Buch

Von ganz, ganz unten -

Von ganz, ganz unten

von Ivar Buterfas-Frankenthal

Der Holocaust-Überlebende Ivar Buterfas-Frankenthal berichtet in seinem Buch, das er mit seiner Frau Dagmar – mit der er 67 Jahre verheiratet ist – gemeinsam geschrieben hat, über ein turbulentes Leben voller Aufregung und Spannung, das man sich so überhaupt nicht vorstellen kann. Autobiographie eines Zeitzeugen 1933 in Hamburg geboren, Vater Jude, Mutter Christin. Er der Jüngste von insgesamt acht Kindern, vier Mädchen, vier Jungs. 1933 kam der Vater vom Aufbau des KZ Esterwegen zu den bekannten Moorsoldaten, später ins Stammlager Sachsenhausen. 1945 kam er zur Familie zurück, die Ehe wurde geschieden. Sein Leben in der Lagerzeit wurde von Grausamkeiten bestimmt. Die Mutter musste jeden Monat zur Gestapo. Sie kämpfte um das Leben ihrer Kinder wie eine Löwin. Was sie alles erleiden musste, kann man gar nicht beschreiben. 1938 ließ sie ihren Jüngsten Ivar noch in Hamburg-Horn einschulen. Hätte sie ihm das bloß erspart. Seine Erlebnisse sind an Grausamkeit nicht zu überbieten. Was Sie darüber in seinem Buch lesen, ist Wort für Wort wahr! Bis heute plagen ihn Albträume. 1942 verliert die Familie, außer der Mutter, die deutsche Staatsbürgerschaft und die Deportation drohte. Die 9-köpfige Familie hält zusammen wie Pech und Schwefel. Die Kinder vergöttern ihre Mutter für die unglaublichen Leistungen bis an das Lebensende. Der 3. Mai 1945 beendete die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten. Aber was kam dann? 1946 wurden Ivar und seine Schwester Felicitas wieder eingeschult. Aber die beiden mussten bereits nach 6 Wochen die Schule abbrechen. Erneut hatte der Antisemitismus sie vertrieben. Im Alter von 15 Jahren beschloss Ivar, die Familie mit über Wasser zu halten und nahm die unmöglichsten und schwierigsten Jobs an. Unter anderem reinigte er auf einem großen Tanker die Süßwassertanks – beschwerlich und lebensgefährlich. Im Jahre 1954 lernte er seine spätere Ehefrau Dagmar kennen – der absolute Wendepunkt in seinem Leben! Seiner Frau verdankte er praktisch seine „Wiedergeburt“. 1963 Firmengründung mit einem Partner – Firma Buterfas & Winkelmann. Nachdem sein Partner ihn auf das Widerwärtigste betrog, gründeten Dagmar und Ivar 1970 die neue Firma Buterfas & Buterfas. Sie feierte 50-jähriges Bestehen und wird vom Schwiegersohn erfolgreich geführt. Die wunderbare Hamburger Kathedrale St. Nikolai würde 1943 im Feuersturm zerstört. Sie ist mit 148m heute noch die dritthöchste Kirchturmspitze der Welt. Nur der Turm und Reste des Kirchenschiffes überstanden den Bombenhagel. Niemand kümmerte sich um die mahnenden Überreste. Als erster Vorsitzender des Förderkreises „Rettet die Nikolaikirche“ sammelte Ivar – auch mit Unterstützung des Hamburger Senates – circa 20 Millionen DM und auch Euro, um das nun international bekannte Mahnmal zu erhalten. Viele Zeitungen nannten ihn den „Retter von St. Nikolai“. Eines der schlimmsten Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte ist das ehemalige Lager Sandbostel in der Nähe von Bremervörde. Das Lager Sandbostel wurde 1939 von den Nazis errichtet. Es entwickelte sich zu einer Massenvernichtungsstätte. Nahezu 40.000 Menschen aus 80 Nationen sind hier bestialisch gequält worden und umgekommen. Bei der Befreiung im April 1945 lagen die Toten auf der Wiese und in den Baracken. Die Engländer bezeichneten dieses Lager als Klein Bergen-Belsen. Die aktive Hilfe für die Mitglieder des Gedenkstättenvereins in Bremervörde bezahlte Ivar mit handfesten Morddrohungen gegen seine Ehefrau und seine eigene Person. Sein privates Haus gleicht einer Festung. Erschreckenderweise ist bei beiden Projekten – St. Nikolai und Sandbostel – der Antisemitismus gegenüber den Autoren aus den eigenen Reihen offen zutage getreten. Von Mitstreitern im Ehrenamt – unglaublich! Ein Zeitzeuge des Holocaust – das Alter von fast 90 Jahren hindert Ivar Buterfas-Frankenthal nicht daran, weiterzumachen. Das Thema ist aktueller denn je.

