Rezension

Merkwürdiges Ende

Die Gräfin -

Die Gräfin
von Irma Nelles

Bewertet mit 3 Sternen

Guter Anfang, dann wird's verwirrend.

Die erst Hälfte des Romans „Die Gräfin“ von Irma Nelles habe ich mit großer Begeisterung gelesen. Die Gräfin lebt mit ihrem Knecht und ihrer Haushälterin auf einer Hallig. Dort bietet sie nicht nur ausgemusterten Pferden Obdach, sondern verhilft auch denen, die sich vor den Nazis verbergen müssen, zur Flucht. Es ist das Jahr 1944, als ein englischer Pilot auf der Hallig abstürzt und mit seiner Anwesenheit die Halligbewohner in Gefahr zu bringen droht. Er löst in allen dreien unterschiedliche Gefühle aus.

Die Naturgewalten und das einfache Leben auf der Hallig werden sehr eindringlich und anschaulich beschrieben. Zunächst erscheint die Gräfin als eigenwillige, aber durchaus bewundernswerte Person, die allem Komfort eines adeligen Lebens zugunsten einer einfachen, naturnahen Existenz aufgegeben hat. Ihre beiden Mitbewohner sind schon fast mehr Freunde als Angestellte. Und auch mit einigen Festlandbewohnern gibt es engen Kontakt, zumeist aus der gemeinsamem Ablehnung der Nazis heraus.

Mit dem Auftauchen des Fliegers entsteht eine für mich nicht ganz nachvollziehbare Dynamik. Die Gräfin wird zusehends exzentrischer und ihr Verhalten skurriler. Auch der Pilot ist in seinem Verhalten wenig verstehbar: statt dankbar für seine Rettung zu sein, fühlt er sich von den Vergangenheitsgeschichten der Gräfin zunehmend genervt, auch wenn verständlich ist, dass er die lebensrettende Insel so schnell wie möglich verlassen will.

Das Ende lässt dann wirklich alle Fragen offen. Sie verweist auf eine Beziehungsebene zwischen Gräfin und Piloten, die zuvor auch schon einmal kurz angedeutet wurde, als die Gräfin bedauert, dass sie schon zu alt sei und die Liebe im Alter schwinde und schal werde. Irgendwie aber passt ein möglicher amouröser Zug sogar nicht in die Beziehung der beiden, zumal der Pilot sich mehr für die gleichaltrige Meta zu interessieren scheint.

Warum dann noch eine weitere Person auf die Insel kommt und wie es mit allen weitergeht, bleibt völlig unklar. Ein wenig wird sogar angedeutet, dass der Pilot auf der Insel etwas gefunden haben könnte, von dem er noch nicht einmal wusste, dass er es suchte.

Das Ende lässt etwas ratlos und ziemlich unbefriedigt zurück. Schade.