden wesentliche vergangene Szenen angeführt, dennoch empfehle ich unbedingt, die Bände Eins und Zwei zuerst zu lesen, da sonst wohl zu viele interessante Details und Zusammenhänge verloren gehen. So beispielsweise die Art der Verbundenheit mancher Stollwercks mit Kaspar Rockstroh und Lina, die Hinweise auf Menschen mit einem blauen und einem braunen Auge, auf Gesche, auf die Rolle von Tante Wilhelmine, ganz generell die Entwicklung der Schokoladenfabrik Stollwerck und den nicht geringen Anteil, den Anna-Sophia und Apollonia beigetragen haben. Selbst als Kenner der Vorgängerbände ist es zu Beginn von Teil Drei nicht ganz einfach, die Handlungsstränge und Figuren korrekt einzuordnen (das Namensverzeichnis am Ende ist aber jedenfalls hilfreich).
Therese ist eine imponierende, starke Frau, die ein schweres Schicksal zu tragen hat und in diesem Buch sehr lebendig und absolut glaubhaft dargestellt wird. Unfassbar, dass ihr für dieselbe Arbeit nur die Hälfte von dem bezahlt wird, was ein Mann bekommen hat, grauenvoll die Umstände im Wiener Gebärhaus, schlimm die Tatsache, dass Kranke und Verletzte einfach vor die Tür einer Fabrik gesetzt und ihrem Schicksal überlassen worden sind. Ebenso faszinierend sind die Themen Reklame und Münzautomaten, Gruppierungen für Frauenrechte und gesellschaftliche Konventionen im Allgemeinen, sowie die Ächtung Homosexueller im Speziellen passend und unaufdringlich in die Handlung eingeflochten. Aufregende Szenen in Köln, Wien, sogar bis hin nach Jerusalem, wechseln mit eher ruhigeren Kapiteln ab, sodass der große Spannungsbogen gut gewahrt bleibt. Mit hat dieses Buch als Finale sehr gut gefallen, empfehlen kann ich es aber wirklich nur als Teil der gesamten Serie.
Titel Die Schokoladenfabrik – Der Traum der Poetin
Autor Rebekka Eder
ASIN B0B16NFRF4
Sprache Deutsch
Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Taschenbuch (574 Seiten) und Hörbuch
Reihe Die Schokoladenfabrik, Teil 3
Erscheinungsdatum 17. Mai 2023
Verlag Aufbau TB