Rezensionen zu diesem Buch

Andere Erwartungen und Emotionslos

Zuerst einmal zum Positiven: Die Authentizität des Autors, insbesondere durch die persönliche Bekanntschaft mit ihm während eines Vortrags, verleiht dem Buch eine gewisse Glaubwürdigkeit und Relevanz. Die ersten Kapitel, die Einblicke in seine Kindheit und Jugend geben, bieten interessante Ansätze, die jedoch leider nur minimal beleuchtet werden. Die Absicht, die Hintergründe und Motivationen des Autors besser zu verstehen, ist spürbar und lobenswert.

Negativ: Eine der größten...

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gegen das Vergessen

Ivar Buterfas-Frankenthal ist als Zeitzeuge des Holocaust viel unterwegs und oft in den Medien. Diese Arbeit des Autors bzw. des Ehepaares ist bewundernswert. Auf seine Autobiografie war ich sehr gespannt. 

Der Autor beschreibt seine Familiengeschichte und Kindheit, lässt große Teile des Krieges aus und schildert dann sehr ausführlich seinen außergewöhnlichen Werdegang. Immer wieder wurden ihm Steine in den Weg gelegt, aber er hat sich stets durchgebissen und viel erreicht. Der Titel...

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nicht was ich erwartet habe

Dieses Buch wurde leider ganz anders angekündigt als es dann tatsächlich war, was ich persönlich sehr schade fand. Eigentlich hatte ich eher mit einem Zeitzeugenbericht gerechnet und so auch eher mit Erzählungen über die Kriegszeit, welche aber leider überwiegend ausgespart blieben. Viel mehr ist dieses Buch eine Biografie über das gesamte Leben des Autors, welche auch nicht sonderlich persönlich oder nahbar ist, sondern eher ein Arbeitsbericht der anfangs noch sehr interessant und dann...

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Die Erzählung eines Zeitzeugen - sehr informativ

Das Cover finde ich sehr interessant gestaltet. Der Titel hat mich neugierig auf die Geschichte gemacht. In diesem Zeitzeugenbuch geht es um Ivar Buterfas-Frankenthal, dieser berichtet eindrucksvoll von seiner Kindheit, Jugendzeit und sein späteres Leben. Das Kennenlernen seiner späteren Frau Dagmar. Welche Auswirkungen es in seinem Leben durch den Krieg gab. Er ist der Sohn eines jüdischen Vaters und einer christlichen Mutter. Dennoch wird er immer wieder in seinem späteren Leben als "...

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Gegen das Vergessen

„...Mein Vater war der jüdische Teil der Familie. Er stammte aus einer vermögenden Familie, die in Dresden lebte. Sie besaßen eine bekannte und große Zigarettenfabrik. Er war das sogenannte schwarze Schaf der Familie...“

 

Der Autor selbst wurde 1933 geboren. Er erzählt im Buch seine Lebensgeschichte, ungeschminkt und sehr detailliert. Ausgespart bleiben allerdings die Kriegsjahre. Der Schriftstil ist vorwiegend sachlich.

Da die Mutter sich weigert, sich scheiden zu...

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Weitere Infos

Art:
Buch
Sprache:
deutsch
Umfang:
372 Seiten
ISBN:
9783000727740
Erschienen:
2024
Verlag:
Bundeslurch
6.6
Eigene Bewertung: Keine
Durchschnitt: 3.3 (5 Bewertungen)

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