Rezension

Schneeballsystem

Ein gefährliches Talent -

Ein gefährliches Talent
von Camilla Sten

Bewertet mit 4 Sternen

Nachdem Rebeccas Mutter die Diagnose beginnende Demenz bekommen hat, kehrt Rebecca nach Jahren in den USA nach Hause zurück. Die Rückkehr ist eine Flucht, den Rebecca steht vor den Scherben ihrer Ehe und auch beruflich hängt die Psychologin gerade in der Luft. Wieder in ihr altes Kinderzimmer zu ziehen, zurück in das gehasste Umfeld ihrer Kindheit, zurück zu ihren Eltern, deren Ansprüche sie nie erfüllen konnte ist vielleicht nicht die beste Idee, aber mit Blick auf ihre Finanzen hat Rebecca keine andere Wahl. Als Rebeccas Jugendliebe ermordet wird, beginnt sie auf eigene Faust Fragen zu stellen und wird dadurch Teil einer ganz neuen Gemeinschaft. 

Autorin Camilla Sten liefert hier einen eher unaufgeregten Schweden-Thriller, der stark auf die emoptionale Schiene geht. Der Leser folgt Hauptfigur Rebecca durch ihre aktuelle Stimmungslage und begleitet sie bei ihren eigenmächtigen Ermittlungen. In Rückblenden lernt man Mordopfer Louise kennen und bekommt so Einblicke in die Vorgänge, die zu ihrem Tod geführt haben. Rebeccas Handeln ist dabei nicht immer unbedingt logisch, ihre Figur versucht das Leben der ehemaligen Freundin quasi im Alleingang aufzurollen, wobei sie manchmal rcht unsensibel vorgeht. Sie glaubt durch ihre frühere Arbeit als Vernehmungsspezialistin prädestiniert dafür zu sein den Fall zu lösen, macht sich aber mit ihrer Art manchmal etwas unbeliebt beim Leser und bringt sich letztlich selbst in Gefahr. 

Die Geschichte um Louise geht sehr auf die psychologische Ebene. Der Leser betritt eine Scheinwelt, in der mit einer unkomplizierten Geschäftsidee das große Geld versprochen wird. Im konkreten Fall das Modell des Direktmarketings von Kosmetik. Frauen werden mit Erfolg und tollen Verdienstmöglichkeiten in eine fast sektenartig anmutende Gemeinschaft gelockt und erkennen oft viel zu spät, dass mit diesem Schneeballprinzip nur Wenige wirklich das große Geld verdienen.

Neben dem gutgängigen Mordmotiv Geld baut die Autorin hier auch noch verschmähte Liebe, Rache und Eifersucht ein. Der Leser hat recht schnell einen Verdächtigen, obwohl durch den Aufbau der Story auch noch eine andere Möglichkeit denkbar scheint. Die Auflösung ist letztlich aber dann doch eine kleine Überraschung.

Wer eher auf hintergründige Spannung steht, bei der es um den Blick hinter die Fassade, um das Aufdecken eines Geheimnisses geht und weniger um Rasanz und Blutvergießen, wird hier sicher gut unterhalten. Die Thematik rund um die erfolgfersprechende Social Media Welt, um Leichtgläubigkeit, Manipulation und den Drang Teil einer Gemeinschaft zu sein tut ihr Übriges.