Rezension

Lesenswert!

Lieben und lieben lassen -

Lieben und lieben lassen
von Saskia Michalski

Bewertet mit 4 Sternen

LIEBE ist essentiell und existentiell.

 

Liebe ist ein existentielles Thema. Natürlich hat auch mich die Thematik interessiert. Im Alter zwischen 19 und 25 Jahren war ich drauf und dran, meine andere Facette auszuleben, nachdem ich bereits zu Schulzeiten irgendwie immer für den anderen Part 'zuständig gewesen war'. Habe damit angefangen und dann wieder aufgehört. Vielleicht fehlte mir der Mut? Wie ein Maultier ließ ich mich brav zurück in gesellschaftliche Normen und Erwartungen führen.

Das Buch ist sehr persönlich, offen und verständlich geschrieben. Es gibt einen sehr guten Einblick in Michalskis Gefühlswelt und Entwicklung, in die Thematik und in die (gesellschaftliche) Problematik. Ich bin gespannt, wo Saskia mit 60 Jahren sein wird, auf ihrem Weg, das werde ich leider nicht mehr erleben, denn die Mutmacherin ist nur halb so alt wie ich, noch voller Tatendrang und Veränderungswillen. Und das ist auch gut so.

Ein Buch, das es wert ist, geschrieben worden zu sein und gelesen zu werden. Ich würde es auch ein zweites Mal tun, es lesen. Chapeau für den Mut zur Offenheit und den Kampfeswillen für das große Ganze.

Berührend und wichtig sind Michalski Beziehungen zur Mutter und zur Oma. Es braucht Leuchttürme im Leben. Halt. Verständnis. Richtung.

Das Thema hat eine eigene Sprache, viele 'neue' Begrifflichkeiten (Das Glossar ist sehr helpful). Es stellt sich die Frage, ob wirklich immer alles in neue, 'moderne', 'englische' Termini gefasst werden muss, denn einige Inhalte hat es schon immer gegeben, wie z.B. wie die NRE (die New Relationsship Energy), der positive Gefühlszustand, der immense Tatendrang, der mit neuen Beziehungen, den Schmetterlingen im Bauch einhergeht.

Michalski versprachlicht viele wichtige Dinge, z.B. das Thema des Konsens, der sich auf alle Lebensbereiche, jede noch so kleine Kleinigkeit erstreckt und erstrecken sollte, das, was man fühlt, aber bislang nicht selbst in Definitionen gepackt hat. Wie oft konnte ich mich in Gefühlsbeschreibungen, Ansichten wiederfinden und habe das jedes Mal mit einem 'Me,too' am Seitenrand kommentiert: 'Du verdienst einen Partner und nicht ein Projekt(26)'(Gefühlt war mein Leben ein einziges Projekt), 'Liebe ist das gegenseitige Begleiten der eigenen Bedürfnisse und der Versuch, dabei die eigenen Grenzen zu wahren(82)', 'Jede Anpassung gegen deinen Willen ist das Risiko, dich selbst zu verlieren. Menschen, die dich lieben, sehen dich für das, was du bist(105)'.

Diese Endlosschleife, die eigenen Bedürfnisse, oft auch bei den unpassenden Leuten, immer und immer wieder darlegen zu müssen, sich erklären und rechtfertigen zu müssen, für die eigene Werte und das, was man als authentisch und vollkommen richtig empfindet, habe ich teilweise noch heute. Es ist viel weniger geworden, aber das hat auch etliche Jahrzehnte gebraucht, und neuerdings finden Erläuterungen oft vor dem richtigen Publikum statt.

Ich habe mir Michalski und ihre Videos auf Insta angeschaut. Mir gefallen auch die. Und ja ich folge ihr jetzt und ja, ich hab doch tatsächlich einen kleinen Moment überlegt, was dann meine eigenen Follower denken, wenn ich das tue. Verkehrte Welt. Es ist mir egal, was sie denken mögen, aber dass ich darüber überhaupt nachgedacht habe, stört mich ein wenig. Prozesse können manchmal sehr langwierig sein.