Rezension

Gut geschriebene Geschichte, aber die Protagonistin hat mich leider einfach nur deprimiert

Was glänzt, verschwindet mit uns -

Was glänzt, verschwindet mit uns
von Caro Reichl

Bewertet mit 2.5 Sternen

Ich bin voller Erwartungen in diesen Roman gegangen und er hat sich zu Beginn auch vielversprechend gelesen. Dann aber fand ich die Hauptfigur so unfassbar deprimierend und wenig nachvollziehbar, dass ich mich eher geärgert habe.

Nola ist Psychotherapeutin und kommt mit dem Tod ihrer älteren Schwester nicht gut zurecht. Sie flüchtet sich in ihre Arbeit, verleugnet die Realität, entwickelt eine regelrechte Obsession für einen ihrer Patienten (den sie schon zu Schulzeiten kannte und gut fand) und befindet sich zunehmend in einem hochgradig depressiven Zustand, den ich persönlich schwer auszuhalten fand. Ihre Partnerschaft erscheint auch einfach grundlegend furchtbar, distanziert und unnötig, ich konnte sie null nachvollziehen. Besonders über ihre Rolle als Therapeutin habe ich mich sehr geärgert, weil sie meiner Meinung nach komplett unverantwortlich mit ihren Patient*innen umgeht und sich im Verlauf der Handlung auf kontrollierende und manipulative Art in deren Leben einmischt. Auch die Katze ihrer Schwester, um die sie sich kümmern wollte, vernachlässigt sie auf die verheerendste Art und Weise.

Der Roman ist sehr zugänglich und leicht lesbar geschrieben, ich habe mich auch nicht großartig gelangweilt. Doch für mich persönlich war Nola als Hauptfigur einfach zu problematisch, zu selbstbemitleidend, zu übergriffig. Ein Trauerprozess ist natürlich extrem individuell, aber ich komme mit derartigen Charakteren, die sich auch völlig von anderen isolieren, einfach nicht zurecht. Und über meinen Ärger hinaus konnte ich mich leider auch nicht in die Protagonistin einfühlen und entsprechend kein Mitgefühl für sie aufbringen. Dennoch finde ich, dass der psychische Extremzustand authentisch beschrieben wurde.

Menschen, die genau solche schwierigen Figuren mögen und sich gerne von ihnen herausfordern lassen, könnten in diesem Buch etwas sehr Passendes finden, denn literarisch finde ich es durchaus gut. Und sicherlich ist es auch hilfreich mit einer mutmaßlich schwer depressiven Hauptfigur umgehen zu können. Mich hat der Roman leider sehr runtergezogen und er wird mir damit vermutlich auch nicht im Gedächtnis bleiben.